Eine Impfung gegen Brustkrebs“ – was lange Zeit scheinbar unmöglich erschien, rückt in greifbare Nähe. Zum ersten Mal wird im Rahmen der ABCSG mit Stimuvax® eine Impfung zur Behandlung des Mammakarzinoms erprobt. Das Protokoll war eine Herausforderung, da es sich mit dieser MUC1-Vakzinierung im neoadjuvanten Setting um ein völlig neuartiges therapeutisches Konzept handelt. Mit der Ansprechevaluierung der Immuntherapie begibt sich die ABCSG auf wissenschaftlich unbekanntes Terrain.
Nach einem aufwändigen internationalen Auswahlprozess kann nun diese erste Impfstudie in Angriff genommen werden. Die erste Studienpatientin konnte bereits gewonnen und in die Studie eingeschlossen werden.
Völlig neues Konzept: ABCSG-34 ist eine prospektive, randomisierte, offene, 2-armige, multizentrische Phase-II-Studie, in die neu diagnostizierte Patientinnen mit primärem Mammakarzinom eingeschlossen werden. Untersucht wird erstmals ein Impfstoff, der die Ansprechrate von neoadjuvanter Chemo- bzw. Antihormontherapie verbessern soll. Zudem wird untersucht, ob und in welcher Form das Immunsystem der Patientin auf Stimuvax® reagiert.
Rund 400 Patientinnen sollen für diese Studie in ca. 20 österreichischen Prüfzentren randomisiert werden. 50 Prozent der Patientinnen erhalten zusätzlich zur neoadjuvanten Standardtherapie (Chemo- oder Antihormontherapie) den Wirkstoff L-BLP25, die andere Hälfte der Patientinnen wird ausschließlich mit der Standardtherapie behandelt.
Killerzellen aktivieren: L-BLP25 besteht aus einem MUC1-Glykoprotein, einem künstlich hergestellten Peptid. Die Impfung ruft im Idealfall eine Immunantwort auf MUC1-exprimierende Tumorzellen hervor. MUC1 wird zu über 90 % auf Mammatumoren exprimiert. Das Protein wird vor der Verabreichung in ein Liposom verkapselt. Diese liposomale Hülle fördert die Erkennungsrate des Antigens durch das menschliche Immunsystem. Bisherige Studien mit L-BLP25 an Patientinnen mit Lungenkrebs konnten nachweisen, dass das Peptid das Anbinden zytotoxischer T-Lymphozyten an Tumorzellen mit überexprimiertem MUC1 auslösen und damit das Tumorwachstum hemmen kann. Die Impfung soll also nicht nur die Wirkung der neoadjuvanten Therapie verstärken, sondern auch direkt zur Hemmung des Tumorwachstums beitragen.
Zwölf Impfungen – zweifache Wirkung: Insgesamt werden die Studienteilnehmerinnen 12-mal vakziniert. Nach einer einmaligen Infusion des Wirkstoffs Cyclophosphamid zur Anregung des Immunsystems erfolgt drei Tage später die erste Impfung. Danach werden im wöchentlichen Abstand weitere acht Impfungen verabreicht. Es folgen drei Impfungen innerhalb von jeweils 6 Wochen. Zum letzten Mal wird die Patientin in der Woche vor der Tumorresektion vakziniert. Pro Impfung werden an vier verschiedenen Körperstellen (Schulterbereich, seitlicher Bauchbereich) Injektionen des Wirkstoffs unter die Haut verabreicht.
Zusätzlich werden vor Beginn der Vakzinierung, nach der Hälfte der Therapie sowie bei der Tumorentfernung Gewebeproben entnommen, um Aufschlüsse über Tumortyp, Tumorgrading und Proliferation der Tumorzellen ermitteln zu können.
Praktisch, einfach und standardisiert: ABCSG-34 ist durch und durch hypothesengenerierend und schon dadurch eine hochspannende wissenschaftliche Herausforderung. Dazu kommt außerdem, dass das translationale Protokoll die, bislang in Österreich kaum verbreitete Messung des Residual Cancer Burden (RCB) beinhaltet. Das Residual-Cancer-Burden-Modell nach Fraser-Symmans ist eine praktisch orientierte, einfach und standardisiert durchzuführende Methode der Aufarbeitung von Gewebeproben. PathologInnen aus 15 Instituten aus ganz Österreich haben von Prof. Fraser-Symmans (MD Anderson Cancer Center/Houston) die Verarbeitung und Befundung von Mammaresektaten erlernt, um an Studie 34 teilnehmen zu können. Durch die Organisation der RCB-Workshops für teilnehmende PathologInnen aus ganz Österreich konnte ein gemeinsamer Standard geschaffen werden, der weit über ABCSG-34 hinausgeht. Das Engagement der pathologischen Community für die Studie in Österreich ist groß. Auch in Zukunft sind weitere Trainings zu RCB geplant. Ein nächstes findet bereits auf der ÖGP-Tagung im Herbst statt, zu dem alle Pathologien aus den teilnehmenden ABCSG-Zentren eingeladen sind.