Preise der Österreichischen Diabetes Gesellschaft 2012

ÖDG-Forschungspreis 2012

Der mit 35.000 Euro dotierte Forschungspreis der Österreichischen Diabetes Gesellschaft für das Jahr 2012 wurde an Herrn Dr. Manfred Hecking (Wien) für ein Projekt aus dem Bereich der klinischen Forschung vergeben.

„Sensor-Augmented Insulin-Pump Therapy against Post-transplant Hyperglycemia: A Semi-Closed Loop System to Prevent New-Onset Diabetes after Renal Transplantation“

Die Nierentransplantation wurde als ein „medizinisches Wunder des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet (Morris, N Engl J Med 351:2678, 2004), der Langzeiterfolg dieser Therapie wird aber von der Entwicklung eines „New-onset diabetes after transplantation“ (NODAT) mitbestimmt, dessen Auftreten in den letzten Jahren stark zugenommen hat. In einer Proof-of-Concept-Studie konnte unlängst am AKH Wien gezeigt werden, dass die sofortige postoperative Therapie mit Basalinsulin durch Verbesserung der Betazellfunktion nicht nur die postoperative Hyperglykämierate reduziert, sondern auch die Diabetesentstehung im Verlauf eines Jahres verringert (Hecking et al., J Am Soc Nephrol 23:739, 2012). Damit dieses Konzept international überprüft und gegebenenfalls in klinische Praxis übernommen werden kann, startete bereits im Sommer 2012 an der University of Michigan eine placebokontrollierte Multicenterstudie mit Basalinsulin (Insulin Therapy for the Prevention of NODAT, ITP-NODAT) mit Finanzierung der US National Institutes of Health. In Europa beteiligen sich 5 Transplantationszentren an dieser Studie, die alle von Wien aus koordiniert werden.
In einem dritten Arm der ITP-NODAT-Studie sollen nun ausschließlich in Wien 25 Nierentransplantierte in die Sensor-Augmented Insulin Pump Therapy (SAPT-NODAT) -Studie eingeschlossen werden, um diese Patienten einer intensiveren postoperativen Insulintherapie zuzuführen. SAPT-NODAT testet die Hypothesen, dass eine intensive Therapie mit subkutan appliziertem, kurzwirksamem Insulin im Vergleich zur Standard-of-Care-Kontrollgruppe und zur Basalinsulin-Behandlungsgruppe (i) die glykämische Kontrolle weiter verbessert, (ii) die Prävalenz von NODAT und Prädiabetes weiter verringert und (iii) die Betazellprotektion weiter erhöht.
Um Hypoglykämieraten zu reduzieren, wird ein Glukosesensor verwendet, durch den im Sinne eines semigeschlossenen Systems die Insulinabgabe an der Pumpe abgeschaltet werden kann. Die Anwendung dieser neuen Technologie im stationären Setting direkt nach der Nierentransplantation soll somit nicht nur den betroffenen Patienten helfen und letzten Endes am AKH in die Routinebehandlung Nierentransplantierter implementiert werden, sondern ermöglicht wertvollen Informationsgewinn auch für nichttransplantierte Diabetiker, die derzeit mit Insulinpumpen behandelt werden.

 

Preisträger Dr. Manfred Hecking (links), Prim. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Heinz Drexel (Präsident der ÖDG, rechts)

Dr. Manfred Hecking aus der Arbeitsgruppe von Marcus Säemann (Universitätsklinik für Innere Medizin III der Medizinischen Universität Wien [MUW]) ist derzeit in der Facharztausbildung an der Abteilung für Nephrologie und Dialyse. Sein Medizinstudium absolvierte Hecking in Berlin; vor Beginn seiner Tätigkeit als Arzt war Hecking hauptberuflich Kontrabassist (Mitglied der Münchner und später der Wiener Philharmoniker). Für den Forschungsschwerpunkt NODAT (Prävention, Therapie, Pathophysiologie) haben verschiedene Mitarbeiter von Säemann (Hecking, Werzowa, Haidinger und andere) bereits Auszeichnungen erhalten, so auch zwei Abstract-Preise der Österreichischen Diabetes Gesellschaft. Kooperationspartner der verschiedenen NODAT-Projekte der Säemann-Gruppe sind unter anderem Mitarbeiter der MUW-Abteilungen für Endokrinologie, Pharmakologie und Transplantationschirurgie, Forscher der University of Michigan (USA), des Institute of Biomedical Engineering Padova (Italien) sowie des Deutschen Diabetes Center Düsseldorf.

