Die Eisenmangelanämie gehört mit einer Prävalenz von 20% in der Schwangerschaft und 10% post partum zu den häufigsten Problemen in der Geburtshilfe. Bei vielen Frauen lässt sich der erhöhte Eisenbedarf während der Schwangerschaft weder durch Diät ausgleichen, noch kann er aus den Eisenspeichern gedeckt werden. Neben den Ernährungsdefiziten durch inadäquate Eisenaufnahme liegt in den meisten Fällen ein Folsäure- und Vitamin-B12-Mangel vor. Eine besonders ungünstige Situation ist bei präexistentem Eisenmangel gegeben.
Tatsache ist, dass eine Eisenmangelanämie in Abhängigkeit von ihrem Schweregrad einen (bedeutenden) Risikofaktor in Bezug auf mütterliche und fetale Morbidität darstellt. Auf mütterlicher Seite stehen die typischen Anämiesymptome wie Müdigkeit, reduzierte physische und mentale Leistungsfähigkeit, Kopfschmerzen, orthostatischer Schwindel und Erschöpfung im Vordergrund, weiters besteht durch verminderte Blutreserven ein erhöhtes Risiko für Fremdblutgabe bei größerem Blutverlust sub partu. Für den Feten besteht das Risiko einer intrauterinen Wachstumsretardierung durch ungünstige Beeinflussung der Plazentaentwicklung, auch ist die Frühgeburtsrate erhöht.
Diagnostik: Als untere Grenze für den Hämaglobin-Wert im ersten und letzten Schwangerschaftsdrittel gilt ein Hb von < 11 g/dl, im mittleren Schwangerschaftsdrittel ein Hb-Wert von < 10,5 g/dl. Werden diese Grenzwerte unterschritten. so ist eine weitere Abklärung der Anämieursache vorzunehmen und eine entsprechende Therapie zu initiieren.
Zur Abklärung sollten zunächst eine Kontrolle des roten Blutbildes und eine Serumferritin-Bestimmung durchgeführt werden. Eine Serumkonzentration von 30 mcg/l Ferritin ist auch in Fällen, in denen keine Anämie vorliegt, als Hinweis auf leere Eisenspeicher anzusehen und stellt die Indikation für Eisensubstitution dar. In diesem Kontext ist anzuführen, dass die Serumferritin-Werte gegebenenfalls auch “falsch normal” beziehungsweise “falsch hoch” sein können, da Ferritin ein Akutphasenprotein ist und der Serumwert deshalb bei Entzündungsreaktionen ansteigt; in diesen Fällen empfiehlt sich die gleichzeitige Bestimmung des CRP-Wertes.
Die Therapie richtet sich nach der Anämieursache, das heißt, in den meisten Fällen besteht der therapeutische Ansatz im Ausgleich des Eisenmangels. Leichtere Eisenmangelanämien (Hb 9,0-10,5 g/dl) sollten primär mit peroraler Eisentherapie (Eisen-II-Salze oder Eisen-III-Polymaltose) in einer Dosierung zwischen 100 und 200 mg/täglich (möglichst nüchtern, fraktioniert) behandelt werden. Dies gilt auch bei leeren Eisenspeichern ohne Anämie zur Beginn der Schwangerschaft (Ferritinwert unter 30 mcg/l).
Bei oraler Therapie wird die zusätzliche Einnahme von Vitamin C empfohlen, um die enterale Eisenresorption zu optimieren. Weiters ist zu beachten, dass eine exakte Berechnung der aufgenommen Eisenmenge bei oraler Zufuhr schwierig ist, da nur 10-30% des oral zugeführten Eisens auch tatsächlich vom Darm aufgenommen werden, noch geringer ist die Resorption, wenn die Einnahme der oralen Eisenpräparate nicht nüchtern erfolgt.
Bei schlechter Verträglichkeit der peroralen Eisentherapie bzw. fehlendem Ansprechen (Hb-Anstieg um weniger als 1 g/dl innerhalb von 14 Tagen) beziehungsweise bei fehlender Compliance, Unverträglichkeit von oralen Eisenpräparaten oder schweren Formen von Eisenmangelanämie, aber auch bei Wunsch nach raschem Therapieerfolg (z. B. fortgeschrittenes Gestationsalter, Zeugin Jehovas etc.) besteht die Indikation zur intravenösen Eisenmedikation. In diesem Kontext ist allerdings zu beachten, dass die intravenöse Eisenmedikation im ersten Schwangerschaftstrimester kontraindiziert ist.
Intravenöse Eisenmedikation: Prinzipiell ist bei Fällen mit schwerer Eisenmangelanämie (Hb ≤ 8,5g/dl) und Serumferritinspiegel von unter 12 mcg/l die Indikation für eine intravenöse Eisenmedikation gegeben.
Zusammenfassend ist für die parenterale Eisensubstitution in der Schwangerschaft festzuhalten, das die Datensicherheit in Bezug auf Thrombosen und schwere allergische Reaktionen derzeit noch mangelhaft ist, im Übrigen liegen bis dato keine größeren Studien bezüglich der “fetalen Sicherheit” bei dieser Form der Medikation vor.
Im Wochenbett wird bei einem Hb-Wert < 10,5 g/dl von einer klinisch signifikanten, therapiepflichtigen Anämie ausgegangen, wobei es sich zumeist um eine Kombination aus vorbestehender Eisenmangelanämie und dem peripartalen Blutverlust handelt.
Diagnostik: Die Entscheidung bezüglich Hb-Kontrolle im Wochenbett sollte in Abhängigkeit vom Blutverlust sub bzw. post partum und des klinischen Zustandes der Wöchnerin (Symptomatik) gefällt werden. Bei Entscheidung zur Therapie sollte auch der präpartale Hb-Wert Berücksichtigung finden. Der Nadir des Hb-Wertes post partum ist etwa 48 Stunden nach der primären Plasmavolumenverteilung erreicht. Eine zusätzliche Bestimmung des Ferritinwertes im Wochenbett macht keinen Sinn, da, wie schon angeführt, Ferritin ein Akutphasenprotein ist und die Ferritinwerte deshalb postpartal “falsch normal” bzw. “falsch hoch” sein können; im Übrigen kann in praktisch allen Fällen von entleerten Eisenreserven ausgegangen werden.
Therapie: Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Anämie und dem klinischen Zustand der Wöchnerin. In der Regel wird bei leichter Anämie (Hb ≥ 9 g/dl) eine perorale Medikation mit ca. 800-200 mg Eisen-II-Salze oder Eisen-III-Polymaltose) empfohlen, bei schlechter (gastrointestinaler) Verträglichkeit der peroralen Eisengabe beziehungsweise mittelschwerer (Hb ≤ 9g/dl) beziehungsweise schwerer (Hb ≤ 8,5 g/dl) Anämie ist die Indikation zur parenteralen Eisengabe als wichtige Alternative zur oralen Eisentherapie zu überlegen. In diesem Zusammenhang ist auf eine Studie hinzuweisen, die zeigen konnte, dass es nach Einführung von parenteralem Eisen-III-Saccharat zur Anämietherapie zu einer Reduktion der Fremdblutgabe kam.
Quellen:
– Eisenmangelanämie in der Schwangerschaft und post partum. Leitlinie der Universitätsklinik für Frauenheilkunde/MUW (2010)
– Diagnostik und Therapie der Eisenmangelanämie in der Schwangerschaft und postpartal. Expertenbrief No 22, Kommission Qualitätssicherung, Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (2009)