Hintergrund ist die Tatsache, dass in einigen europäischen Ländern – genannt werden Aserbaidschan, Armenien, Georgien und Albanien – nach Mitteilung des Geschlechts an die werdenden Eltern bis zu 10 % der Schwangerschaften abgebrochen werden, wenn es sich um ein Mädchen handelt. Die Geburtenrate von Mädchen geht in diesen Ländern spürbar und alarmierend zurück. Die absehbaren Folgen einer solchen Praxis sind nach Erkenntnissen des Komitees zunehmende Probleme bei der Partnerwahl, eine Zerrüttung familiärer Strukturen, eine Zunahme von Prostitution, Zwangsprostitution und Frauenhandel.
Für Ärzte in Deutschland ist das Ende 2010 in Kraft getretene Gendiagnostik-Gesetz bindend: In diesem Gesetz ist festgelegt, dass werdende Eltern das Geschlecht ihres Kindes erst erfahren dürfen, wenn die Frist für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch verstrichen ist.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Berufsverband der Frauenärzte sind alarmiert über die Zahlen, die der Europäische Rat vorgelegt hat. Sie unterstützt alle Anstrengungen, Schwangerschaftsabbrüche als Mittel für eine pränatale Geschlechtswahl zu verhindern. In einem aktuellen Rundbrief hat die Fachgesellschaft ihre Mitglieder um erhöhte Aufmerksamkeit für diese Problematik gebeten.
Für Deutschland halten die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Berufsverband der Frauenärzte in Deutschland allerdings Einschränkungen, die über die gesetzlichen Regelungen hinweggehen, nicht für durchsetzbar: Spätestens beim routinemäßigen Ultraschall in der 16./17. Schwangerschaftswoche ist in über 90 % der Fälle für geübte Untersucher das Geschlecht des Babys erkennbar. Wenn Eltern zu diesem Zeitpunkt erfahren möchten, ob sie einen Jungen oder ein Mädchen bekommen werden, dann steht aus Sicht der Fachorganisationen dieser Mitteilung nichts im Weg.
Quelle: Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und des Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF), 2011