Dazu muss man nicht einmal in die USA schauen, ein Blick nach Großbritannien, nach Spanien oder Italien reicht. Dort stießen allerdings schon vor der Krise chronisch unterfinanzierte Systeme an ihre Grenzen. In Österreich waren wir augenscheinlich besser aufgestellt.Anhand der folgenden potenziellen Qualitätsindikatoren soll die Leistungsfähigkeit des österreichischen Gesundheitssystems im internationalen Vergleich dargestellt werden:
Laufende Gesundheitsausgaben: Der Indikator laufende Gesundheitsausgaben in Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) entspricht jenem Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung eines Landes, der für Gesundheitsleistungen bereitgestellt wird. Der finanzielle Input ins System stellt eine der wichtigsten Kennzahlen für die Qualität von Gesundheitssystemen dar, aus ihm lässt sich die makroökonomische Bedeutung, die Staaten ihrem Gesundheitssystem beimessen, ableiten.Im OECD-Vergleich liegt Österreich mit einem Anteil der laufenden Gesundheitsausgaben am BIP von 11,0 % (2018) über dem OECD-Durchschnitt (= 8,8 %) (Tab. 1), wobei in den letzten 10 Jahren, bezogen auf das BIP, nur geringfügige Steigerungen zu verzeichnen waren (Tab. 2). Angeführt wird der OECD-Vergleich von den USA mit laufenden Gesundheitsausgaben in der Höhe von 16,9 % des BIP, Gründe dafür sind u. a. die in den USA sehr hohen Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie die hohen Arzt- und Spitalskosten.
Das Leistungsangebot – Pflegepersonal, medizinisches Personal, Bettendichte: Ein adäquater Versorgungsgrad mit Pflege- und ärztlichem Personal ist ein wichtiges Element jedes Gesundheitssystems. Im OECD-Vergleich liegt Österreich bezogen auf die Zahl praktizierender KrankenpflegerInnen deutlich unter, bezogen auf das ärztliche Personal deutlich über dem OECD-Schnitt (Abb.).
Weitere wichtige Indikatoren sind die Ausstattung eines Landes mit Akut- und Intensivbetten (Tab. 1).
Österreich wird in Europa, die Zahl an Akut-/Intensivbetten betreffend, nur von Deutschland überboten, zeichnet sich also im EU-Vergleich durch eine besonders hohe Versorgungskapazität im stationären Bereich (hohe Bettendichte) aus. In diesem Kontext sei festgestellt, dass bei uns für den stationären Sektor über 40 % der laufenden Gesundheitsausgaben ausgegeben werden. Besonders schlecht sieht es in Bezug auf die Zahl an Akut-/Intensivbetten in Großbritannien, Italien und Spanien aus, also in den Ländern, die von der Corona-Pandemie besonders hart betroffen waren bzw. noch immer sind.
Der „gerechte“ Zugang zu Gesundheitsleistungen: Unter gesundheitlicher Gerechtigkeit wird im Allgemeinen die (gerechte) Chance verstanden, gesund zu bleiben bzw. gesund zu werden. Politisches Ziel muss deshalb ein fairer (niederschwelliger) Zugang zu allen Ressourcen sein, die der Gesundheit dienen. Das österreichische Gesundheitssystem wird vorrangig durch Sozialversicherungsbeiträge finanziert und ist charakterisiert durch Pflichtversicherung, die 99,9 % der Bevölkerung Schutz vor einem Krankheitsrisiko bietet. Auch in den meisten anderen europäischen Ländern besteht ein ähnlich hoher Versicherungsschutz. Ganz zum Unterschied zu den USA, wo knapp 20 % der Bevölkerung (Tendenz durch zunehmende Arbeitslosigkeit steigend) nicht krankenversichert ist bzw. nur einen eingeschränkten Versicherungsschutz hat.
ABSCHLIESSEND kann also festgestellt werden, dass sich unser Gesundheitssystem vor allem auch im internationalen Vergleich bei Bewältigung der COVID-19-Pandemie bewährt hat, wofür nicht zuletzt die o. a. Qualitätsindikatoren verantwortlich sind. Nicht unerwähnt soll allerdings bleiben, dass die OECD, der Rechnungshof, aber auch politische Parteien in Österreich jahrzehntelang eine Senkung der Zahl an Akut-/Intensivbetten in unseren Krankenhäusern verlangt haben. „Überzählige Spitalsbetten“ würden jährlich 4,75 Mrd. Euro, also immerhin knapp 12 % der laufenden Gesundheitsausgaben kosten. Immer wieder wurde auf den EU-Durchschnitt hingewiesen und auf Einsparungen gedrängt. Nun hat Österreich (anscheinend) von der zögerlichen Umsetzung dieser Forderung profitiert, die hohe Zahl an Akut-/Intensivbetten hat die Folgen der Corona-Pandemie möglicherweise abgefedert. Aktuell verspricht nun der Rechnungshof: Man wolle „die Spitalslastigkeit des österreichischen Gesundheitssystems neu bewerten und den Bürgernutzen wieder mehr beachten“. Die hohe Bettendichte habe „in der Corona-Pandemie vertrauensbildend gewirkt“.