Ein Fazit in Kürze: Ein Jahr später zeigt sich wenig Veränderung. Die sechs Forderungen, die die AUSTROMED im „Weißbuch Medizinprodukte“ erhoben hat, haben an Aktualität nichts eingebüßt und wurden aus aktueller Sicht reflektiert. Der Pandemiealltag scheint in den Routinebetrieb übergegangen zu sein, ohne langfristig tragfähige Lösungen zu bieten. Weitere Engpässe bei Medizinprodukten, wie zu Beginn der Krise, sind bis jetzt zum Glück ausgeblieben. Einheitliche Richtlinien zur Bevorratung mit Medizinprodukten fehlen aber nach wie vor. Auch einen aktuellen österreichweiten Pandemieplan gibt es nicht. Entscheidungsträger sind offensichtlich nach wie vor im Krisenmodus verhaftet und wagen kaum, einen Ausblick auf das Ende der Pandemie zu geben. Die Motivation und den Optimismus hochzuhalten und unermüdlich auf Lösungen zu pochen, ist offensichtlich nach wie vor Aufgabe der Medizinprodukte-Betriebe.
Groß ist der Bedarf an lösungsorientierten Ansätzen zur Lagerhaltung, aber auch, Abhängigkeiten aus dem Ausland zu reduzieren. Die Verkürzung der Lieferketten, die Verbreiterung der Lieferantenbasis und die Suche nach europäischen – oder gar österreichischen – Produktionsmöglichkeiten läuft. Trotz Krise darf auf die Grundlage dazu nicht vergessen werden: Der Wirtschaftsstandort Österreich muss gestärkt werden, das Billigpreisprinzip darf nicht vor Qualität das Kriterium für einen Zuschlag sein. Komplexe Ausschreibungsverfahren und das Fehlen von Sicherheiten für die heimischen Lieferanten sind unverändert das Bild, das die Beschaffung prägt.
Die EU-Verordnungen über Medizinprodukte (MDR) und In-vitro Diagnostika (IVDR) beschäftigen die Medizinprodukte-Betriebe trotz Pandemie unverändert. Die AUSTROMED, ihre europäischen Schwesterverbände und ihre Dachorganisation MedTech Europe bemühen sich intensiv um ein Moratorium für die IVDR, denn die Regulierungssysteme sind noch nicht für den Geltungsbeginn der Verordnung bereit. Die notwendigen Rahmenbedingungen für ein ordnungsgemäßes Zulassungssystem müssen sichergestellt sein, damit Produktvielfalt, Innovationsbereitschaft und ein fairer globaler Wettbewerb auch weiterhin gegeben sind.
Versorgungssicherheit ist zum Überthema der Corona-Pandemie geworden. Alle Anstrengungen und Maßnahmen zur Eindämmung des Virus hatten stets das übergeordnete Ziel, die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zu jedem Zeitpunkt möglichst uneingeschränkt zu gewährleisten. Die Zwischenbilanz und die aktuell vierte Welle zeigen: Persönliche Arztgespräche fallen aus, Operationen müssen verschoben werden, die Überlastung der Spitäler spitzt sich neuerlich zu. Die Qualität der Versorgung litt aber nicht nur im Bereich der medizinischen Dienstleistungen, sondern auch im Bereich der medizinischen Produkte. So befinden sich derzeit etwa noch immer Produkte, insbesondere Desinfektionsmittel, auf dem Markt, die zu Beginn der Pandemie unter gelockerten Bedingungen hergestellt wurden, obwohl die diesbezügliche Notfallzulassung seit August 2020 außer Kraft ist. Das ist nicht nur wettbewerbsschädigend, sondern führt aufgrund der schlechten Qualität unzureichender Produkte auch zu einer schlechteren Versorgung und nicht zuletzt auch zu einem nachhaltigen Imageverlust der Branche. Unverändert aktuell sind daher die Ziele und Forderungen aus dem „Weißbuch Medizinprodukte“ und dem „Update“, das seit November 2021 zur Verfügung steht.
Versorgungssicherheit ist auch das entscheidende Stichwort, wenn es um den rasanten Entwicklungsschub geht, den die Corona-Pandemie im Bereich Digitalisierung ausgelöst hat. Quasi über Nacht wurde Digitalisierung im Gesundheitsbereich von einer Möglichkeit zur Notwendigkeit. Die Umstellung von persönlichen Arztkonsultationen auf Telemedizin, das e-Rezept oder die Krankschreibung per Telefon sind nur einige Beispiele dafür.
Die AUSTROMED hat schon vor der Pandemie beharrlich auf den zentralen Stellenwert von Innovation im Gesundheitswesen für die bestmögliche Versorgung der Patienten und auch für den Wirtschaftsstandort Österreich hingewiesen. Den durch Corona ausgelösten Digitalisierungsschwung hat die AUSTROMED zum Anlass genommen, fünf Punkte zu definieren, die aus Sicht der AUSTROMED der Schlüssel zur weiteren und absolut notwendigen Digitalisierung des Gesundheitsstandortes Österreich sind.