Cochrane Collaboration: „Das beste verfügbare Wissen“ für unsere Leserinnen und Leser

Man schätzt, dass es derzeit zwischen 400.000 bis 1.000.000 klinische Studien zu medizinischen Behandlungsformen gibt. Fast täglich kommen neue hinzu, deren Ergebnisse teilweise im Widerspruch zu bereits publizierten stehen. Die Bewältigung der Informationsflut stellt für praktizierende MedizinerInnen eine enorme He – rausforderung dar, zumal angesichts widersprüchlicher Ergebnisse oft nicht nachvoll ziehbar ist, auf welcher Datenbasis die Therapieentscheidung basieren soll.
Schon in den 1970er-Jahren hatte der schottische Epidemiologe Sir Archibald Leman Cochrane kritisiert, dass Studienergebnisse häufig nicht oder nur schwer zugänglich sind, nicht nach Themen geordnet auffindbar und für die Gesundheitsversorgung damit kaum verwertbar sind. So wurden zum Teil Medikamente flächendeckend verschrieben, obwohl die Nicht-Wirksamkeit oder gar den Schaden in klinischen Studien längst nachgewiesen war. Zur Überwindung dieses Missstands forderten Cochrane und andere Wissenschafter einerseits verbesserte Methoden bei der Durchführung und Veröffentlichung klinischer Studien und andererseits die bessere Auffindbarkeit dieser Veröffentlichungen.

Die Cochrane Collaboration: Um diesen Zustand zu ändern, haben sich ÄrztInnen, WissenschafterInnen und andere im Gesundheitswesen Tätige im Jahr 1992 zu einem internationalen Netzwerk zusammengeschlossen. Ziel der Cochrane Collaboration ist es, die wissenschaftliche Evidenz zu konkreten therapeutischen Fragen zu sichten, zu bewerten und allgemein verfügbar zu machen und damit allen Akteuren im Gesundheitswesen (Ärzt Innen, medizinisches Fachpersonal, aber auch PatientInnen) die Entscheidungsfindung zu erleichtern. Erreicht wird dies vor allem durch die Erstellung, Aktualisierung und Verbreitung sys tematischer „Cochrane Reviews“, die in der „Cochrane Lib rary“ (www.thecochranelibrary.com) gesammelt werden.
Weltweit arbeiten gegenwärtig ca. 25.000 Mitarbeiter an der Erstellung von Cochrane Reviews. Die Cochrane-Library umfasst mittlerweile 4.500 Reviews, weitere 2.000 befinden sich im Bearbeitungsstadium. WissenschafterInnen, die einen Cochrane Review erstellen möchten, können sich an eine von insgesamt 52 „Cochrane Review Groups“ wenden. Diese verwalten jeweils ein medizinisches Fachgebiet und sichern die Qualität der in der Cochrane Library veröffentlichten Reviews.

Aufgabe der Zentren und Zweigstellen: Die Cochrane Collaboration ist in Großbritannien als gemeinnützige Einrichtung registriert. Operativ ist die Organisation weltweit in Zentren und diesen organisatorisch zugeordnete Zweigstellen organisiert. Österreich blieb lange eines der wenigen westlichen Länder, in denen die Cochrane Collaboration noch nicht vertreten war. Erst vor kurzem, im Dezember 2010, wurde die Österreichische Cochrane-Zweigstelle (ÖCZ) am Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie der Donau-Universität Krems etabliert. Die ÖCZ wird durch eine Förderung des Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) und durch die Donau-Universität Krems finanziert und hat folgende Aufgaben:
• Schaffung der Grundlage für evidenzbasierte Entscheidungen im österreichischen Gesundheitssystem
• Unterstützung österreichischer WissenschafterInnen bei der Erstellung von Cochrane Reviews und bei der Verfügbarmachung der Reviews für die österreichische Gesundheitsversorgung und für Allgemeinheit
• Bekanntmachung der Cochrane Collaboration und ihrer Bedeutung in der Öffentlichkeit, mit dem Ziel, den Transfer von Forschungsergebnissen in die Gesundheitsversorgung und damit die Patienten in formation zu verbessern
• Organisation von Workshops für Interessierte (künftige, potenzielle) Autoren von Cochrane Reviews sowie für Mitarbeiter der Cochrane Collaboration
• erster Ansprechpartner in Österreich für Interessierte sowie für in Österreich angesi edelte Mitarbeiter der Cochrane Collaboration
• Ansprechpartner für die weltweit angesiedelten Mitarbeiter der Cochrane Collaboration und damit die Erleichterung der Kommunikation innerhalb der Cochrane Collaboration Als zusätzliches Angebot bietet die ÖCZ in Kooperation mit dem Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie Fortbildungen und Workshops zu medizinischen Themen an (detaillierte Informationen: www.cochrane.at).

*die Zusammenfassung eines aktuellen Cochrane Reviews zum Thema: „GnRHSuppression bei ART: Agonisten- oder Antagonisten-Protokoll?“ finden Sie auf Seite 42 in diesem Heft