Wie effizient kann Fehlerkultur sein?

Kürzlich fand im Krankenhaus Hietzing der „Erste Wiener PatientInnensicherheitstag“ statt. Vergleichbare Veranstaltungen in den Bundesländern sind mit Unterstützung der Plattform Patientensicherheit geplant. Geht es nach der Wiener Gesundheitsstadträtin Mag. Sonja Wehsely, so soll die Veranstaltungsreihe unter anderem auch dazu beitragen, eine offene Fehlerkultur zu entwickeln. „Wir gehen mit dem Patientensicherheitstag in die Offensive, um eine entsprechende Klimaveränderung in unseren Spitälern voranzutreiben“, erläutert Wehsely. „Wien hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Jetzt setzen wir den nächsten Schritt, um auch eines der sichersten Systeme zu entwickeln.“
Die Stadträtin ist aber darum bemüht zu betonen, dass in den Wiener Gemeindespitälern bereits in den vergangenen Jahren viel in die Verbesserung der Sicherheitsstandards investiert wurde: „Wir sind schon um einiges weiter als noch vor fünf Jahren.“ Wo gearbeitet wird, dort passieren eben auch Fehler, dessen ist sich Wehsely bewusst. Das Problem sind jene Fehler, die ein zweites Mal passieren, weil nach dem ersten Mal die zugrunde liegenden Strukturen nicht entsprechend angepasst wurden. „30 bis 40 kleine Fehler gehen in der Regel einem schweren Schaden voraus“, rechnet Wehsely vor. Daher müsse in den Spitälern ein Klima geschaffen werden, wo ein Austausch über Fehler in offener Atmosphäre möglich ist.

Anonymisierte Fehlermeldungen

Ein entscheidender Schritt zu einer verbesserten Fehlerkultur im Krankenhaus gelang mit der Etablierung des CIRSmedical-Systems. Hier können Fehler und Beinahe-Fehler anonym gemeldet werden. Sämtliche Meldungen werden anschließend in einer Analysestelle der entsprechenden Abteilung bzw. des Krankenhauses von einem speziell geschulten Team aus Ärzten sowie Vertretern aus Pflege und Medizintechnik bearbeitet. „Anfangs war es schwierig, die Mitarbeiter zu motivieren, sich aktiv einzubringen“, erzählt Dr. Brigitte Ettl, Ärztliche Direktorin des Krankenhauses Hietzing. „In der Zwischenzeit wird das System aber sehr gut angenommen. Für Ärzte bedeutet das natürlich zuerst einmal einen vermehrten Aufwand, weil sie die Fälle in das System eingeben müssen. Für sie ist es daher wichtig, vom System ein Feedback zu bekommen, dass etwas – und was konkret – mit ihren Meldungen passiert.“
Die Anonymisierung der Daten ist eine wichtige Voraussetzung, um die Mitarbeiter dazu zu motivieren, einen ersten Schritt zu setzen. Langfristig zeigen sich aber gerade darin die Verbesserung der Fehlerkultur und das Funktionieren des Systems, wenn mehr personalisierte Meldungen kommen als anonymisierte. Besonders wichtig ist Ettl das rechtzeitige Erkennen von Risiken, wenn noch gar nichts passiert ist. Seit 2006 verfügen die Wiener Gemeindespitäler über ein entsprechendes Frühwarnsystem, indem Mitarbeiter mögliche Risiken im täglichen Krankenhausbetrieb elektronisch festhalten. Diese müssen in weiterer Folge verpflichtend behoben werden. So sollen potenzielle Gefahrenquellen von vornherein ausgeschaltet werden.

Internationaler Datenaustausch

Über CIRSmedical wurden inzwischen Krankenhäuser österreichweit in das System eingebunden. Damit soll aber nicht Schluss sein. Derzeit wird daran gearbeitet, CIRSmedical mit vergleichbaren Systemen in Deutschland und der Schweiz zu vernetzen, berichtet Ettl: „Langsam entsteht so ein internationales Netzwerk, in das auch der niedergelassene Bereich involviert wird.“ Im kommenden März soll das Netzwerk im Rahmen einer internationalen Tagung weiterentwickelt und ausgebaut werden.

 

CIRSmedical
CIRSmedical ist ein freiwilliges und anonymes ­Fehlerberichts- und Lernsystem für alle im ­österreichischen Gesundheitswesen Beschäftigten.
Unter www.cirsmedical.at können sicherheitsrelevante Ereignisse wie Fehler, Beinahe-Fehler, (entdeckte) Risiken, kritische oder unerwünschte Ereignisse ­berichtet, kommentiert oder zu Lernzwecken nachgelesen werden.