DigitalDoctor: Herr Mag. Hörhan, Das AHF-Schladming war vom zentralen Thema Vertrauen beherrscht. Was bedeutet für Sie Vertrauen im Gesundheitssystem?
Mag. Christoph Hörhan: Ich sehe hier drei Ebenen: Das Vertrauen der Patient:innen zu ihren Ärzt:innen, Apotheker:innen und Pflegekräften, das eine wichtige Voraussetzung für Heilungserfolg und Therapietreue ist. Das Vertrauen der Menschen ins gesamte Gesundheitssystem, also etwa die Frage: Wie rasch bekomme ich wo welche Leistung und in welcher Qualität? Und schließlich das Vertrauen der Systempartner:innen und Gesundheitsdiensteanbieter:innen untereinander, das notwendig ist, um dringend notwendige Reformen umzusetzen.
Hat die Bevölkerung das Vertrauen in das Gesundheitssystem verloren?
Hörhan: Nicht generell. Das Vertrauen der Patient:innen zu ihren Ärzt:innen ist in Österreich ungebrochen hoch und ein wichtiges Potenzial. Das Vertrauen der Menschen ins Gesundheitssystem hat durch die vielen dissonanten Meldungen über Ärztemangel, Pflegenotstand oder Lieferengpässe gelitten. Interessant ist aber, dass Menschen mit unmittelbaren Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem, etwa einem rezenten Spitalsaufenthalt, das System besser einschätzen als andere, die es nur vom Hörensagen einschätzen können.
Wie wirkt sich das auf die Digitalisierung aus?
Hörhan: Eine ganz wichtige Quelle von Vertrauen ist Transparenz und Orientierung. In unserem komplexen Gesundheitssystem ist das keine leichte Aufgabe. Hier brauchen wir Unterstützung durch digitale Anwendungen, wenn es darum geht, Patient:innen rasch dorthin zu begleiten, wo ihnen am besten geholfen werden kann. Am AHF-Gastein werden wir daher diskutieren, wie durch Gesundheitsportale und die Gesundheitshotline 1450 genau diese Unterstützung durch digitale Angebote aufgebaut werden kann.
Beim diesjährigen, schon hinter uns liegenden AHF-Kongress in Schladming wurde ein Community-Manifest erstellt. Können Sie kurz erklären, worum es da geht?
Hörhan: Gerne! Wir haben während des AHF-Schladming mit einer eigenen App die Wünsche und Vorstellungen der Teilnehmer:innen zum Gesundheitssystem der Zukunft in Österreich gesammelt. Insgesamt haben wir 560 Rückmeldungen bekommen, die wir dann geclustert haben und am Schluss des Kongresses den Teilnehmer:innen zur Abstimmung vorgelegt haben. So haben wir die Themencluster nach ihrer Priorität gereiht und die wichtigsten Handlungsfelder identifiziert. Ganz vorne liegen E-Health und Prävention. Daher werden diese die Themenschwerpunkte am AHF-Gastein im Oktober sein. In den letzten Monaten haben wir das AHF-Community-Manifest mit den wichtigsten Entscheidungsträger:innen besprochen und dabei große Zustimmung für diese Prioritäten bekommen. Nun geht es darum, das auch im Programm der nächsten Regierung zu verankern.
Beim AHF-Gastein wird es einen eigenen Workshop zur Verfügbarkeit und Nutzung von Gesundheitsdaten geben. Was ist davon zu erwarten?
Hörhan: Daten aus der realen Welt wie zum Beispiel der ab 2025 vorgesehenen Diagnosekodierung im niedergelassenen Bereich eröffnen große Chancen für Forschung, Therapieoptimierung und Systemsteuerung. Aus aktueller Marktforschung wissen wir, dass sich 64 % der Bevölkerung vorstellen können, ihre Gesundheitsdaten datenschutzkonform zur Verfügung zu stellen, um darauf basierend weitere Forschung im Gesundheitswesen zu ermöglichen. Voraussetzung sind aber klare, sichere und transparente Rahmenbedingungen, eingebettet in den EHDS und die internationale Patientenakte. Und genau um diese Rahmenbedingungen wird es in dem Workshop gehen.
Welche weiteren Punkte werden auf die Teilnehmer:innen des AHF-Gastein warten?
Hörhan: Am AHF-Gastein werden wir die österreichische eHealth-Strategie und ihre unmittelbaren Auswirkungen für alle Akteur:innen im Gesundheitswesen diskutieren. Diese Frage verschneiden wir mit unserer Priorität Prävention und fragen, wie Impfprogramme oder der Patientenpfad der Lungengesundheit durch digitale Anwendungen unterstützt werden können. Ganz spannend ist dabei der zeitliche Zusammenhang: Das AHF-Forum findet ungefähr einen Monat nach der Nationalratswahl statt und damit wohl mitten in Regierungsverhandlungen. Die Resultate unserer Diskussionen können also gleich in die Kapitel „Gesundheit“ und „Digitalisierung“ des neuen Regierungsprogramms einfließen. Dazu werden wir die Verhandler:innen und Gesundheitssprecher:innen der Parlamentsparteien bei uns am Podium versammeln.