Wenn eine Frau um den Zeitpunkt der Ovulation mit mehreren Partnern Verkehr hatte, ist es oft schwierig, sich festzulegen, mit welchem Partner die Konzeption eingetreten ist. In Ausnahmesituationen (oder: in besonderen Situationen) wie z. B. nach einer Vergewaltigung, bei Erberkrankungen eines Partners oder bei Seitensprüngen in einer bestehenden stabilen Partnerschaft kann die Entscheidungsfindung zwischen zwei möglichen Partnern für die werdende Mutter sehr wichtig sein.
Je früher in der Schwangerschaft ein vaginaler Ultraschall durchgeführt wird, umso genauer lässt sich der Geburtstermin und damit das Konzeptionsdatum bestimmen. Erfolgt ein Ultraschall um die 5. Schwangerschaftswoche, so kann der Zeitpunkt der Befruchtung auf 3–5 Tage eingegrenzt werden.
In einigen Fällen ist selbst ein früher Ultraschall nicht ausreichend exakt; wird der Ultraschall zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt, ist die Genauigkeit der Bestimmung des Konzeptionstermins weiter herabgesetzt.
Wir überblicken nunmehr eine 6-jährige Erfahrung in der Durchführung des pränatalen Vaterschaftstests. Mittels Chorionzottenbiopsie (ab der 11. SSW) oder Amniozentese (ab der 16. SSW) wird Material zur Analyse fetaler DNA gewonnen. Das Risiko des Eingriffs wird in den meisten Publikationen mit 0,5–2 % angegeben, entscheidend ist aber auch die Erfahrung des Untersuchers. Weiters muss festgehalten werden, dass sich zu diesem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft die spontane Abortusrate in einer ähnlichen Prozentzahl bewegt, sodass es schwierig ist, einen eventuellen Abortus ausschließlich der Punktion zuzuordnen. Zusätzlich gibt es Konstellationen, bei denen selbst bei erfahrenen Punkteuren das Risiko erhöht ist: Adipositas, retrovertierter Uterus mit Hinterwandplazenta, zu geringes Gestationsalter u. a. m.
Pränatale Vaterschaftstests sind meist mit enormer psychischer Belastung der betroffenen Schwangeren verbunden. Die Indikationen sind weit gestreut:
Patienten und Methode: Seit dem Jahr 2006 führen wir gemeinsam mit dem Labor Confidence auf Wunsch von Privatpersonen pränatale Vaterschaftstests durch. Die Schwangere wird im Voraus immer (im Rahmen des Aufklärungsgesprächs) über mögliche Komplikationen aufgeklärt; in den meisten Fällen entscheiden sich die Frauen, aus dem Punktionsmaterial auch eine zusätzliche chromosomale Abklärung durchzuführen. Die Art des Eingriffs richtet sich nach dem Gestationsalter; ab der 11. SSW wird eine Chorionzottenbiopsie, ab der 16. SSW eine Amniozentese durchgeführt. Ein oder zwei Chorionzotten bzw. 1 ml Fruchtwasser, das abgeschilferte Zellen des Feten enthält, sind ausreichend als Grundlage für die DNA-Analyse. Dem vermeintlichen Vater wird normalerweise ein Mundhöhlenabstrich abgenommen. Mittels spezieller Lyse wird dann genomische DNA gewonnen und in die darauffolgende PCR eingesetzt.
Diese Reaktion wurde von Kary Mullis um ca. 1980 entwickelt und er erhielt dafür 1993 den Nobelpreis. Bei dieser Multiplex-PCR werden 16 DNA-Fragmente in Größen von je 100–450 Basenpaaren hergestellt und vervielfältigt. Sie markieren verschiedene STR-Bereiche (Short Tandem Repeats), die sich besonders gut für diese Untersuchung eignen, weil sie hochpolymorph sind (siehe Abb.). Sie befinden sich in Regionen der DNA, die redundante Informationen enthalten, d. h., hier sind 2–6 Basenpaare immer wiederholt, die etwa so aussehen könnten: GATA-GATA-GATA.
