Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) haben oft schon bei Erstvisite positive Autoantikörperbefunde, die für die Erkrankung charakteristisch sind und die den Verlauf vorhersagen können. Die Bestimmung dieser Autoantikörper (AK) im Rahmen der Erstvorstellung beim Rheumatologen hilft bei der am Anfang oft schwierigen Diagnosesicherung und bei Therapieentscheidungen. Denn die Therapie der RA sollte bereits in einem frühen Stadium der Erkrankung beginnen, in dem im Bestfall noch keine irreversiblen Schäden aufgetreten sind. Bei RA-Patienten können diese Autoantikörper bereits Jahre vor dem Beginn der klinischen Beschwerden nachgewiesen werden. Zwei große retrospektive Analysen untersuchten die Seren von RA-Patienten nach dem Auftreten der ersten Symptome. Die Untersuchung dieser Proben, die im Rahmen von Blutspenden Jahre zuvor erfasst wurden, konnte positive Autoantikörpertiter ermitteln. Andere Studien beschrieben einen destruktiveren Verlauf bei RA-Patienten mit höheren Titern von Rheumafaktor (RF) und anticitrullinierten Peptidantikörpern (ACPA). Auf der anderen Seite haben Patienten mit Anti-RA33- Antikörpern einen milderen Krankheitsverlauf.
In unseren Studie sollen nun – bei gesunden Probanden ohne Beschwerden – diese Autoantikörper bestimmt werden. Ziel ist es, alle Personen, die zur Untersuchung und Blutabnahme im Rahmen einer Gesundenuntersuchung im zuständigen Magistrat oder ihrem zuständigen Betriebsarzt vorstellig werden, mittels einer zusätzlichen Blutabnahme nach Einholung einer entsprechenden Einverständniserklärung auf diese Autoantikörper zu testen. Probanden mit positivem Ergebnis soll dies unverzüglich mitgeteilt werden, und diese sollen, zusammen mit Kontrollprobanden aus derselben Population mit negativen Autoantikörpern, über einen Zeitraum von 5 Jahren regelmäßig alle 6 Monate in unserem Zentrum beobachtet werden. Hauptzielparameter ist die Inzidenz der rheumatoiden Arthritis bei Patienten mit bzw. ohne Autoantikörper.
I. Screening: Die Probanden sollen < 30 Jahre alt sein, eine Lebenserwartung > 5 Jahre haben und bis zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses an keiner chronischen rheumatischen Erkrankung leiden (Arthrose oder Gicht sind kein Ausschlusskriterium). Weiters erfolgt eine Blutabnahme zur Bestimmung von Autoantikörpern (RF, RA-33, ACPA). Titer von RF > 14 U/ml und ACPA > 5 U/ml werden als positiv bewertet.
II. Probanden mit pos. AK bzw. Kontrollgruppe: Bei Patienten mit positiven AK erfolgt ein ausführliches Aufklärungsgespräch und – nach neuerlichem Einverständnis des Probanden – eine Blutabnahme zur Verifizierung des positiven Tests. Weiters soll alle 6 Monate über einen Zeitraum von 5 Jahren eine standardisierte Untersuchung mit Gelenkuntersuchungen, Fragebögen und erneuten Autoantikörperbestimmungen erfolgen. Ebenso wird mit den ausgewählten Kontrollpersonen vorgegangen werden (Tabelle).
Von 3.059 getesteten Personen, waren 82 (2,7 %) positiv für ACPA und 96 (3,1 %) für RF. Bei 20 der RF-positiven Probanden lagen die Titer > 50 U/ml. Somit waren für RF 20,1 % der RFpositiven und 0,7 % der gesamten Population als hochtitrig zu klassifizieren. Für ACPA waren dies 10 % (Titer > 40 U/ml) der ACPA-positiven Individuen.
Nur 4 Probanden waren positiv für RF und ACPA (6,1 % der ACPApositiven; 5,2 % der RF-positiven; 2,9 % der gesamten seropositiven Population oder 0,2 % der gesamten Studienkohorte). Von diesen RF- und ACPA-positiven Probanden, waren 2 hochtitrig für ACPA (Titer > 200 U/ml) und 3 für RF (> 50 U/ml). Insgesamt 178 Probanden (5,8 % der Population) waren positiv für einen oder beide der Autoantikörper
Insgesamt 50 seropositive und 44 seronegative Individuen suchten unsere Rheumaambulanz auf (75 % davon unterzogen sich mehr als einer Untersuchung in unserer Klinik). Bei keinem Individuum des gesamten untersuchten Kollektivs wurden bis dato Hinweise auf RA festgestellt.
Nach diesen präliminären Daten der vorliegenden PRE-RA-Studie sind 5,8 % der gesunden österreichischen Population positiv für einen der RA-typischen Autoantikörper. Davon sind 2,7 % ACPA- und 3,1 % RF-positiv, nur 4 Probanden waren doppel positiv. Dieser Prozentsatz ist 3–5-fach höher als die zu erwartende Frequenz laut früheren, retrospektiven Studien mit gesunden Kohorten. Nach einer Nachuntersuchungsperiode von 2 Jahren hat bis dato keiner der untersuchten Probanden (weder seropositiv noch seronegativ) eine chronische rheumatische Erkrankung, insbesondere RA, entwickelt. Nach den bisher bekannten Daten liegt die Inzidenz der RA bei 0,75 RA-Patienten pro 1.000 Individuen pro Jahr. Bei unserer Population (ca. 3.000) und Beobachtungsperiode (2 Jahre) würde man daher 2–4 Fälle erwarten. Bis dato hat jedoch keine der Probanden eine RA entwickelt. Anderseits sind weder das Vorhandensein von Antikörpern gegen RF und ACPA in der gesunden Population noch die Inzidenz der RA in seropositiven Individuen prospektiv bekannt.
Durch die laufende PRE-RA-Studie möchten wir diesen Fragen am Ende der 5-Jahres-Beobachtungsperiode näherkommen.