Als neuer Präsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) möchte ich Sie an dieser Stelle ganz herzlich begrüßen! Mit Unterstützung des Ersten Sekretärs, Priv.-Doz. Dr. Christoph Säly, und des gesamten Vorstands der ÖDG will ich mich nach Kräften bemühen, die erfolgreiche Arbeit der vergangenen Jahre im Sinne unserer Gesellschaft und zum Wohl der Patientinnen und Patienten mit Diabetes fortzuführen. Einige Schwerpunkte des Arbeitsprogramms, das wir uns für die kommenden zwei Jahre vorgenommen haben, möchte ich hier kurz ausführen.
Weltweit steigt die Diabetesprävalenz dramatisch an. Die Zunahme der Adipositas hat an dieser Entwicklung wesentlichen Anteil. In vielen Ländern, darunter Österreich, wird aber auch die Bevölkerung immer älter, sodass das Diabetesrisiko auf Populationsebene ansteigt. Vor allem aber ist die Tatsache, dass wir heute in Österreich deutlich mehr Diabetiker haben als vor einigen Jahrzehnten, auch als großer Erfolg für die Diabetologie zu werten.
In den letzten 20 Jahren kam es bei Diabetikern ebenso wie bei Nichtdiabetikern zu einem massiven Rückgang der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität und ebenso zu einem
Rückgang der diabetischen Augenerkrankungen und der Fußamputationen. Auch die terminale Nierenerkrankung ist bei Diabetespatienten in Österreich seit einigen Jahren rückläufig, wie Sie in dieser Ausgabe des DIABETES FORUM im Detail nachlesen können.
Diese Prognoseverbesserung hat, wie Erhebungen aus Großbritannien und den USA zeigen, beträchtliche Auswirkungen auf die Spitalsaufnahmen und daraus entstehende
Behandlungskosten und damit auch Potenzial, bei der Begrenzung der Gesundheitskosten einen Anteil zu leisten. Klar ist auch, dass mit dem Rückgang der Gefäßerkrankungen und der längeren Lebenserwartung andere Erkrankungen wie Krebs und Demenz vermehrt auftreten, und dass allgemein die Gebrechlichkeit des alten Menschen in den Vordergrund rückt. Das alles hat auf die Betreuung von Diabetespatienten weitreichenden Einfluss.
Wenn wir die bisher erzielten Erfolge verteidigen und ausbauen und für die kommenden Herausforderungen gerüstet sein wollen, dann benötigen wir die entsprechende Kompetenz. Aufgabe der ÖDG wird es daher sein, darauf hinzuweisen, dass künftig zu wenig Expertinnen bzw. Experten für Diabetes vorhanden sein werden, um der wachsenden Zahl der Diabetiker eine optimale Behandlung garantieren zu können. Anders gesagt: Wir brauchen in Österreich mehr Ausbildungsstellen (Additivfach für Endokrinologie und Stoffwechsel) für Diabetesspezialisten.
Durch die Vielfalt der Begleit- und Folgeerkrankungen gibt es wohl keinen praktisch tätigen Arzt in Österreich, der nicht beinahe täglich mit Diabetes konfrontiert wird. Daher ist es entscheidend, das Diabetesbewusstsein in allen medizinischen Fächern zu stärken und dafür einzutreten, dass der Diabetes auf allen Ebenen der medizinischen Ausbildung (Studium, Ausbildung zum praktischen Arzt bzw. Facharzt) den entsprechenden Stellenwert erhält. Gleichzeitig können Ärzte verschiedenster Fachrichtungen, seien es Augenheilkunde, Orthopädie oder Zahnmedizin, zur Früherkennung von Diabetespatienten beitragen.
Die Schwerpunkte der ÖDG für die nächsten zwei Jahre sind:
• Aufklärung durch nachhaltige und wiederholte Information über die Bedeutung des Diabetes mellitus, sowohl in der Bevölkerung als auch in der gesamten Ärzteschaft
• Die Weiterentwicklung von gut verständlichen und einfachen Therapieempfehlungen, so z. B. mit der Neuauflage der „ÖDG-Praxisleitlinien“ im Jahr 2012
• Optimierte Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch bessere und intensivere Behandlung des Lipidstoffwechsels (mit einem generellen Zielwert von unter 70 mg/dl für das LDL-Cholesterin)
• Schulterschluss mit anderen Fachgesellschaften (Österreichische Adipositas Gesellschaft, Österreichische Kardiologische Gesellschaft, Österreichische Atherosklerose Gesellschaft u. a.)
Wenn diese Schritte umgesetzt werden, kommen wir dem Ziel näher, dass Österreich eine Modellregion in der Diabetesversorgung wird.
Prim. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Heinz Drexel