Die Anzahl der Wiederholungen wird nach Mendel’schen Regeln vererbt.
Das DNA-Fingerprinting wurde von Sir Alec Jeffreys ebenfalls in Großbritannien zeitgleich entdeckt: das hypervariable DNA-Muster stellt ein individuelles Identifikationssystem dar und eignet sich daher hervorragend für Forensik und die Abstammungsbegutachtung.
Jeder Fingerabdruck einer Person enthält ein charakteristisches Muster, das ein Leben lang unverfälschbar ist. Nur eineiige Zwillinge haben identische DNA-Profile und können mittels STR-Technologie bis dato nicht voneinander unterschieden werden.
Die PCR-Fragmente sind mit diversen Fluoreszenzfarbstoffen versehen, sodass sie in der Analyse von einem Laser detektiert werden können, nachdem sie in einer Kapillarelektrophorese der Größe nach aufgetrennt wurden.
Die homo- oder heterozygoten Allele werden in einer Tabelle eingetragen: der biologische Vater vererbt die Hälfte seiner Allele an sein Kind.
Je mehr STR-Marker untersucht werden, umso höher ist die Vaterschaftswahrscheinlichkeit.
12 sind vorgeschrieben, wir untersuchen 16, und zwar mit der Probe der Kindesmutter, welche ermöglicht, die obligaten väterlichen Allele zu identifizieren.
Die Vaterschaftswahrscheinlichkeit steigt auch, wenn ein in der bestimmten Population selten vorkommendes Allel vererbt wird. Sie erreicht in unserem Labor mind. 99,9999 %.
Die Vaterschaft gilt als „praktisch erwiesen“, wenn der Wert von 99,99% erreicht ist – es ist ein statistischer Wert, der nie genau 100 erreichen kann, aber bedeutet, dass dieser Mann der biologische Vater ist – Unsicherheiten können nur dann auftreten, wenn sein Bruder oder Vater auch als Putativvater in Frage kommen (das wird vorher immer abgeklärt).
Stimmen nur 3 Stellen nicht überein, so ist die Vaterschaft zu 100 % ausgeschlossen. Bei 1–2 Nichtübereinstimmungen kann es sich um die Vaterschaft des Bruders oder Vaters des getesteten Mannes handeln oder es liegt eine paternale Mutation vor, v. a. wenn es eine 1-Schritt-Mutation ist – in einem solchen Fall werden 26 Marker typisiert bzw. die Geschlechtschromosomen zur weiteren Untersuchung herangezogen: vom Vater wird das Y- an den Sohn bzw. das X-chromosomale Muster an die Tochter ident weitervererbt.
Das Ergebnis ist 2 Werktage nach dem Probeneingang verfügbar.
Egal ob die Chorionzottenbiopsie oder die Amniozentese gewählt wird, die DNA-Analyse ist ebenso verlässlich wie ein postnatal durchgeführter Test.
Ergebnisse: Seit 2006 haben wir 71 pränatale Vaterschaftstests durchgeführt, 48-mal nach Chorionzottenbiopsie, 23-mal nach Amniozentese. In 42 Fällen bestätigte sich die gewünschte Vaterschaft, in 29 Fällen war dies nicht der Fall. Dennoch haben sich die meisten Frauen für das Austragen der Schwangerschaft entschieden, sie wollten nur frühzeitig Gewissheit über den biologischen Vater haben. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass 23-mal eine Amniozentese vorgenommen wurde; dies zu einem Zeitpunkt, an dem die Fristenlösung nicht mehr möglich gewesen wäre. Knapp 90 % der Untersuchungen wurden an Frauen aus Ländern durchgeführt, in denen dieser Test nicht erlaubt ist.
Komplikationen nach Eingriffen wurden uns keine mitgeteilt.
