Die meisten PatientInnen mit rheumatoider Arthritis sind durch die schmerzhaften Veränderungen ihrer Gelenke, die in Folge auch zu Fehlstellungen führen, im Alltag in verschieden starkem Ausmaß funktionell beeinträchtigt. Dies kann entsprechend der internationalen Klassifikation der funktionalen Gesundheit (ICF) zu Beeinträchtigungen in den Bereichen körperliche Funktion und Struktur, Aktivitäten und Partizipation führen. Besonders häufig finden sich diese Veränderungen an Fingern und Handgelenken, auch Ellbogen und Schultern, wodurch alltägliche Verrichtungen wie Anziehen, Körperpflege, Zubereiten von Mahlzeiten und Hausarbeit, aber auch Schreiben und Ähnliches deutlich erschwert sein können. Fußgelenke, Sprunggelenke oder Knie sind häufig betroffen, was zu erheblicher Limitierung der Fortbewegung führen kann.
Die synoviale Inflammation wird durch die Überproduktion proinflammatorischer Zytokine wie TNF (Tumornekrosefaktor)- alpha, IL (Interleukin)-6-mediiert, was zu einer Einwanderung immunologischer Zellen in die Synovia und somit einer Gelenksschwellung führt. Das Eindringen fibroblastenähnlicher Synovialzellen in den Gelenksspalt und die Aktivierung der Osteoklasten bedingen Erosionen, Usuren und eine gelenksnahe Osteoporose. Bei 50–80 % der PatientInnen sind Rheumafaktor und/oder Antikörper gegen zyklische citrullinierte Peptide (ACPA) positiv.
Die Rehabilitation von PatientInnen mit rheumatoider Arthritis (RA) umspannt ein großes Feld an Möglichkeiten: Übungs- und Trainingstherapie, Ergotherapie (ergonomische Beratung, Gelenkschutzberatung, ATL-Training (Aktivitäten des täglichen Lebens-, Funktionstraining und Schienenversorgung), physikalisch therapeutische Maßnahmen (Wärme- und Kältetherapie, Balneotherapie, Ultraschalltherapie, Low-Level-Laser-Therapie, Radon, Akupunktur), Ernährungsberatung und psychologische Interventionen (siehe FAKTEN der Rheumatologie 2010). Ein genaues Assessment und die Bestimmung des Rehabilitationspotenzials des/der PatientIn gehen der Auswahl und Verordnung der benötigten Maßnahmen durch den Facharzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation voraus.
Nachtlagerungsschiene (Abb. 1)
Es liegen einige zum Teil widersprüchliche Studien über die Wirksamkeit sowohl statischer Schienen als auch von Funktionsschienen vor. Es lässt sich jedoch festhalten, dass eine Verringerung der Schmerzsymptomatik durch das Tragen von Schienen nachweislich erzielt werden kann.
Funktionsschiene (Abb. 2)
Durch Tragen von Schienen zur Achskorrektur konnte in Studien eine Erleichterung beim Verrichten bestimmter Tätigkeiten nachgewiesen werden. Einer der Hauptgründe von Patienten, die Schienen zu tragen, war der Faktor der Gelenkschonung. Durch Verbesserung der Gelenkstellung kann eventuell auch die Handkraft zunehmen. Die Compliance der PatientInnen nimmt mit Tragekomfort – einer möglichst geringen Bewegungseinschränkung – deutlich zu. Eine Abnahme der Häufigkeit der Gelenkschwellungen oder Dauer der Beschwerden konnte durch den Einsatz von Schienen nicht erzielt werden.
Diverse Hilfsmittel
Durch den Einsatz verschiedener Hilfsmittel kann die Bewältigung des Alltags wesentlich erleichtert, manchmal nur auf diese Art und Weise aufrechterhalten werden (siehe Abb. 3–7). So kann z.B. ein spezieller Applikator (Abb. 7a) die Gabe von Augentropfen deutlich erleichtern, eine Anwendung mit einer Hand wird ermöglicht. Die Knöpfhilfe wiederum erleichtert das Zuknöpfen mit nur einer Hand. Durch die integrierte Reißverschlusshilfe an der Knöpfhilfe lässt sich auch ein Reißverschluss leichter mit nur einer Hand schließen (Abb. 7b).
Andere ergotherapeutische Maßnahmen
Ergonomische Beratung, Gelenkschutzberatung, Funktionstraining und ATL-Training sind weitere wesentliche Bestandteile der Ergotherapie bei PatientInnen, die an rheumatoider Arthritis leiden. Der betreuende Arzt sollte die PatientInnen möglichst frühzeitig bezüglich dieser Therapieoptionen informieren. Leider sind derzeit aufgrund mangelnder Information und Zugangsmöglichkeiten nur etwa ein Drittel aller RA-PatientInnen mit Hilfsmitteln versorgt.
Schienenversorgung, ergonomische Beratung, Gelenkschutzberatung und ATL-Training sind durch positive Daten belegt. Bezüglich der Hilfsmittelversorgung existiert nur eine einzige von der Cochrane Database Collaboration akzeptierte Studie, die den Einsatz von einem Applikator für Augentropfen untersucht. Alle andere Hilfsmittel betreffenden Studien sind methodisch unzureichend.
Die frühzeitige RA-Diagnostik entsprechend den neuen Kriterien der American College of Rheumatology/European League Against Rheumatism ermöglicht nicht nur die rasche Einleitung einer krankheitsspezifischen medikamentösen Therapie, sondern auch eine frühe Erfassung der funktionalen Gesundheit durch den Facharzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation. So kann eine baldige Versorgung mit eventuell benötigten Hilfsmitteln und Verordnung ergotherapeutischer Therapien stattfinden. Regelmäßige Kontrollen erhöhen die Effektivität sämtlicher Maßnahmen. Eine optimale Versorgung von PatientInnen mit RA ist nur mit Hilfe eines inter- und multidisziplinären Teams möglich.