Univ.-Prof. Dr. Harald Zeisler: Die Präeklampsie ist eine lebensbedrohliche Erkrankung. Sie hat eine hohe perinatale maternale Mortalität, die bei 20–25% liegt. 10–15 % aller maternalen Todesfälle stehen in Zusammenhang mit einer Präeklampsie. In Bezug auf die Epidemiologie hat es in den letzten Jahren keine wesentlichen Veränderungen gegeben.
Es gibt unterschiedliche Forschungsrichtungen und -hypothesen, etwa in Richtung Inflammation, oxidativen Stress, aber auch eine kardiovaskuläre Prädisposition, die durch die Schwangerschaft demaskiert wird. Hinsichtlich einer Assoziation mit genetischen und immunologischen Faktoren oder zum Bereich der Proteomics gibt ebenfalls eine Vielzahl an Forschungsprojekten, für die Klinik hat sich dabei aber noch nichts Relevantes an neuen Erkenntnissen ergeben.
Die generelle Risikoawareness muss sich auf die Adipositas als einen Risikofaktor richten. Durch das veränderte Lipidprofil besteht die Gefahr, dass es über die Freisetzung von freien Radikalen zu einer toxischen Schädigung des Endothels kommt; hier besteht auf alle Fälle die Möglichkeit von gegensteuernden Maßnahmen, auch im Bereich des Lebensstils. Bei anamnestischen Hinweisen empfiehlt sich eine Thrombophilie-Diagnostik mit Ausschluss eines Antiphospholipid-Syndroms, weil das doch der größte spezifische Risikofaktor ist, den man auch gut behandeln kann, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Präeklampsie kommt, umkehrt: Bei Unbehandelten sehen wir in 80–85% der Fälle ein schlechtes Outcome, mit entsprechender Therapie haben wir im selben Prozentsatz ein gutes. Eine Autoimmunerkrankung wie Hashimoto-Immunthyreoiditis als Risikofaktor ist problemlos zu detektieren und zu behandeln, bei systemischem Lupus ist dies allerdings deutlich komplexer. Ansonsten ist darauf zu achten, ob eine präexistente chronische Hypertonie oder Nierenerkrankung vorliegt oder therapeutisch gut kontrolliert ist.
Beim Ersttrimester-Screening lässt sich dann anhand unterschiedlicher Parameter die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Präeklampsie im weiteren Schwangerschaftsverlauf gut abschätzen (Abb.).
Der sFlt-1/PlGF-Quotient als Marker hat zwei große Stärken; die eine ist die Bestätigung bzw. der Ausschluss der Diagnose, die andere ist die Prognose, weil dafür ein sehr guter negativer Vorhersagewert belegt ist, nach dem man die Entwicklung einer Präeklampsie in der nächsten Woche bis zu vier Wochen ausschließen kann – auch durch unsere Erfahrungen in der Praxis gut nachvollziehbar.
Die Apherese zur Entfernung von Lipoproteinen ist bereits ein etabliertes Verfahren in der Schwangerschaft. Für die Eliminierung des antiangiogenetischen Faktors Flt-1 durch Apherese gibt es noch keine Zulassung, eine entsprechende laufende Studie dazu wurde leider durch die Pandemie massiv unterbrochen – durch die Verzögerungen sind Ergebnisse nun erst in 1–2 Jahren zu erwarten.
Ein weiterer Ansatz wäre ein Antikörper gegen Flt-1.
In der aktuellen Fassung ist als Neuerung gegenüber früheren Versionen etwa die Proteinurie kein zwingendes diagnostisches Kriterium mehr, dafür wurden Angiogenesefaktoren wie der sFlt-1/PlGF-Quotient aufgewertet. Nach meinem Wissensstand stehen keine relevanten Änderungen zur derzeit vorliegenden Fassung im Raum. Es gibt zwar laufende Studien – in eine davon sind wir selbst auch involviert –, hier gilt es jedoch noch Ergebnisse abzuwarten.