Wirtschaftsstandort Österreich: Herausforderungen meistern

Wo sind aus Ihrer Sicht für Medizinprodukte-Unternehmen im Jahr 2024 die großen Herausforderungen?
Die Branche steht vor einigen Herausforderungen, von der Einhaltung strenger regulatorischer Vorschriften über die Notwendigkeit von kontinuierlicher Innovation bis zum Zugang zu globalen Märkten. Es ist wichtig, als Politik ein unterstützendes Umfeld zu schaffen, das den heimischen Unternehmen hilft, global zu expandieren. Wir müssen sicherstellen, dass die Branche in der EU weiterhin wächst und zur Verbesserung unserer Gesundheitsversorgung beiträgt.

 

Angesichts der aktuellen Krisen und der Corona-Nachwehen verspürt die Gesellschaft eine Atmosphäre der Unsicherheit und Fragilität – wie können Unternehmen damit umgehen? Welche Unterstützung kommt vonseiten der Politik?
Die letzten Jahre waren geprägt von Krisen. Als Bundesregierung haben wir viele Maßnahmen umgesetzt, insgesamt haben die Entlastungsmaßnahmen in Österreich ein Volumen von über 40 Milliarden Euro. Damit liegen wir im europäischen Spitzenfeld, das darf man nicht vergessen! Unter anderem erhalten Unternehmen, insbesondere KMU, die stark von den steigenden Energiepreisen belastet sind, einen direkten Zuschuss für ihre Mehrkosten im Bereich Energie. Durch die Unterstützung unserer Unternehmen sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Wirtschaftsstandorts und damit Arbeitsplätze in Österreich.

 

Welche Aktivitäten der Regierung und speziell Ihres Ministeriums werden gesetzt, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken?
Ich bin stolz, dass die Bundesregierung hier viel weitergebracht hat: Mit der Abschaffung der kalten Progression ist uns ein historischer Meilenstein gelungen, der den Bürgern bis 2026 rund 20 Milliarden Euro ersparen wird. Schon viele Regierungen haben das versprochen, wir haben es jetzt umgesetzt. Darüber hinaus haben wir die Körperschaftsteuer gesenkt, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und Unternehmen aller Größen in Österreich zu halten. Im Zuge des Anti-Teuerungspakets wurden zudem zwei Energiekostenzuschüsse eingeführt. Wir haben auch den Gewinnfreibetrag erhöht und die Lohnnebenkosten gesenkt, was eine direkte Entlastung für die Betriebe darstellt. Denken wir aber auch an die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte, die den Zugang für qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland erleichtert.

 

Häufig wurde im Zuge der Pandemie der Wunsch laut, die Produktion von wichtigen Medizinprodukten wieder nach Österreich zu holen, Lieferketten zu sichern und Lager zu erweitern. Wie realistisch ist das? Was braucht es vonseiten der Unternehmen, vonseiten der Politik dazu?
Mit einem Anteil von 7% des BIP und rund 60.000 Arbeitsplätzen ist der Life-Science-Sektor von zentraler Bedeutung für die Gesundheitsversorgung sowie für den Standort Österreich. Um unsere Vorreiterrolle in diesem Bereich weiter zu stärken, wurde 2022 ein Life-Science-Paket der Forschungsförderungsgesellschaft in Höhe von 50 Mio. Euro aufgelegt. Diese Investitionen sprechen für ein starkes Bekenntnis zum Standort Österreich. Jetzt liegt es an der Innovationskraft der Unternehmen, daraus das Beste zu machen. Ich freue mich über jeden Euro, der in Österreich investiert wird.

 

Wie kann es gelingen, Österreich und auch Europa im internationalen Wettbewerb neben China und den USA als unabhängigen und selbstbewussten Akteur zu positionieren?
Die Europäische Union war lange der größte Binnenmarkt der Welt und wird heute wirtschaftlich von China und den USA abgehängt. Der europäische Binnenmarkt lebt vom offenen Handel, Investitionen, der sicheren grenzüberschreitenden Konnektivität und Zusammenarbeit in Forschung und Innovation. Er muss wieder zu einem Katalysator für Innovation und Investitionen werden, der über widerstandsfähige und diversifizierte Lieferketten verfügt. Um diesen Fortschritt zu sichern, müssen wir die richtigen Rahmenbedingungen schaffen; darauf drängen wir auf europäischer Ebene.

 

Die weltweite Wirtschaftsinitiative ReFocus Austria wurde als Teil des Comeback-Plans der Bundesregierung zum wirtschaftlichen Wiederaufbau während und nach der Pandemie im September 2021 ins Leben gerufen. Wie ist der Stand dieser Maßnahme? Was kommt bei den Betrieben tatsächlich an?
Die Initiative ReFocus Austria ist zentraler Bestandteil des wirtschaftlichen Comeback-Plans der Bundesregierung. Unsere Wirtschaft ist exportorientiert, da können solche Initiativen wichtige Türöffner für heimische Unternehmen im Ausland sein. Ein Danke hier an unsere österreichischen Vertretungsbehörden. Seit September 2021 sind 660 Projekte in 90 Ländern organisiert worden und bislang haben 3.400 österreichische Unternehmen und ihre Niederlassungen im Ausland von der Initiative profitiert. Das kann sich sehen lassen.

 

Sie haben in einer Rede gesagt: „Wir wollen Weltmeister der Innovation werden und nicht Champions der Überregulierung“ – wo stehen wir derzeit, was ist der Plan und was braucht es dazu?
Aktuell sind wir Weltmeister der Überregulierung. Mein Anspruch an die EU ist, den Forschungs- und Innovationsstandort durch eine deutliche Erhöhung von Forschungsmitteln und einen harten internationalen Patentschutz zu stärken. Regulierungen müssen im Sinne von Innovationsförderung statt Innovationshemmung gestaltet sein. Denn die Forschung ist ein Motor für Wachstum und Beschäftigung und spielt eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen, von der Gesundheitsversorgung bis zum Klimawandel.

 

Eine Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts zeigt, dass sich Medizinprodukte-Unternehmen eine innovationsfreundlichere Kultur wünschen. Wo gibt es aus Ihrer Sicht die größten Hemmnisse, wo den größten Fortschritt für Medizinprodukte-Unternehmen?
Das kann ich nachvollziehen, eines der größten Hemmnisse liegt in der übermäßigen Bürokratie, die für die Unternehmen Belastung ist. Zudem erschwert der Mangel an Fachkräften, insbesondere in spezialisierten Bereichen der Medizintechnik, die Innovation. Es braucht eine Vereinfachung von Verwaltungsverfahren und die Förderung von Fachkräften durch Bildung und Ausbildung. Mein Anspruch ist, ein Umfeld zu schaffen, in dem heimische Medizinprodukte-Unternehmen gedeihen und auf den internationalen Märkten erfolgreich sind.