Die Frühschwangerschaft ist ein häufiges Thema in der gynäkologischen und geburtshilflichen Notfallambulanz, doch mit welcher Sensitivität und Spezifität der gängigen Schwangerschaftstests ist zu kalkulieren, und welche sonografischen Bilder und Beta-hCG-Werte im Serum sind in der jeweiligen Schwangerschaftswoche (SSW) zu erwarten?
Das humane Choriongonadotropin (hCG) ist ein im Synzytiotrophoblast entstehendes Glykoprotein mit zwei Untereinheiten, alpha und beta. Beta-hCG kann sowohl im Serum als auch im Harn detektiert werden. Die gängigen Schwangerschaftstests basieren auf einer Reaktion mit der b-Untereinheit des hCG im Harn.1 Das hCG kann bereits nach der Implantation im maternalen Kreislauf nachgewiesen werden, somit ca. 8 bis 10 Tage nach der Ovulation, jedoch ist mit einer deutlichen Schwankungsbreite des Zeitintervalls zwischen Ovulation und Implantation bei spontan entstandenen Schwangerschaften zu rechnen.2
Die Konzentration des hCG verdoppelt sich im Falle einer intakten intrauterinen Schwangerschaft in den ersten 30 Tagen nach der Implantation durchschnittlich alle 29 bis 53 Stunden. Die Konzentration des hCG erreicht das Maximum zwischen der 8. und 10. SSW mit Werten zwischen 60.000 und 90.0000 mIU/ml. Höhere hCG-Werte sind Anlass, eine Mehrlingsgravidität beziehungsweise gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen in Erwägung zu ziehen.2
Im Falle einer Mehrlingsgravidität zeigen sich die Serum-hCG-Werte höher als in einer Einlingsschwangerschaft, auch wenn in der Sonografie noch keine intrauterine Schwangerschaftsanlage dargestellt werden kann.3 Etwa zum Zeitpunkt der erwarteten Periode können im Mittel hCG-Werte von 239 mIU/ml im Serum und 49 mIU/ml im Harn nachgewiesen werden.2
Im Serum können laborchemisch bereits hCG-Werte ab 1–2 mIU/ml detektiert werden. Die typischen Over-The-Counter-(OTC-) Schwangerschaftstests weisen eine Nachweisgrenze von ca. 20–50 mIU/ml hCG im Harn auf.2
Unterschiedliche Daten hinsichtlich der Sensitivität und Spezifität der gängigen Schwangerschaftstests werden in der Literatur berichtet.
Die Hersteller von OTC-Schwangerschaftstests werben mit einer Sensitivität von über 99 % zum Zeitpunkt der erwarteten Periode. Einer Studie zufolge wiesen zu ebendiesem Zeitpunkt lediglich zwei der untersuchten Produkte eine Sensitivität von über 95 % beziehungsweise 80 % auf. Die übrigen untersuchten Schwangerschaftstests konnten lediglich 16 % der Schwangerschaften zu diesem Zeitpunkt nachweisen.4
Einer weiteren Studie zufolge wiesen 50 % der in Deutschland allgemein erhältlichen Schwangerschaftstests nicht die vom Hersteller beschriebene Sensitivität auf. Dies lässt sich jedoch nicht nur auf die biochemische Leistung des jeweiligen Tests, sondern auch auf die Anwendung, Testabläufe und die Gebrauchsinformationen zurückführen.5
Fermann et al. zufolge können bei Point-of-Care-hCG-Tests (POCT) Konzentrationen von über 20 mIU/ml im Harn mit einer Sensitivität von 100 % nachweisen. In einem klinischen Setting zeigte sich eine Sensitivität von 100 %, Spezifität von 99,2 %, ein PPV von 98,3 % und ein NPV von 100 % bei POCT-Schwangerschaftstests.6, 7
Ursachen für falsch negative Testergebnisse:
Falsch negative Testergebnisse können zum Beispiel durch die zu frühe Anwendung eines Tests oder Zyklusunregelmäßigkeit bedingt sein.2
Weiters können falsch negative Ergebnisse durch den sogenannten „hook-effect“ entstehen. Normalerweise wird die gesuchte Substanz, im Falle des Schwangerschaftstest Beta-hCG, zwischen zwei Antikörpern (Sandwich-Bindung zwischen einem löslichen und einem fixierten Antikörper) gebunden und kann so detektiert werden. Wenn jedoch bei einer weiter fortgeschrittenen Schwangerschaft eine sehr hohe hCG-Konzentration vorliegt, können sowohl die fixierten als auch die löslichen Antikörper saturiert werden und eine Sandwich-Bindung verhindern, was wiederum in einem falsch negativen Ergebnis resultiert.2, 7
Ursachen für falsch positive Testergebnisse:
Ursächlich für falsch positive Testergebnisse können zum Beispiel Anwendungsfehler, eine biochemische Schwangerschaft (DD sehr früher Abort) sowie exogen zugeführtes hCG sein.2
Eine Studie untersuchte Beta-hCG-Schwellenwerte, ab welchen Strukturen der intakten Frühschwangerschaft erstmals dargestellt werden können, sowie Grenzwerte, ab welchen mit einer 99%igen Wahrscheinlichkeit ebendiese Strukturen (Gestationssack, Dottersack, Embryonalanlage) sonografisch dargestellt werden können.8
Frühestens ab einem Beta-hCG-Wert von 390 mIU/ml kann ein Gestationssack, ab 1.094 mIU/ml ein Dottersack und ab 1.394 mIU/ml eine Embryonalanlage sonografisch zur Darstellung gebracht werden. Diese Werte erweisen sich als deutlich geringer als bis dato bekannte Werte.8
Hinsichtlich jener beta-hCG-Grenzwerte, ab welchen mit einer 99%igen Wahrscheinlichkeit ein Gestationssack, Dottersack und eine Embryonalanlage dargestellt werden können, werden folgende Werte definiert: Gestationssack: 3.510 mIU/ml, Dottersack: 17.716 mIU/ml, Embryonalanlage: 47.685 mIU/ml.
Die zuvor verwendenden Grenzwerte von ca. 1.500 mIU/ml hinsichtlich der Darstellung des Gestationssackes hätten lediglich 80 % der intakten Schwangerschaften detektiert, mit einem statistischen Potenzial von 20 %, eine intakte Schwangerschaft als nichtintakte Gravidität zu definieren. Jedoch steigt mit den erhöhten Grenzwerten auch das Risiko, extrauterine Schwangerschaften (EUG) erst verspätet zu diagnostizieren.8
Doch in welcher Schwangerschaftswoche ist welches Bild in der Sonografie zu erwarten, eine regelrechte Ovulation, Befruchtung und Einnistung vorausgesetzt?