Ein Bestandteil von myHealth@EU ist die EU Patient Summary, eine digitale Patientenkurzakte, die Teile einer größeren Sammlung von Gesundheitsdaten – der elektronischen Patientenakte – enthält. In der digitalen Kurzakte werden die relevanten Gesundheitsinformationen einer Person auf einen Blick dargestellt.
Sie soll so wie die anderen Services des European Health Data Space (EHDS) bald in den EU-Ländern zur Verfügung stehen. Wann das sein wird, ist derzeit allerdings noch nicht absehbar.
„Sobald der EHDS beschlossen ist, wird es Übergangsfristen geben, die gerade verhandelt werden. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Patient Summary erst gegen 2029 verpflichtend zur Verfügung stehen wird“, erläutert Helene Prenner, Projekt- und Innovationsmanagerin bei der ELGA GmbH.
Die Patient Summary kann von den Patient:innen selbst sowie von allen Gesundheitsdienstleister:innen abgerufen werden.
Prenner fasst zusammen, was dies für Ärzt:innen bedeutet: „In dieser Kurzakte können Ärzt:innen Gesundheitsinformationen der jeweiligen Patient:innen über bestehende Diagnosen, Medikation, Allergien, Vorerkrankungen, bisherige Behandlungen, Operationen, Patientenverfügungen etc. einsehen.“ Dabei ist die Patient Summary immer in der Heimatlandsprache der Ärzt:innen verfügbar.
Ziel der EU Patient Summary ist eine integrierte Versorgung: „Das heißt, egal wo eine Person medizinische Versorgung in Anspruch nimmt, sei es in Österreich oder im EU-Ausland, können über die Patient Summary die relevanten Gesundheitsdaten abgerufen werden, was zu einer verbesserten Versorgung beiträgt“, so Prenner weiter.
Welche Inhalte der elektronischen Patientenakte in der Kurzakte enthalten sein werden, ist international normiert, so können zukünftig Kurzakten in allen Staaten ausgetauscht werden.
„Für eine nationale Implementierung ist eine starke Einbindung der Bürger:innen ein zentrales Anliegen. Schon heute können Bürger:innen ihre Teilnahme an ELGA durch ein Opt-out selbstständig steuern. Ob diese Regelung auch für EU-Services des EHDS bestehen bleibt, ist aktuell noch in Verhandlung. Gemäß aktuellen Umfragen, wird die Patient Summary allerdings von Patient:innen sogar aktiv eingefordert. Man muss sich vor Augen halten, dass Patient:innen mit der Patient Summary endlich Zugang zu den meisten Gesundheitsdaten erhalten und damit auch ihre Gesundheit selbst in die Hand nehmen können. Derzeit ist es für Patient:innen oft schwer, genau diese Daten einfach und übersichtlich zu bekommen“, so Prenner.
Sie betont weiters, dass es mit der Patient Summary beispielsweise deutlich einfacher werde, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen. Ebenfalls noch in Verhandlung ist, ob es die Möglichkeit geben wird, dass Patient:innen zwar generell die Patient Summary in Anspruch nehmen, aber gewisse Gesundheitsdaten, wie z.B. eine Diagnose, welche die Patient:innen nicht allen Behandler:innen zugänglich machen wollen, ausgenommen werden.
„Diese Fragen werden aktuell diskutiert, die Umsetzung hängt allerdings durchaus von den europäischen Vorgaben ab“, erklärt Prenner.
An der Umsetzung der Patient Summary ist eine Vielzahl von Akteur:innen beteiligt: „So sind neben Softwareentwickler:innen und IT-Umsetzenden Behandler:innen, befragte Bürger:innen sowie die Verantwortlichen in den nationalen Behörden der einzelnen EU-Ländern beteiligt. Zum Beispiel muss gemeinsam geregelt werden, wie die Kurzakten in allen Ländern einheitlich bzw. vergleichbar befüllt werden. Dabei sind natürlich auch die europäischen Akteur:innen wie die EU-Kommission involviert“, erklärt Prenner.
Aus Sicht der Ärzteschaft stellt sich für Dr. Alexander Moussa, selbst niedergelassener Allgemeinmediziner sowie E-Health-Referent der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Telemedizin und E-Health (ÖGTelemed), derzeit noch die Frage, wer die Daten einpflegen wird bzw. wie das im Praxis- bzw. Spitalsalltag passieren soll.
Neben der Erstellung der Patient Summary sind in den Augen von Moussa auch die Speicherung der Daten, die Frage der Haftung, die regelmäßige Wartung/Überprüfung der Daten auf Aktualität sowie die Finanzierung noch nicht abschließend geklärt.
„Zudem klingt das Abrufen von allen relevanten Daten per Knopfdruck zwar sehr schön, aber bei multimorbiden Patient:innen ist das eine Vielzahl von Daten – und als Ärzt:in muss ich diese Datenerhebung unmittelbar während des Patientenkontaktes durchführen. Hier sehe ich eine große Herausforderung. Für alle weiteren Schritte bei der Errichtung der Patient Summary wünsche ich mir – so wie beim gesamten EHDS – eine enge Einbindung der Ärzteschaft, um unsere Sicht aus der Praxis einbringen zu können.“
Auch für Prenner ist die einfache Handhabung der Patient Summary für Ärzt:innen ein wesentlicher Punkt. So ist es für sie eine wichtige Basis, dass die Patient Summary für alle Behandler:innen in ihre gewohnten Systeme integrierbar ist und mit möglichst geringem Aufwand befüllt werden kann. „Auch das gilt natürlich wieder für alle EU-Länder“, betont sie.
Prenner sieht die Patient Summary als Support System für die Ärzt:innen. „Letztendlich können bei einer guten Umsetzung Behandler:innen durch die Services des EHDS Zeit gewinnen. Zeit, die sie für die Patient:innen verwenden können. Damit kann auch die Patient Summary einen Beitrag dazu leisten, unser Gesundheitssystem sowie die in den anderen EU-Ländern gut für die Zukunft aufzustellen“, betont sie.