EULAR-Highlights: Kollagenosen

Systemischer Lupus erythematodes (SLE)

Lupusnephritis

Nachdem unlängst die amerikanischen Rheumatologen einen Konsens zur Therapie der Lupusnephritis publiziert haben, ist ein ähnliches Projekt der europäischen Rheumatologen und Nephrologen präsentiert worden, das voraussichtlich in Kürze auch von der EULAR herausgegeben werden wird.
Der EULAR/ERA-EDTA-Konsensus über das Management der Lupusnephritis (Bertias et al.1) bringt viele bekannte Tatsachen auf den Punkt bzw. wieder ins Bewusstsein: Kein klinischer, serologischer oder anderer Labortest kann das Ergebnis der Nierenbiopsie vorhersagen, die bei Zeichen der Nephritis, auf jeden Fall aber bei mehr als 0,50 g/24 h Proteinurie gemacht werden soll. Die Induktionstherapie der proliferativen Lupus-GN (WHO-Klassen III und IV) soll mit Mycophenolat-Mofetil (MMF) oder niedrig dosiertem intravenösem Zyklophosphamid (CYC nach Euro-Lupus-Schema) in Kombination mit Glukokortikoiden erfolgen. (Der Vorteil der niedrig dosierten CYC-Gabe ist allerdings im Lichte der Literatur nur wegen der niedrigeren kumulativen Dosis mit einem Trend zu weniger Nebenwirkungen, nicht auf Grund einer besseren Wirkung zu sehen; Anm.). Unter besonderen Umständen wird auch die Therapie mit höherdosiertem CYC weiter empfohlen (0,75–1 g/m2) . Für die membranöse Lupusnephritis wird MMF auch als Induktionstherapie empfohlen. Nach der Induktion soll eine Erhaltung mit MMF oder AZA für zumindest 3 Jahre anschließen. Bei MMF- oder CYC-Versagen ist an den Wechsel zu jeweils anderen Substanz bzw. zu Rituximab zu denken.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist die große Variabilität zwischen verschiedenen Pathologen („interobserver variability“) zu erwähnen, weshalb für Studien die Übersendung der Proben an ein zentrales Labor geraten wird; sicher ist diese Information auch für die Patientenversorgung wertvoll und entsprechend zu nutzen (Rao, USA)2.
Als Therapieoption für die SLE-Nephritis wurde auch Abatacept vorgestellt (Furie et al.).3 Enttäuschenderweise war Abatacept gleich gut wie Placebo als „add on“ in Patienten, die MMF und Steroide als Basismedikation hatten. Primärer Endpunkt war die komplette Remission, die in der gewählten, sehr strengen Definition von kaum einem Patienten erreicht werden konnte (3–5 %); in der Post-hoc-Analyse mit modifizierter Definition waren mehr Patienten unter Abatacept in Remission als unter Placebo, allerdings interessanterweise mit besserer Wirksamkeit in der etwas niedriger dosierten Abataceptgruppe (durchgehend 10 mg/kgKG).
Auch für Belimumab gab es eine Post-hoc-Analyse zur Wirkung bei renaler Beteiligung (Houssiau4, BLISS-52/76 study group). Hier ist natürlich zu bedenken, daß die aktive Lupusnephritis bei den BLISS-Studien ausgeschlossen war. Bei allen Limitationen dieser nachträglichen Analyse scheinen doch die Proteinurie und die renalen Parameter des SELENA-SLEDAI unter MMF + Steroiden + Belimumab besser anzusprechen als in der Kontrollgruppe (MMF + Steroide), was Hoffnung gibt für weitere geplante Studien zu diesem Präparat in der Lupusnephritis.
Eine weitere Sub-Analyse der BLISS-Studien beschreibt, dass viele Patienten innerhalb der ersten 3 Monate auf Belimumab ansprechen, also in dem von anderen Medikamenten her geläufigen Zeitrahmen (Doria5).

Lupus und Lunge

Ganz zu Beginn des Kongresses fand die erste klinische Sitzung über den SLE mit Beiträgen über die Klassifikation und Beurteilung der interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) statt. Die Beurteilung der ILD ist auf Grund der Vielzahl der möglichen histologischen Diagnosen schwierig und schwankt zwischen der Überdiagnose (sofern man sich nur auf Veränderungen in der hochauflösenden CT [HR-CT] stützt) bzw. der Unterdiagnose (wenn man nur die Klinik beobachtet), was widersprüchliche Angaben zur tatsächlichen Häufigkeit erklärt. Daraus ergibt sich sehr logisch der Versuch, einen Index zur Aktivität und für die Beurteilung der therapeutischen Antwort zu entwickeln (Saketoo und Seibold6). Dieses Projekt ist derzeit in der Delphi-Phase mit Konsensus über Domänen nach der OMERACT-Methode. Bisher charakterisierte Domänen sind ILD und IPF (interstitielle pulmonale Fibrose), Dyspnoe, Lebensqualität, Bildgebung der Lunge, Physiologie/Funktion der Lunge und Überleben.