 

Abstract-Preise der ÖDG 2012

Michael Resl, Helmut Brath, Stephanie Neuhold, Anton Luger, Claudia Francesconi, Richard Pacher, Martin Hülsmann, Martin Clodi

 „Hoch dosierte RAAS- und Betablockade reduziert kardiovaskuläre Endpunkte und Mortalität bei an Diabetes mellitus Typ II erkrankten Patienten mit erhöhten NT-proBNP-Spiegeln (Die PoNtiaC-Studie)“

Diabetes mellitus und die daraus resultierenden Spatkomplikationen zahlen in der westlichen Bevolkerung wie in den Schwellenlandern zu den fuhrenden Ursachen fur Morbiditat und Mortalitat. Korrespondierend zur Normalbevolkerung uberwiegen kardiovaskulare Komplikationen als Haupttodesursache bei an Diabetes mellitus erkrankten Patienten.
Neben zahlreichen Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht und der Dyslipidamie eignet sich NT-proBNP, bei dem es sich um eine Vorstufe des Herzhormones B-Typ-natriuretisches Peptid (BNP) handelt, hervorragend zur Abschatzung des kardiovaskularen Risikos bei an Typ-2-Diabetes erkrankten Patienten. Die therapeutische Konsequenz einer optimierten Risikoeinschatzung mittels NT-proBNP war allerdings bislang ungeklart. Im Rahmen der PONTIAC-Studie (NtproBNP Guided Prevention of Cardiac Events in a Population of Diabetic Patients Without a History of a Cardiac Disease) wurden insgesamt 300 Patienten mit erhohten NT-proBNP-Spiegeln (> 125 pg/ml) ohne kardiale Vorerkrankung und mit normaler Linksventrikelfunktion (mittels Echokardiographie dokumentiert) untersucht. 150 Patienten der Kontrollgruppe erhielten eine, den aktuellen Leitlinien der ODG entsprechende, optimierte antidiabetische Therapie. In der Interventionsgruppe erhielten 150 Patienten zusatzlich zur optimierten antidiabetischen Therapie RAAS-Antagonisten und Betablocker in der maximal tolerierten bzw. erlaubten Dosierung. Nach der Randomisierung wurden die Patienten insgesamt 2 Jahre nachbeobachtet. Trotz der relativ kurzen Nachbeobachtungsdauer konnte die kombinierte hoch dosierte Gabe eines RAAS-Antagonisten und eines Betablockers kardiale Ereignisse und Tod signifikant reduzieren.
Diese Ergebnisse zeigen eindeutig, dass eine erweiterte kardiovaskulare Risikostratifizierung mittels NT-proBNP sinnvoll ist, da gerade bei herzgesunden Patienten, deren NT-proBNP uber 125 pg/ml liegt, die gewonnene Information eine therapeutische Konsequenz hat.

 

Dr. Michael Resl (links) mit dem Präsidenten der ÖDG, Prim. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Heinz Drexel

Dr. Michael Resl studierte Medizin in Wien und absolviert seit 2008 die Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin an der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der Universitätsklinik für Innere Medizin III in Wien. Im Rahmen seiner Diplomarbeit in der Arbeitsgruppe von Prof. Martin Clodi beschäftigte er sich mit den Interaktionen zwischen Insulinresistenz und Herzinsuffizienz. In enger Zusammenarbeit mit dem Team der Herzinsuffizienz-Ambulanz des Allgemeinen Krankenhauses wurde die Idee der PONTIAC-Studie durch die Professoren Hülsmann, Pacher und Clodi geboren und ausgearbeitet.

 

Christian Göbl, Latife Bozkurt, Thomas Prikoszovich, Andrea Tura, Giovanni Pacini, Alexandra Kautzky-Willer

„Estimating the Risk after Gestational Diabetes Mellitus: Can we improve the information from the post partum OGTT“

Rezente Arbeiten belegen, dass Frauen nach Schwangerschaft mit Gestationsdiabetes (GDM) mit einem hohen Risiko einer späteren Diabetesmanifestation behaftet sind. Dies unterstreicht die Notwendigkeit der Durchführung eines oralen Glukosetoleranztests (OGTT) nach vollendeter Schwangerschaft zur weiteren Risikostratifizierung. Allerdings werden in der klinischen Interpretation bislang ausschließlich Nüchtern- und Zwei-Stunden- Wert berücksichtigt. Im Rahmen der prämierten Studie sollte der Informationsgewinn durch weitere Blutzuckerbestimmungen (abgesehen von Nüchtern- und Zwei-Stunden-Wert) untersucht werden.
110 Frauen nach Schwangerschaft mit GDM sowie 41 Kontrollen wurden 3–6 Monate nach Entbindung in die Studie eingeschlossen und erhielten eine komplette metabolische Risikoevaluierung: 3-Stunden-OGTT mit insgesamt 9 Blutabnahmen sowie intravenöser Glukosetoleranztest (IVGTT) zur Bestimmung von Parametern der Insulinresistenz und Betazelldysfunktion. Weiters wurden Marker subklinischer Entzündung und endothelialer Funktionsstörung erhoben. Die Teilnehmerinnen wurden im Rahmen der prospektiven Studie bis zu 10 Jahre nachverfolgt.
Von allen 9 erhobenen Werten im Rahmen des Postpartum-OGTT waren die Glukosewerte 60 Minuten nach Zuckerbelastung besonders stark mit Insulinresistenz und gestörter Betazelldysfunktion assoziiert. Des Weiteren zeigten die Werte nach 60 Minuten einen direkten Zusammenhang mit Parametern subklinischer Entzündung (hsCRP, TPA, PAI-1) und endothelialer Dysfunktion (ICAM-1, ELAM). Als wichtigstes Ergebnis der Arbeit wurde erstmals ein von klassischen Prädiabetesformen (abnormer Nüchternblutzucker und gestörte Glukosetoleranz) unabhängiger Zusammenhang von 60-Minuten-Werten mit der späteren Diabetesmanifestation in diesem Kollektiv nachgewiesen, was den zusätzlichen klinischen Wert dieses Parameters unterstreicht.

