Intermittierendes Fasten: Effekte auf Gesundheit, Altern und Krankheit

Die lebensverlängernde Wirkung der Kalorienrestriktion im Tierversuch ist gut etabliert. Aus der Erkenntnis, dass Nagetiere unter Kalorienrestriktion ihre vorgegebene Nahrung innerhalb nur weniger Stunden aufnehmen und täglich Fastenperioden von bis zu 20 Stunden durchlaufen, in denen eine metabolische Umschaltung von Glucoseverwertung auf Ketogenese erfolgt, führte zum Konzept des intermittierenden Fastens oder Intervallfastens. Die dabei entstehenden Ketonkörper dienen dabei nicht nur der zellulären Energieversorgung, sondern sind auch potente Signalmoleküle, welche die Expression und Aktivität zahlreicher Proteine und Moleküle steuern, welche die zelluläre Widerstandsfähigkeit erhöhen und damit Einfluss auf Gesundheit und Alterungsprozess aufweisen. Die drei populärsten Formen des intermittierenden Fastens sind das 1:1-Fasten (jeder 2. Tag als Fasttag), 5:2-Fasten (2 Tage pro Woche als Fasttage) oder tägliche Fastenperioden von 16–18 Stunden.

Wirkungen auf den Organismus

Während seiner Entwicklung durchlief der Homo sapiens evolutionäre Veränderungen, die ihn befähigten, in ökologischen Nischen mit spärlich vorhandenen Nahrungsressourcen zu überleben. Dazu gehörten neben Veränderungen des Gehirns, der Entwicklung von Kreativität und Vorstellungskraft auch körperliche Veränderungen, die es ermöglichten, lange Distanzen aus eigener Muskelkraft zu überwinden, um Nahrung zu beschaffen.
Die vorhandene Datenlage weist darauf hin, dass wahrscheinlich alle Organsysteme auf intermittierendes Fasten in einer Weise reagieren, dass solche Belastungsphasen einerseits toleriert werden und andererseits die Homöostase im Anschluss wiederhergestellt werden kann. Die wiederholte Exposition gegenüber vorübergehenden Fastenperioden führt zu anhaltenden Adaptationsprozessen, welche die Widerstandsfähigkeit des Organismus gegenüber nachfolgenden Belastungen erhöhen. Auf zellulärer Ebene kommt es dabei zu einer Verstärkung der Expression antioxidativer Abwehrmechanismen, zur DNA-Reparatur, zur Kontrolle der Proteinqualität, zur mitochondrialen Biogenese, zur Autophagie geschädigter Zellbestandteile sowie zur Downregulation der mTOR-abhängigen Proteinsynthese und der Inflammation. Diese Veränderungen bewirken eine erhöhte Wiederstandsfähigkeit der Zellen gegenüber einem breiten Spektrum schädigender Einflüsse wie metabolischem, oxidativem, ionischem und proteotoxischem Stress. Zudem ermöglichen sie die Wiederverwertung unbeschädigter Zellbestandteile und die temporäre Reduktion der Proteinsynthese zur Konservierung von Energie und molekularen Ressourcen. Bei Übergewicht und sitzendem Lebensstil bleiben diese Prozesse hingegen ungenutzt oder werden supprimiert.

