Definitionsgemäß handelt es sich bei LARC um Methoden, die eine Anwendung weniger oft als 1-mal pro Zyklus (bzw. Monat) notwendig machen. Man zählt dazu:
Kupferspiralen
Hormonspiralen (Mirena®)
3-Monats-Spritzen (Depocon®, Sayana®)
subdermale Implantate (Implanon NXT®)
Einer der Gründe für die Empfehlung der Experten ist die außergewöhnliche Effizienz der LARC-Methoden; wie ein rezenter Überblick aus 2011 zeigte (Abb. 1), sind Implanon NXT® und Mirena® sogar sicherer als eine Sterilisation, da es hier beispielsweise auch nicht zu Einnahmefehlern kommen kann.
Ein weiterer Grund für die Empfehlung einer breiteren Anwendung liegt in der Kosteneffizienz. Direkte längere Vergleichsstudien bezüglich der Kosten zwischen den einzelnen Methoden sind aufgrund verschiedener Umstände leider selten; eine der umfangreichsten Berechnungen (Abb. 2), die auch potenzielle Kosten ungeplanter Schwangerschaften mit einbezog, liegt bereits einige Jahre zurück. Die Relationen zwischen den einzelnen Methoden haben sich seither aber wahrscheinlich nicht dramatisch verändert und es zeigte sich, dass die gesamten 5-Jahres- Kosten bei LARC-Methoden weitaus am günstigsten sind. Und schließlich sollte noch das Faktum erwähnt werden, dass eine wesentliche Komplikation bei östrogenhältigen Kontrazeptiva, die Thrombembolie, bei reinen Gestagen-Applikationen keine oder – zumindest nach den entsprechenden Metaanalysen – eine wesentlich geringere Rolle spielt und LARC-Methoden deshalb als sehr nebenwirkungsarm angesehen werden.
Die „Gestagen only“-LARC-Methoden haben aber den entscheidenden Nachteil, dass nämlich vaginale Blutungen nicht vorhersehbar sind und üblicherweise kein regulärer Zyklus besteht. Sowohl die klinischen Studien als auch die Erfahrungen im Praxisalltag haben gezeigt, dass individuell unterschiedliche Blutungsmuster bei den Anwenderinnen auftreten. Dies können Phasen von längerer Amenorrhö oder Oligomenorrhö sein, zyk – lische oder nicht-zyklische Blutungen, aber auch verlängerte Blutungen unterschiedlicher Stärke. Dies führt teilweise zu einer erheblichen persönlichen Beeinträchtigung. Auch wenn derartige unerwünschte Zusatzblutungen nach längerer Anwendungszeit oft wieder sistieren oder sich durch therapeutische Interventionen beheben lassen, führen sie bei einigen Patientinnen zum Abbruch dieser Art der Kontrazeption.
Ursachen für irreguläre Blutungen: Die Ursachen für irreguläre Blutungen sind bisher noch nicht hinreichend bekannt. Sie scheinen das Ergebnis der Fluktuation der endogenen ovariellen Östradiolsekretion und der kontinuierlichen Einwirkung des Gestagens auf die endometrialen Drüsen, das Stroma und das uterine Gefäßsystem zu sein. Durchbruchblutungen entstehen wahrscheinlich durch abnorme endometriale Blutgefäße. Die Blutungen im normalen Menstruationszyklus stammen von Spiralarterien; bei Durchbruchblutungen während der Gestagenanwendung aber von einem – meist lokalisierten – dichten Netzwerk von kleinen, dünnwandigen, dilatierten, superfizialen Venen und Kapillaren. Es besteht eine gestörte endometriale Angiogenese mit fragilen, dünnen Gefäßwänden, ein Mangel an Perizyten, eine fehlerhafte Basalmembran, eine erhöhte Freisetzung von Zytokinen und Matrixmetalloproteinasen (MMP) sowie erhöhte Leukozytenzahlen im Endometrium.
Verschiedene randomisierte Studien zur Behandlung von Blutungsstörungen bei reinen Gestagen-Methoden liegen vor; die meisten davon betreffen das Levonorgestrel-abgebende Implantat Norplant®, das hauptsächlich in Südostasien zur Familienplanung angewandt wird.
Die Behandlung zielt dabei auf ein Anheben der vaskulären Stabilität, eine Reduktion der vaskulär destabilisierenden Substanzen und ein Verbessern der epithelialen Integrität ab. Folgende präventive und therapeutische Optionen bei Zusatzblutungen wurden untersucht:
Östrogene vs. Placebo: Östrogene induzieren die endometriale Epithelproliferation und können somit wirksam durch Gestagene bedingte verlängerte Blutungen beseitigen. Die Therapie mit 50 μg Ethinylestradiol (EE) bzw. einem Pflaster mit Estradiol (100 μg/24 Std.) über 20 Tage führte zu einer Abnahme der Zahl der Blutungstage und der Blutungsstärke. Bei vielen Frauen verlängerten sich die blutungsfreien Intervalle.
Gestagene vs. Placebo: 2-mal 1 Tablette 0,03 mg Levonorges trel (LNG) über 20 Tage bei Zusatzblutungen von mehr als 8 Tagen reduzierte die Zahl der Blutungstage signifikant.
Östrogen-Gestagen-Kombination vs. Placebo: Unter der Behandlung mit Kombinationen wie 50 μg EE + 250 μg LNG über 20 Tage oder 30 μg EE + 150 μg LNG über 21 Tage reduzierte sich signifikant die Zahl der zusätzlichen Blutungstage.
