Charakteristisch für den Krankheitsverlauf sind eine kurze Anamnese mit unspezifischen Beschwerden und eine meist ungünstige Prognose. Die mediane Überlebenszeit liegt bei 3–11 Monaten, nur etwa 15 % der Patienten überleben ein Jahr nach Diagnosestellung.2 Brustmetastasen eines primären Ovarialkarzinoms sind mit einer Prävalenz von 0,03 % bis 0,6 % besonders selten.3 Wir beschreiben den Fall einer Patientin mit intramammärer Lymphknoten-Metastase als Erstmanifestation eines primären Ovarialkarzinoms 56 Monate vor Manifestation des Primärtumors.
Eine 72-jährige Patientin wurde zur Abklärung einer suspekten Läsion im inneren unteren Quadranten der rechten Brust vorstellig. Eine Quadrantenresektion wurde durchgeführt.
Intramammäre Lymphknotenmetastase: Die histologische Untersuchung ergab einen intramammären Lymphknoten mit metastatischer Infiltration durch ein niedrig differenziertes Adenokarzinom. Östrogen- und Progesteronrezeptoren waren negativ. Weitere bildgebende Untersuchungen wie Computertomografie des Abdomens und Beckens, Thoraxröntgen sowie vaginale Sonografie ergaben keinen Hinweis auf mammären oder extramammären Primärtumor. Laborchemisch wurde ein CA-125-Spiegel von 76 E/ml (Normwert bis 35 U/ml) nachgewiesen. Engmaschige Nachsorgekontrollen in 3-monatlichen Abständen vor allem im Hinblick auf die Adnexe ergaben zunächst keinen Nachweis eines Primärtumors.
56 Monate nach Auftreten der Brustmetastase wurde die Patientin aufgrund von abdominellen Schmerzen und Diarrhö erneut vorstellig. Die Computertomografie des Abdomens und Beckens ergab einen multizystischen Ovarialtumor mit irregulären Septen. Der CA-125-Spiegel lag bei 181 E/ml. Die Laparotomie zeigte einen 8 cm großen Adnextumor rechts. Dieser war mit dem Colon sigmoideum und dem Ileum adhärent. Die Gefrierschnittuntersuchung ergab ein seröses Adenokarzinom des Ovars, sodass eine abdominale Hysterektomie mit bilateraler Adnexektomie, Omentektomie und Ileumteilresektion durchgeführt wurde. Die endgültige Histologie bestätigte ein seröses Adenokarzinom des rechten Ovars mit Tubeninfiltration. Es fand sich keine Infiltration der linken Adnexe und der intraperitonealen Organe.
Um den Ursprung der intramammären Lymphknotenmetastase zu eruieren, wurden die Paraffin-Blöcke der Mamma-Läsion und des Ovarialtumors reevaluiert. Die Histomorphologie beider Tumoren war in Bezug auf ausgeprägte zytologische Atypien und Mitosen ähnlich. Unter Berücksichtigung des immunhistochemischen Profils beider Tumoren (Cytokeratin 5/6, CA-125, Wilms-Tumor 1 [WT-1] und p53 positiv; GCDFP-15/BRST-2, Östrogen-, Progesteronrezeptoren negativ)7–9 wurde schließlich die Diagnose einer Metastase durch ein serösen Adenokarzinom des Ovars gestellt.
Die Patientin erhielt eine adjuvante Chemotherapie mit 6 Zyklen Carboplatin, unter der es zu einer klinischen Remission kam. 84 Monate nach Diagnose der Brustmetastase und 28 Monate nach Diagnose des primären Ovarialkarzinoms entwickelte die Patientin eine Subileus-Symptomatik. Die Computertomographie zeigte eine peritoneale Karzinose und retroperitoneale Lymphknotenmetastasen sowie Leber- und Lungenmetastasen. Die Patientin verstarb 1 Monat später aufgrund der Tumorprogression.
Die primäre Metastasierung eines Ovarialkarzinoms erfolgt in erster Linie intraperitoneal, eine extraperitoneale Metastasierung tritt seltener auf und ist meist mit einer fortgeschrittenen Erkrankung assoziiert.4 Brustmetastasen eines primären Ovarialkarzinoms sind insgesamt sehr selten. In Autopsien wurden Brustmetastasen bei bis zu 1–3 % aller Ovarialkarzinome gefunden.5–7 Sitzenfrey8 beschrieb erstmals 1907 das Auftreten von Brustmetastasen im Rahmen eines Ovarialkarzinoms. Laifer et al.9 dokumentierten Brustmetastasen durchschnittlich 2 Jahre nach Initialdiagnose, hauptsächlich jedoch in Zusammenhang mit einer fortgeschrittenen Erkrankung. Die Prognose von Patientinnen mit Ovarialkarzinom und Brustmetastasen ist insgesamt schlecht.10 Das Überleben nach Diagnosestellung beträgt zwischen 0,5 Monaten und 3,5 Jahren.11
Beim CUP-Syndrom stellt die Erkennung des Primärtumors bzw. die Unterscheidung des Primärtumors von einer Metastase häufig eine große Herausforderung für Pathologen und behandelnde Onkologen dar. Charakteristisch sind eine kurze Anamnese mit unspezifischen Beschwerden, eine häufig fortgeschrittene Metastasierung bereits bei Diagnosestellung und ein atypisches Metastasierungsmuster.12 Bei unserer Patientin ließ das Infiltrationsmuster des intramammären Lymphknotens in erster Linie an eine hämatogene Ausbreitung denken. Dies könnte auch die Ursache für die ungewöhnliche Lokalisation der Metastase sein. Die Affinität der serösen Tumorzellen zu den follikulären Keimzentren des Lymphknotens könnte auch zu diesem ungewöhnlichen Wachstumsmuster beigetragen haben.
Fazit: Die Erkennung und Unterscheidung einer Metastase vom Primärtumor ist von großer klinischer Bedeutung, da sich v. a. die Therapie damit wesentlich ändert. Der Vergleich von morphologischen Merkmalen des Primärtumors und der Metastase, aber auch die Verwendung von immunhistochemischen Markern, sind essenziell für die Diagnosestellung und die Wahl der Chemotherapie, i. e. platinhaltig versus anthrazyklinhaltig. Eine intensive und gute Kommunikation zwischen Kliniker und Pathologen ist zur Aufklärung solch ungewöhnlicher Fälle hilfreich.