 

Dr. Christian Göbl (Wien) (links), Prim. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h .c. Heinz Drexel

Dr. Christian Göbl, PhD, studierte Medizin in Wien und absolvierte nach Abschluss seines Studiums ein Doktoratsstudium bei Univ.-Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer. Gleichzeitig arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und später als Assistenzarzt an der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der Medizinischen Universität Wien. 2011 wechselte er an die Universitätsklinik für Frauenheilkunde und absolviert dort eine Ausbildung zum Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, arbeitet allerdings weiterhin eng mit der Gender Medicine Unit unter Leitung von Prof. Kautzky- Willer zusammen. Neben seiner beruflichen Tätigkeit nahm Göbl 2010 ein Studium der medizinischen Biostatistik an der Universität Heidelberg auf und arbeitet gegenwärtig an seiner Diplomarbeit.

 

DIABETES FORUM-Preis 2012

Im Rahmen der 40. ÖDG-Jahrestagung wurde 2012 erstmals der vom MedMedia Verlag unterstützte DIABETES FORUM-Preis vergeben. Überreicht wurde der Preis vom Editor von DIABETES FORUM, Prim. Univ.-Prof. Dr. Guntram Schernthaner an Dr. Yvonne Winhofer (Wien) für das Abstract

Yvonne Winhofer, Martin Krššák, Peter Wolf, Draženka Janković, Sabina Baumgartner-Parzer, Rodrig Marculescu, Michael Wolzt, Thomas Stulnig, Siegfried Trattnig, Anton Luger, Michael Krebs

„Einfluss der Hypoglykämie-Gegenregulation auf den hepatozellulären und myokardialen Lipidgehalt sowie die linksventrikuläre Funktion“

Bei dem prämierten Abstract handelt es sich um eine laufende Grundlagenstudie bei gesunden Probanden, in der die Bedeutung der katecholamininduzierten Lipolyse im Rahmen der Hypoglykämiegegenregulation auf die Funktion und den Stoffwechsel des Herzens untersucht wird. Hypoglykämien stellen klinisch relevante Nebenwirkungen bei der Behandlung von Diabetes dar und führen gerade bei Diabetes zu einem besonders hohen Anstieg der Fettsäuren im Blut. Bisher durchgeführte Untersuchungen legen nahe, dass hohe Konzentrationen freier Fettsäuren zu einer myokardialen Lipidakkumulation sowie linksventrikulären Funktionseinschränkung führen können. Die erhobenen Daten zeigen, dass auch das Herz eines jungen, gesunden Menschen sowohl in Stresssituationen (Hypoglykämie) als auch unter normoglykämischen Bedingungen auf eine kontinuierliche Zufuhr freier Fettsäuren angewiesen ist, da eine medikamentöse Hemmung der Lipolyse, die bei dieser Studie mittels Acipimox durchgeführt wurde, sogar zu einer signifikanten Reduktion der Pumpfunktion des Herzens führt, nachdem die Fettspeicher im Herz verbraucht wurden. Das Herz von gesunden Menschen kann seinen Energiebedarf somit nicht ausreichend aus Glukose decken, wenn die Fettsäuren fehlen. Glücklicherweise ließ sich somit kein negativer Einfluss einer akut gesteigerten Fettsäurefreisetzung nach einer Hypoglykämie nachweisen. Es handelt sich – ganz in Gegenteil – um einen wichtigen Mechanismus, um die nötige Energie für das Herz in Stresssituationen bereitzustellen.

 

Dr. Yvonne Winhofer und Prim. Univ.-Prof. Dr. Guntram Schernthaner, Herausgeber von DIABETES FORUM

Dr. Yvonne Winhofer, geboren 1983 in Eisenstadt, arbeitet seit 2007 an der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der Medizinischen Universität Wien (Leiter: Prof. Dr. Anton Luger), wo sie seit 2008 ihre Ausbildung zur Fachärztin für Innere Medizin absolviert. Ihr Schwerpunkt liegt in kardiometabolischen Studien der Arbeitsgruppe von Prof. Michael Krebs, aus der rezent bereits eine Toppublikation hervorging (Winhofer et al. Diabetes 61:1210, 2012). Zudem arbeitet Dr. Winhofer mit Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer über Gestationsdiabetes und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Diabetesentstehung.