Antigestagene vs. Placebo: Die Anwendung von 50 mg Mifepriston (1 x 2 Tabletten zu je 25 mg) insgesamt 6-mal in Abständen von 28 Tagen reduzierte die Zahl der Blutungstage; in den ersten 3 Monaten ergab sich kein Unterschied zu Placebo hinsichtlich der Zahl der Blutungstage und nach 6 Monaten wurden weniger Blutungstage in der Gruppe mit Mifepriston registriert. Eine Beeinträchtigung der kontrazeptiven Wirksamkeit durch die Anwendung des Antigestagens Mifepriston ist nicht festgestellt worden. Eine prophylaktische Gabe von 100 mg Mifepriston oral jeweils 2 Tage führte ebenfalls zu einer signifikanten Reduktion der Blutungstage. Die erste Einnahme erfolgte bei der Applikation des Gestagens mit einer Wiederholung alle 30 Tage.
Nicht-steroidale Antirheumatika vs. Placebo: Studien zum Effekt von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR, NSAID) auf irreguläre Blutungen erbrachten folgende Effekte: 3-mal 800 mg Ibuprofen täglich oral über 5 Tage ergaben einen Rückgang der Anzahl an Blutungstagen; 1 x 80 mg Aspirin täglich oral über 10 Tage zeigte jedoch keinen signifikanten Effekt bezüglich der Reduktion der Zusatzblutungen.
Prostaglandinsynthesehemmer vs. Placebo: Der Prostaglandinsynthesehemmer Mefenaminsäure 500 mg (2 x 1 Parkemed® über 5 Tage) führte in einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie mit 34 Frauen zum signifikanten Rückgang der Zusatzblutungen und verlängerte wesentlich die blutungsfreien Intervalle.
SERM vs. Placebo: Die selektiven Östrogenrezeptor-Modulatoren (SERMs) stimulieren das Endometrium, nicht aber andere Gewebe. Unter dem SERM Tamoxifen trat jedoch keine signifikante Verbesserung bei irregulären Blutungen ein.
Antifibrinolytika vs. Placebo: Die Anwendung von Tranexamsäure 500 mg (2 x 1 Cyclokapron® über 5 Tage) führte nach mehreren Tagen zu einer Verminderung der Blutungsstörungen. 4 Wochen danach war jedoch der Anteil der Frauen mit Zusatzblutungen in der behandelten Gruppe (41 %) größer als in der Kontrollgruppe (24 %). In einer neueren Studie wurde ermittelt, dass die Anwendung von 3 x 1,3 g Tranexamsäure (2 x 650 mg Tbl.) während der Blutung die Hypermenorrhöen und Zusatzblutungen vermindert.
Doxycyclin vs. Placebo: Die Anwendung des Matrixmetalloproteinasen- emmers Doxycyclin (2 x 100 mg Tabletten täglich über 5 Tage) führte im Beobachtungszeitraum von 90 Tagen zu einem signifikanten Rückgang der Zahl zusätzlicher Blutungstage unter Implanon®.
Mifepriston plus Ethinylestradiol vs. Placebo: Die Gabe von 50 mg Mifepriston am ersten Tag einer Implanon®-Applikation, gefolgt von 20 μg Ethinylestradiol an den nächsten 4 Tagen führte signifikant zur Unterbindung von Zusatzblutungen. In einer nachfolgenden Studie konnten die Ergebnisse jedoch nicht bestätigt werden.
Allgemeine Empfehlungen bei irregulären Blutungen unter reiner Gestagen-Kontrazeption: Für die gynäkologische Sprechstunde wird folgende Vorgehensweise vorgeschlagen: Zunächst sollte die Beurteilung der Häufigkeit, Dauer und Stärke der Zusatzblutungen anhand eines Regelkalenders erfolgen. Weiters ist eine sonographische Beurteilung der Endometriumdicke und der Ausschluss von intrauterinen Prozessen, Endometriose u. a. zu empfehlen.
Medikamentöse Therapieempfehlung bei hohem Endometrium > 6 mm):
Chlormadinonacetat 1 Tablette über 10 Tage zusätzlich
Medikamentöse Therapieempfehlungen bei niedrigem Endometrium (≤ 6 mm):
Option 1: Ethinylestradiol 25 μg 1 x 1 Tablette über 21 Tage (ausschließlich bei Blutungen innerhalb der ersten 3 Monate der Anwendung)
Option 2: Tranexamsäure 500 mg (Cyklokapron®, 3 x 2 Tabletten über 5 Tage)
Option 3: Mefenaminsäure 500 mg (Parkemed®, 3 x 2 Tabletten über 5 Tage)
Option 4: Ibuprofen 800 mg (3 x 1 Tablette über 5 Tage)
Option 5: Kombination von Doxycyclin 100 (1 x 1 Tablette über 10 Tage plus Ethinylestradiol 25 μg 1 x 1 Tablette über 21 Tage)
Option 6: Kombination von 100 mg Doxycyclin (1 x 1 Tablette über 10 Tage plus Tranexamsäure 500 mg (3 x 2 Tabletten über 5 Tage)
Option 7: Kombination von 100 mg Doxycyclin (1 x 1 Tablette über 10 Tage plus Mefenaminsaure 500 mg (3 x 2 Tabletten über 5 Tage)
Literatur beim Verfasser