Der Frauenarzt ist meist die erste Person, die von der werdenden Mutter kontaktiert wird, wenn es während der Empfängniszeit Verkehr mit mehr als einem Mann gab. Gemeinsam mit der Patientin versucht der Arzt dann den genauen Zeugungszeitpunkt zu berechnen, um den biologischen Vater zu ermitteln. Jedoch ist diese Methode sehr ungenau und das wissen die Beteiligten nur zu gut.
Wie sollte dies auch gehen, wenn es z. B. an einem Tag Verkehr mit zwei Männern gab? Lebenslange Zweifel an der Vaterschaft sind dann nicht ausgeschlossen. Statt ein Leben lang die Ungewissheit der Frage der Vaterschaft zu ertragen, wird die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruches ins Auge gefasst. Auch das ärztliche Gespräch kann meist keine stichhaltigen Argumente gegen einen Schwangerschaftsabbruch vorbringen, wenn eine Schwangere aus Unsicherheit über die Vaterschaft einen
solchen durchführen möchte. Der Gynäkologe sollte daher entsprechende ratsuchende und verunsicherte Frauen darüber informieren, dass es die Möglichkeit des pränatalen Vaterschaftstest gibt.
Zahlen sprechen für den Erhalt des ungeborenen Lebens: Immer mehr Frauen wissen auch aus dem Internet um die Möglichkeit eines pränatalen Vaterschaftstests und fragen den Arzt danach, dennoch lässt dessen Bekanntheitsgrad in der breiten Öffentlichkeit zu wünschen übrig. Die einzige Klarheit in dieser Situation ermöglicht der pränatale Vaterschaftstest; wenn man einen solchen Vaterschaftstest vor der Geburt ausführen lässt, kann man ganz sicher herausfinden, welcher Mann der biologische Vater ist. International erhobene Daten zeigen, dass in 80 % der „gewünschte“ Vater auch der biologische ist. Die Zahlen sprechen also ganz klar für den Erhalt des ungeborenen Lebens durch einen pränatalen Abstammungstest. Diese Zahlen werden auch durch unsere Ergebnisse bestätigt, wobei aber ein „falscher“ biologischer Vater noch lange nicht bedeutet, dass ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen wird.
In Deutschland ist der pränatale Vaterschaftstest nicht erlaubt, in Österreich, Holland oder den überwiegend katholischen Ländern Polen und Italien raten die Ärzte zu einem pränatalen Vaterschaftstest, wenn sich die Mutter unsicher ist, welcher Mann der Vater ist. Der pränatale Vaterschaftstest stellt somit eine Möglichkeit dar, einer Frau in einer verzweifelten Situation zur Seite zu stehen und sie vor dem Eingriff eines Schwangerschaftsabbruchs zu bewahren.
Nicht-invasive Option: Der nächste Schritt bei der Durchführung des pränatalen Vaterschaftstests besteht darin, dass aus dem mütterlichem Blut fetale DNA gewonnen und für die Durchführung eines pränatalen Vaterschaftstests verwendet wird. Der Vorteil liegt darin, dass damit kein invasiver Eingriff verbunden ist, der Nachteil ist, dass keine vollständige chromosomale Abklärung des ungeborenen Kindes vorgenommen werden kann. Kindliche Zellen und zellfreie DNA des Kindes gelangen in der frühen Embryogenese in den Blutkreislauf der Mutter.
Die Vaterschaft ist erwiesen, wenn die Wahrscheinlichkeit größer als 99,9 % ist, dass der getestete Mann das genetische Markerprofil des biologischen Vaters besitzt, gegenüber einer Vergleichsgruppe von 8.000 unverwandten Individuen. Er ist von der Vaterschaft zu 100 % ausgeschlossen, wenn sein Markerprofil dieses nicht aufweist.
Das Verfahren kann ab der 9. Schwangerschaftswoche mit Erfolg durchgeführt werden.
Im Vergleich zum vermutlich bekannteren herkömmlichen Vaterschaftstest post partum bietet der pränatal durchgeführte den Vorteil, dass frühzeitig Gewissheit für die Betroffenen herbeigeführt werden kann.