Diskussion im Schatten der Gesundheitsreform

Der diesjährige Gesundheitswirtschaftskongress brachte neben spannenden Themenfeldern auch prominente Vortragende aus der österreichischen und internationalen Gesundheitslandschaft. Wie zu erwarten, drehte sich dementsprechend gerade der Beginn des Kongresses um die vor kurzem verkündigte Einigung zur Mittelverteilung im Rahmen der Gesundheitsreform.
Im Austria Trend Hotel Savoyen in Wien begrüßten die zahlreichen Teilnehmer der Kongresspräsident, Dr. Heinz Brock, und DI Alexander Barta, neuer Geschäftsführer der Springer-Verlags GmbH. Sie wiesen darauf hin, dieses Jahr den aktiven Diskussionspart in den Vordergrund gerückt zu haben, da alle hier Anwesenden ein Teil der Lösung für die drängenden Probleme unseres Gesundheitssystems seien.
Auch Gesundheitsminister Johannes Rauch und Stadtrat Peter Hacker richteten Grußbotschaften an die versammelte Gesundheitswirtschaft und nutzten die Gelegenheit, ihre Sicht auf die gerade fertig verhandelte Bundeszielsteuerung für den Gesundheitsbereich darzulegen.

„Daran bin ich gescheitert“

Rauch betonte, dass zur Umsetzung seines Leitspruches der Gesundheitsreform („digital vor ambulant vor stationär“) unbedingt eine Einigung mit allen Beteiligten anzustreben war. Dementsprechend musste in der mit Vertretern von Bund, Ländern und der Sozialversicherung beschickten Bundeszielsteuerungskommission auch schlussendlich „Kooperation vor Konfrontation“ gestellt werden. Er wies selbstkritisch darauf hin, dass schlussendlich der „große Wurf“ einer Finanzierung aus einer Hand mit daran anzuknüpfender Bundesstaatsreform nicht gelungen sei, aber über einen Kunstgriff zumindest die zentrale Finanzierung der Gesundheitsreform mit anschließender Verteilung auf Bund, Länder und Sozialversicherung umgesetzt werden konnte. Damit kann auch die Verwendung der Gelder zentral kontrolliert werden. Die „Nagelprobe der Reform“ komme aber erst mit der konkreten Umsetzung in den folgenden Monaten und Jahren.

Tabubruch: SV-Finanzierung aus Steuern

Hacker griff den Ball auf und legte den Fokus seiner Rede ebenfalls auf die langen Verhandlungen. Seit Jahren wäre das Kernproblem der Bundesländer die Finanzierung der Krankenanstalten, auf deren Kosten die Länder am Schluss sitzen bleiben würden. Nach ersten problemfokussierten Treffen der Landesvertreter:innen untereinander sei man aber zu einem lösungsorientierten Ansatz übergegangen. Dieser sei mit der nun erreichten zentralen Finanzierung auch umgesetzt worden.

Er erinnerte allerdings auch an aktuelle Probleme, die es zu Lösen gäbe. Hier verwies er auf die nur gering medial kommentierte Studie der Ärztekammer Wien zu den Wartezeiten im Gesundheitssystem.1 Der Ärztekammer sei für ihren Mut diesbezüglich zu gratulieren, die Ergebnisse seien aber auch ungeschminkt erschreckend. Weiters verwies er auf eine rezente Studie der Statistik Austria2 zu den finanziellen Entwicklungen im Gesundheitssystem, die zwar positiv geframt wurde (Steigerung der Gesundheitsausgaben um 4,8 Prozent), aber im Kern ebenfalls erschreckend sei. Sie zeige nämlich einen eklatanten Anstieg der Gesundheitsausgaben bei den privaten Haushalten. Dazu gebe es eine Divergenz in der Entwicklung des BIP und der SV-Beiträge, was auf die lange Frist zu einer Unterfinanzierung der Sozialversicherungen führen werde. Umso löblicher sei es, die Sozialversicherungen nun auch teilweise aus dem Budget für die Gesundheitsreform direkt zu finanzieren, dies sei ein erfreulicher „Tabubruch“, erklärte Hacker.

Alles bleibt anders. Prüfen. Überlegen. Gestalten

Dieses Motto des Kongresses nutzte Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, um seinen Eröffnungsvortrag zu umrahmen. Er spannte einen weiten Bogen zur Verantwortung des Staates gegenüber seinen Bürgern und erläuterte pointiert die Feinheiten der Amtshaftung. Diese sei, wie überall, auch im Gesundheitswesen schlagend. Die Gesundheit berühre die Menschen besonders, daher mache das Gesundheitswesen den Staat besonders verantwortlich. Er schloss mit einem Aufruf an die handelnden Personen zu überdenken, wo eine Auslagerung von staatlicher Kompetenz im Gesundheitswesen stattgefunden habe und ob diese zu verantworten sei. Denn mit dem COFAG-Urteil habe auch der Verfassungsgerichtshof klar festgestellt, das die vielfach genutzte Auslagerungspraxis gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen kann.3