Gesundheitliche Effekte

Bis vor kurzem stand im Rahmen der Forschung zu Kalorienrestriktion und intermittierendem Fasten vor allem der Einfluss auf den Alterungsprozess und die Langlebigkeit im Focus. Die allgemeine Schlussfolgerung nach fast einem Jahrhundert intensiver Forschungsarbeit: Bei den meisten Tieren führt die Kalorienrestriktion zu einer Verlängerung der Lebensspanne, wobei die Effekte stark abhängig von Spezies, genetischen Faktoren, Geschlecht, verabreichter Diät oder dem Alter zum Zeitpunkt der Intervention sind. So führte die Kalorienrestriktion bei Ratten zu einer Verlängerung der Lebenszeit um 14–45 %, bei Mäusen aber nur um 4–27 %. Bei Tieren, bei denen die Kalorienrestriktion zu einem starken Gewichtsverlust führte, war die Lebenszeit sogar verkürzt.
Beim Menschen führt intermittierendes Fasten zur Verbesserung zahlreicher Risikofaktoren, die im Bereich der Diabetologie und Kardiologie eine zentrale Rolle spielen, wie Adipositas, Insulinresistenz, Dyslipidämie, Hypertonie und Inflammation. Durch eine Tonuserhöhung im parasympathischen Nervensystem kommt es auch zu einer Erhöhung der Herzratenvariabilität. Intermittierendes Fasten scheint bezüglich der Gewichtsreduktion gleich effektiv zu sein wie Standarddiäten. Die durch intermittierendes Fasten hervorgerufenen gesundheitlichen Vorteile dürften aber stärker ausgeprägt sein, als durch die reduzierte Kalorienaufnahme allein erklärbar wäre. Beispielsweise führte intermittierendes Fasten an 2 Wochentagen im Vergleich zu einer täglichen Kalorienreduktion um 25 % bei vergleichbarer Gewichtsreduktion zu einer ausgeprägteren Erhöhung der Insulinsensitivität und einer stärkeren Abnahme des Taillenumfanges. In Kombination mit Krafttraining führte tägliches Fasten über 16 Stunden bei jungen Männern zu einer Reduktion der Fettmasse bei gleichzeitigem Erhalt der Muskelmasse. Auch die Leistungsfähigkeit von Athleten scheint verbessert zu werden.
Zumindest im Tierversuch hemmt intermittierendes Fasten den Energiestoffwechsel von Krebszellen und reduziert das Auftreten von Tumoren im Rahmen des normalen Alterungsprozesses sowie von induzierten Tumoren bei gleichzeitiger Sensibilisierung der Tumorzellen gegenüber Chemotherapie und Bestrahlung. Mechanistisch dürfte eine Reduktion der Signaltransduktion durch Rezeptoren für Insulin und Wachstumshormon sowie eine Verstärkung bestimmter Transkriptionsfaktoren (FOXO, NRF2) eine Rolle spielen. Beim Menschen liegen einige Fallberichte bei Glioblastompatienten vor, die auf eine Hemmung des Tumorwachstums und ein verlängertes Überleben durch intermittierendes Fasten hindeuten. Zahlreiche Studien bei unterschiedlichen Karzinomen werden derzeit durchgeführt.
Abgeschlossene Untersuchungen belegen bislang erst die gute Verträglichkeit und exzellente Adhärenz bei dieser Intervention. Aus epidemiologischen Untersuchungen ist abzuleiten, dass übermäßige Energieaufnahme – v. a. im mittleren Lebensalter – das Risiko für Alzheimer-Demenz, Morbus Parkinson oder Schlaganfälle erhöhte. Starke präklinische Evidenz aus Tiermodellen spricht für einen günstigen Einfluss von intermittierendem Fasten auf Ausbruch bzw. Fortschreiten der Alzheimer- bzw. Parkinson-Erkrankung. Klinische Studien fehlen allerdings.
Bei Patienten mit multipler Sklerose kam es im Rahmen zweier Pilotstudien bereits innerhalb von 2 Monaten zur Symptombesserung. Auch für Asthma, Arthritis und zum präoperativen Einsatz für die Verbesserung postoperativer Outcomes liegt positive Evidenz für das intermittierende Fasten vor.

Praktische Überlegungen

Trotz der Evidenz für zahlreiche positive Effekte des intermittierenden Fastens gibt es Hindernisse bei der Implementierung in die Praxis. Erstens steht diese Form der Ernährung im Widerspruch zur kulturell gefestigten Nahrungsaufnahme in Form von drei Haupt- und etwaigen Zwischenmahlzeiten. Zweitens erleben viele Personen bei der Umstellung auf intermittierendes Fasten während der Phasen der reduzierten Nahrungsaufnahme Hunger, Reizbarkeit und Konzentrationsschwierigkeiten, wobei diese Erscheinungen meist innerhalb eines Monats abklingen. Patienten sollten dennoch auf die Möglichkeit solcher Nebenwirkungen hingewiesen werden. Die Autoren empfehlen daher einen sanfteren Einstieg bei Umstellung auf intermittierendes Fasten (Tab.). So können bei täglichen Fastenphasen der tägliche Zeitraum, während dessen Nahrung aufgenommen wird, über einen längeren Zeitraum von anfänglich 10 Stunden/ Tag an mehreren Wochentagen bis auf 6 Stunden/Tag an allen Tagen der Wochen reduziert werden, mit dem Ziel, schließlich eine tägliche Fastenperiode von 16–18 Stunden zu erreichen. Alternativ kann bei Entscheidung für das 5 : 2-intermittierende Fasten der Kalorienkonsum an den Fasttagen über mehrere Monate von zunächst 900–1.000 kcal an 1 Fasttag/Woche bis auf 500 kcal an 2 Fasttagen/Woche reduziert werden.

 

 

Schlussfolgerung der Autoren 

  • Präklinische und klinische Studien belegen ein breites Spektrum an positiven Effekten des intermittierenden Fastens auf Adipositas, Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen, verschiedene Karzinome und neurologische Erkrankungen.
  • Während im Tiermodell die positiven Effekte über die gesamte Lebensspanne nachzuweisen sind, wurden in klinischen Studien bislang nur Zeitspannen bis zu mehreren Monaten untersucht, und es ist unklar, ob Menschen diese Form der Ernährung über Jahre aufrechterhalten können und auch von den in den Tiermodellen gefundenen Langzeiteffekten profitieren.
  • Die klinischen Studien wurden zumeist bei übergewichtigen Menschen jüngeren oder mittleren Alters durchgeführt, sodass eine Generalisierbarkeit der Ergebnisse derzeit nicht möglich ist.

Quelle: De Cabo R, Mattson MP., N Engl J Med 2019; 381: 2541–51