Weitere experimentelle Therapien des SLE

In einer Fallstudie mit 13 refraktären Patienten wurde gutes Ansprechen auf den Proteasominhibitor Bortezumib beschrieben (Reduktion von SLEDAI, dsDNA-Ak, Proteinurie) bei vertretbarem Nebenwirkungsprofil (Voll7).
Die Gruppe um Frau Prof. G. Riemekasten von der Berliner Charité zeigte im (NZBxNZW)F1-Mausmodell des SLE, dass eine Administration von niedrig dosiertem Interleukin-2 ( IL-2) zur Expansion von CD4 + FoxP3 + regulatorischen T-Zellen (TReg) führt, die in vivo funktionell sind und den murinen Lupus unterdrücken (Humrich et al.8). Weitere Ergebnisse derselben Gruppe untermauern die Relevanz dieser Resultate und weisen auf eine IL-2-Unterversorgung von FoxP3 + TReg im humanen SLE hin (von Spree9).
Die Therapie mit regulatorischen T-Zellen wird schon seit langem für Autoimmunerkrankungen diskutiert und in besonderen Fällen auch experimentell angewandt. Ein Hauptproblem dabei ist die Generation (Induktion, Vermehrung) einer geeigneten Zahl von TReg-Zellen; ein anderes Problem ist die Frage der Funktion und der phänotypischen Stabilität der gewonnenen Zellen.

Sjögren-Syndrom (SjS)

Durchaus logisch aus der Hypothese der Pathogenese dieser Erkrankung und aus den Ergebnissen der SLE-Therapie-Studien abgeleitet, wurde Rituximab im Sjögren-Syndrom eingesetzt: Daten aus dem französischen AIR-Register10 wurden analysiert und legten guten Erfolg bei insgesamt 86 solcherart behandelten Patienten nahe. In einer doppelblinden, randomisierten, kontrollierten Studie mit 122 Patienten (TEARS trial11) war die Wirksamkeit von Rituximab nicht hoch genug, um eine Verschreibung in einer größeren Gruppe von Patienten zu rechtfertigen. Hierbei ist allerdings der gewählte Endpunkt durchaus kritisch zu bewerten, der auf einer Verbesserung (mind 30 mm) in mindestens 2 von 4 visuellen analogen Skalen (VAS) beruhte, die für die Quantifizierung von Trockenheit, Schmerz, Müdigkeit und globaler Krankheitsaktivität herangezogen wurden. Bei der Beurteilung der Schwere/Aktivität des SjS ist das Fehlen objektivierbarer Parameter bzw. sinnvoller Scores sehr augenscheinlich.

Systemische Sklerose (SSc, Sklerodermie)

Im Gegensatz zum SLE sind die Veränderungen in der HR-CT bei der SSc relativ typisch und ein wichtiger Prädiktor für die Mortalität. Eine australische Gruppe präsentierte ein einfaches System der Einteilung nach dem Prozentsatz der betroffenen Lungenareale (> 20 % Beteiligung = extensiv, < 20 % = limitiert; bei unklaren/unbestimmbaren Fällen wurde die FVC als Unterscheidung herangezogen mit einer Schwelle bei FVC 70%. Im letzten Fall wurde die FVC als Unterscheidung herangezogen, mit einer Schwelle bei einer FVC von 70 %). Extensive Veränderungen in der HR-CT waren mit einer dreifach höheren Mortalität assoziiert (Moore12).
Mit der vorgestellten Methode könnte man z. B. Patienten identifizieren, die einer intensivierten Therapie bedürfen. Deren Art ist allerdings bei der SSc alles andere als klar. Zunehmende Evidenz hebt den Wert von Rituximab hervor: Eine griechische Gruppe berichtete über eine Verbesserung der Lungenfunktion (FVC und DLCO) nach 12 Monaten Therapie sowie eine begleitende Verbesserung der Hautfibrose (Daoussis13), was mit Ergebnissen aus der EUSTAR-Kohorte übereinstimmt, die von einer Besserung der Hautfibrose und ausbleibenden Verschlechterung der Lungenfunktion unter Rituximab berichten (Jordan14). Ebenso aus der EUSTAR-Kohorte kommt die Bobachtung, dass Endothelin-1-Rezeptorantagonisten die Hautfibrose bei SSc nicht beeinflussen (Jordan15).

Resümee

Zunehmend kommen auch bei den Kollagenosen Biologika zum Einsatz. Da vor allem Autoantikörper als ursächlich schädigend vermutet werden, liegt der Focus auf B-Zell-Therapien wie Rituximab und Belimumab. Bei allen Kollagenosen ist die genaue Definition der Patientengruppe und der Outcome-Parameter entscheidend, aber schwierig. Objektivierbare (Labor-)Parameter wie z. B. Nierenfunktionswerte bei Lupusnephritis sind sehr hilfreich, aber zumeist nur bei einer Subgruppe von Patienten verwendbar. Die gegenwärtig laufenden Bemühungen, auch für Patienten mit selteneren Krankheiten geeignete Therapiekonzepte zu entwickeln, sind in ihrer Gesamtheit sehr zu begrüßen und könnten auch für Situationen mit derzeit wenigen Therapieoptionen (wie bei der SSc) neue Wege auftun.

 

1 Bertias G et al., OP00064
2 Rao K, OP0062
3 Furie R et.al., SAT 0185
4 Houssiau, SAT0192
5 Doria A, SAT 0188)
6 Saketoo LA, Seibold J, OP0001
7 Voll R, SAT0203).
8 Humrich J, SAT0165
9 von Spree C, SAT0160
10 Cinquetti G, OP0066
11 Devauchelle-Pensec V, OP0065
12 Moore OA, FRI 0243
13 Daoussis D, THU0245
14 Jordan S, FRI0265)
15 Jordan S, OP0229