Besser hinken als gar nicht weiterkommen: Man muss das Rad nicht neu erfinden: In 18 EU-Staaten werden Chlamydieninfektionen zahlenmäßig vollständig erfasst, in den meisten wird ein durch das Alter definiertes Risikokollektiv jährlich gescreent.
In Österreich gibt es weder Meldepflicht noch Screening. In Deutschland wird seit 2008 für Mädchen und Frauen bis 25 ein jährliches Screening beim Frauenarzt empfohlen und als Krankenkassenleistung finanziert.
In Deutschland werden schwangere Frauen seit 1995 laut Mutterschaftsrichtlinien auf Chlamydien getestet.
Basierend auf einer medizinischen und ökonomischen Evidenz ist das Screening auf Chlamydien und Gonokokken zum Standard in der westlichen Welt geworden, warum nicht in Österreich?
Einmal mehr stehen wir vor dem Problem, dass sich für Screening und Prophylaxe in unserem Land kein Geldgeber zuständig fühlt.
Stellungnahme der OEGGG auf Basis der S2k-Leitlinie: Umso löblicher die nun vorliegende Stellungnahme der OEGGG unter der Federführung von Prim. Univ.-Doz. Dr. Lukas Hefler, die es uns in der Praxis zumindest ermöglicht, mit guten Argumenten eine Testung anzubieten.
Bei unspezifisch symptomatischen Patientinnen handelt es sich zweifellos um eine Leistung der Krankenversicherung. Es wird daher in der Praxis äußerst schwierig sein, eine scharfe Linie zu ziehen, zumal die unspezifischen Symptome einer Chlamydieninfektion eine enorme Bandbreite aufweisen. Sie reichen vom unspezifischen Fluor vaginalis, anamnestischen Unterbauchschmerzen, rezidivierenden Urethritiden, Harnwegsinfekten bis zur postkoitalen Kontaktblutung. Salopp gesagt lässt sich praktisch immer ein kurativer Anlass finden, weshalb ich die Positionierung im Privatzahlerbereich für problematisch halte. Gleichzeitig lehrt uns aber die Haltung der Sozialversicherungsträger im Falle einer Kontrolle, dass der großzügige Umgang eher dem Vertragspartner zum Nachteil gereicht. Es wird wohl Aufgabe der regionalen Standesvertretungen sein, hier die richtige Balance zu finden und Empfehlungen auszusprechen.
Komplikationen einer Chlamydieninfektion in 40 % aller Fälle zu erwarten: Unbehandelt kann es durch eine aufsteigende Infektion zu abdominellen Entzündungen – „Pelvic inflammatory Disease“ (PID) – kommen.
Spätfolgen wie tubare Sterilität mit dem Risiko für Tubargraviditäten und chronischen Adnexitiden sind bei Nichterkennen und Nichtbehandlung niemals auszuschließen.
Der Erregernachweis erfolgt über einen einfachen Abstrich und PCR, dieser muss nicht zervikal abgenommen werden. Ein Nachweis im Urin ist ebenso möglich und für den schnellen Nachweis beim Partner empfehlenswert. In dubio kann und soll der Partner auch ohne Erregernachweis mitbehandelt werden, da die Therapie unbedingt und zum Ausschluss von Ping-Pong-Effekten unverzüglich und zeitgleich erfolgen soll.
Mit kollegialen Grüßen,
Dr. Michael Elnekheli
Ich freue mich wie immer über Ihre Kommentare und Anregungen: office(at)mein-frauenarzt.at