Im Jahre 2003 veranstaltete die International Menopause Society (IMS) als Reaktion auf das im Jahr 2002 publizierte WHI-Trial (Women’s Health Initiative) einen Workshop und erarbeite ein Positionspapier. Dieses Positionspapier wurde basierend auf weiteren WHI-Publikationen und unter Einbeziehung einer Reihe anderer relevanter Studienergebnisse 2007 überarbeitet.
Das Lebensalter ist entscheidend: Im Jahre 2011 wurde nun ein Update der IMS-Empfehlungen publiziert1, wobei eingangs festgehalten wird, dass die Atmosphäre in den rund 10 Jahren seit Erstpublikation des WHI-Trials wesentlich rationaler geworden ist. Vor allem haben seither Teilergebnisse der WHI-Studie erkennen lassen, wie wichtig u. a. das Lebensalter der Patientin bei Beginn einer HRT ist: So ist bei Frauen, die jünger als 60 Jahre sind, zweifellos ein gutes Sicherheitsprofil in Bezug auf die HRT gegeben. Risk und Benefit einer HRT sind also in den verschiedenen postmenopausalen Altersgruppen durchaus unterschiedlich.
HRT individualisiert einsetzen: Festgehalten wird weiters, dass die HRT nur Teil einer Gesamtstrategie sein kann, diese hat Lifestyle-Empfehlungen in Bezug auf Ernährung, Bewegung, Lebensumstände wie Rauchen und Alkoholkonsum einzuschließen.
Im Übrigen ist die HRT zu individualisieren, sie ist auf die Behandlung der jeweils vorliegenden Beschwerden auszurichten, und bei Diskussion von präventivmedizinischen Aspekten der HRT sind die persönliche Anamnese und die Familienanamnese, weiters die Ergebnisse bestimmter Untersuchungen einerseits und die individuellen Wünsche und Erwartungen der Frauen andererseits mit einzubeziehen. Und nicht zuletzt steht eine große Auswahl an verschiedenen Hormonen und Verabreichungsformen zur Verfügung, aus diesem Grund ist auch der Ausdruck „class effect“ nicht gerechtfertigt. Allerdings, die Evidenz bezüglich Vor- und Nachteilen der verschiedenen Präparationen ist derzeit noch beschränkt.
Benefit bei vorzeitiger Menopause möglich: Fest steht jedenfalls, dass Frauen mit spontaner oder iatrogener Menopause vor dem 45. Lebensjahr, speziell aber vor dem 40. Lebensjahr, ein hohes Risiko für die Entwicklung von kardiovaskulären Erkrankungen und Osteoporose haben, im Übrigen auch für psychische Erkrankungen und Demenz. Es gibt gute Hinweise dafür, dass eine HRT geeignet ist, diese Risiken zu reduzieren. Aus diesem Grund sollte man bei Frauen mit vorzeitiger Menopause zumindest bis zum durchschnittlichen Menopausealter eine HRT durchführen. Im Übrigen wären im Dialog mit der Patientin bezüglich Risks und Benefits einer HRT nicht die Prozentzahlen bezüglich des relativen Risikos anzugeben, sondern die Absolutzahlen.
HRT nur bei Östrogendefizit: Weiters wird empfohlen, eine HRT nur bei klarer Indikation, das heißt bei Vorliegen belastender, subjektiver bzw. objektiver Symptome, die auf Östrogendefizit zurückzuführen sind, vorzunehmen. In diesem Kontext ist eine zumindest jährliche frauenärztliche Konsultation zu empfehlen inkl. klinischer Untersuchung, Update der medizinisch-individuellen Anamnese und der Familienanamnese, ev. ergänzt durch Laboruntersuchungen und Bildgebung, Diskussion des Lifestyles sowie die Erörterung von Strategien, um chronische Erkrankungen zu verhindern (bzw. zu behandeln). In Bezug auf Vornahme des Krebsabstrichs bzw. der Mammografie sind die empfohlenen Intervalle auch unter HRT einzuhalten, kurzfristigere Kontrollen sind nicht notwendig.
Dauer und Dosierung entsprechend Bedarf: Tatsächlich gibt es keine Gründe, die Dauer der Hormontherapie bei Vorliegen von Beschwerden zu limitieren, allerdings sind in jedem Fall die Vor- und Nachteile jeweils neu zu diskutieren.
Die Hormonmengen sind entsprechend den Beschwerden auszurichten, die niedrigste effektive Dosierung ist anzustreben. Bislang gibt es keine wissenschaftlichen Daten in Bezug auf die Langzeiteinnahme ultraniedriger Hormondosen in Bezug auf das Osteoporose-Risiko bzw. Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Malignome.
Zugabe von Progesteron: Bei nicht hysterektomierten Frauen sollte die Östrogentherapie durch die Gabe von Progesteron ergänzt werden. Rezente Daten zeigen außerdem, dass natürliches Progesteron und verschiedene Progestagene spezifische positive Effekte unter anderem auf Blutdruck (Drospirenon) haben, die eine Progesteron-Supplementierung auch bei Frauen mit stattgehabter Hysterektomie sinnvoll erscheinen lassen. Allerdings sollten Progestagene, die mit einem höheren Risiko für Brustkarzinom assoziiert sind bzw. negative metabolische Effekte haben, nicht verschrieben werden.
Vaginale und intrauterine Applikation: Nicht zuletzt ist festzustellen, dass niedrig dosierte Östrogene, die vaginal appliziert werden, um einer urogenitalen Atrophie vorzubeugen bzw. diese zu behandeln, zwar in geringem Maße auch absorbiert werden, aber die Hormonspiegel so niedrig sind, dass das Endometrium nicht stimuliert wird; in diesen Fällen ist die zusätzliche Gabe von Progestagenen nicht notwendig.
Weiters wird noch festgehalten, dass die direkte Abgabe von Progestagenen in der Gebärmutterhöhle (intrauterines System) geeignet ist, einen Endometriumschutz zu bieten, wobei der systemische Gestageneffekt allerdings noch niedriger ist als bei topischer vaginaler Therapie.
In Bezug auf die Androgen-Ersatztherapie wird festgestellt, dass diese Patientinnen mit entsprechender klinischer Symptomatik und Zustandsbildern einer Androgeninsuffizienz vorbehalten werden sollte. Androgen-Replacement hat allerdings durchaus positive Effekte bei Frauen mit bilateraler Ovarektomie oder Nebennierenversagen, speziell in Bezug auf Lebensqualität und Sexualfunktion.
Die einzelnen Benefits und potenziellen Risks einer HRT sind in der IMS-Empfehlung im Detail aufgelistet.