Trotz signifikanter Fortschritte in der frühestmöglichen und umfassenden Behandlung von Menschen mit cP ist zu erwarten, dass Menschen mit cP Einschränkungen in der Partizipation am Sozial- und Arbeitsleben erfahren. Die Bewältigung des Alltages ist vom kontinuierlichen Adaptieren an ein Leben mit einer chronischen Krankheit geprägt. Ein Ziel dieser Studie war es, die Überschneidungen im Bezug zur Leistungserbringung im Gesundheitssystem und arbeitsmarktbezogenen Leistungen für diese Gruppe von Menschen mittels qualitativer Methoden zu untersuchen. Diese Studie ist Teil eines größeren Forschungsprojektes, in dem untersucht wurde, wie der Alltag von Müttern im erwerbsfähigen Alter mit cP durch unterschiedliche Leistungsbereiche geprägt wird und folglich, wie dies die Alltagsbetätigungen der Frauen beeinflusst.
Es wurde eine „Institutional Ethnography“ durchgeführt, dies ist eine soziale Theorie und Methode, um Beziehungen, die unterschiedlichen organisatorischen Prozessen zugrunde liegen, aus der Perspektive einer bestimmten Gruppe von Personen aufzuzeigen. In dieser Studie wurde die Perspektive von Frauen im erwerbsfähigen Alter gewählt, bei denen cP diagnostiziert worden war. Mit sieben Teilnehmerinnen wurden Interviews und teilnehmende Beobachtungen durchgeführt. Weiters wurden Dokumente analysiert, wie zum Beispiel Krankengeschichten der Teilnehmerinnen oder Betreuungsvereinbarungen mit dem Arbeitsmarktservice. Dokumente wurden in der Analyse als Texte betrachtet, die durch das Lesen und Bearbeiten von Menschen aktiviert werden und somit unterschiedliche Diskurse vermittlen.
Die Analyse der Daten zeigt, dass die Leistungserbringung im Gesundheitssystem von einem Diskurs basierend auf biomedizinischen Konzepten geprägt ist. Dies ist nicht zuletzt durch die Finanzierung der Leistungserbringung im stationären und ambulanten Bereich beeinflusst. Der Diskurs hinsichtlich arbeitsmarktbezogenen Angeboten beruht vorwiegend auf Konzepten der Arbeitsfähigkeit. Der Zugang zu Leistungen in diesem Bereich ist oftmals von der bisherigen Arbeitsfähigkeit abhängig. In Dokumenten, wie zum Beispiel Betreuungsvereinbarungen, die der Koordination von Organisationsprozessen in diesem Bereich dienen, werden kaum Bezüge zur Gesundheit und somit auch nicht die Herausforderungen des Alltags in einem Leben mit einer chronischen Erkrankung aufgezeigt. Die Leistungen in diesen Bereichen sind nicht nur konzeptuell, sondern auch administrativ getrennt: während Leistungen aus dem Gesundheitssystem durch das Bundesministerium für Gesundheit koordiniert werden, sind arbeitsmarktbezogene Leistungen dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zugeordnet. Die Analyse der ethnografischen Daten, basierend auf dem täglichen Leben der Frauen, zeigt, dass ein bereichsübergreifender Ansatz in der Befähigung und Förderung der Partizipation von Frauen mit cP im Sozial- und Arbeitsleben unumgänglich ist. Durch den spezifischen konzeptuellen Fokus und die administrative Trennung dieser Leistungsbereiche stellt ein bereichsübergreifender Ansatz eine Herausforderung dar.
Die Ergebnisse dieser Studie betonen die Wichtigkeit eines bereichsübergreifenden Ansatzes in der Rehabilitation von Menschen mit cP, um sie für die Partizipation am Sozial- und Arbeitsleben bestmöglich zu befähigen. Um dies zu gewährleisten, erscheint es als unabdingbar, dass Konzepte, die die unterschiedlichen Leistungsbereiche prägen, kritisch betrachtet, Gemeinsamkeiten und Unterschiedlichkeiten diskutiert und Möglichkeiten zur übergreifenden Leistungserbringung erarbeitet werden.