Seit 2005 sind schriftliche Multiple-Choice-Prüfungen in Österreich zur Erlangung des Facharzttitels zu absolvieren. Die kommende Facharztprüfung wird am 30. 5. 2013 (Anmeldeschluss: 28. 2. 2013) in Innsbruck stattfinden. Wie jedes Jahr werden dabei 120 Multiple-Choice-Fragen zu Themenbereichen der Frauenheilkunde, welche im „Blueprint“ (Tab. 2) definiert sind, innerhalb von vier Stunden zu beantworten sein. Die Prüfungsgebühr beträgt derzeit pro Antritt 792,– Euro und muss vor Prüfungsantritt entrichtet werden. Die Anmeldung erfolgt online über die Homepage der Arztakademie, welche seitens der Österreichischen Ärztekammer für die Abwicklung der Facharztprüfung verantwortlich ist.
Univ.-Prof. Dr. Herbert Kiss ist Vorsitzender des 6-köpfigen fachspezifischen Prüfungsausschusses der Österreichischen Ärztekammer. Als kooptiertes Mitglied im Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) bildet er den Link zwischen der Fachgesellschaft und der Ärztekammer und ist Ansprechpartner für Fragen bezüglich der Facharztprüfung und -ausbildung. Zwischen 2007 und 2011 war er erster Schriftführer und Sekretär der OEGGG. An der Universitätsklinik der Frauenheilkunde in Wien ist Professor Kiss bereichsleitender Oberarzt mit den klinischen Schwerpunkten Risikoschwangerschaft und Infektiologie in der Gynäkologie und Geburtshilfe, deren wissenschaftliche Arbeitsgruppe er leitet.
Univ.-Prof. Dr. Herbert Kiss: Eines gleich vorweg: Wie für jede andere Prüfung muss man auch für die Facharztprüfung lernen! Man sollte sich berufsbegleitend, also während der gesamten Ausbildungszeit, mit dem Fach beschäftigen und so sein Wissen kontinuierlich erweitern. Krankheitsbilder, denen man im klinischen Alltag begegnet, sollte man für sich selbst nochmals nachlesen und so das Wissen mit den entsprechenden Lernunterlagen festigen. Am besten ist es, kontinuierlich zu lernen und kontinuierlich sein Wissen aufzubauen, egal ob man seine Ausbildung an einer Universitätsklinik oder einem Landeskrankenhaus absolviert. Für das Bestehen der Prüfung ist kein Wissen über spezifische wissenschaftliche Studienergebnisse oder über ausländische Leitlinien notwendig. Das, was man sich erwerben sollte, ist ein allgemeingynäkologisches und -geburtshilfliches Wissen, kurz: ein allgemeines Praxiswissen, damit man als niedergelassener Facharzt, egal wo, seine Patientinnen gut betreuen kann.
Die offiziellen Literaturempfehlungen sind der Homepage der Arztakademie zu entnehmen (Tab. 1). Wichtig sind auch alle Leitlinien der OEGGG, inkl. CDC (Anm.: Centre of Disease Control).
Die OEGGG-Akademie ist bemüht, für die AssistentInnen Vorbereitungskurse zu gestalten, welche berufsbegleitend sind. Mit der Übernahme der Leitung der Akademie durch Prim. Neunteufel soll nun auch die Einbindung des Facharztprüfungsausschusses und der OEGGG-Arbeitsgruppe „Facharztprüfung“ in der Gestaltung und der Themenvorgabe der Akademie erfolgen. Ziel ist, dass die Vortragenden der OEGGG-Akademie wissen, welches Wissen zur Prüfung erforderlich ist. Somit wäre es nicht akzeptabel, dass Referenten ihre eigenen Behandlungspfade propagieren, welche vielleicht empirisch zum Therapieziel geführt haben, aber erstens nicht evidenzbasiert, zweitens nicht leitlinienkonform sind.
Die Fragen selbst werden nicht unbedingt von den Vortragenden kreiert. Die Prüfungsgestaltung ist fix von der Ärztekammer vorgegeben. Es gibt einen Fragenpool, der jährlich aufgestockt wird, bzw. überarbeitet wird, aber die Vortragenden kennen die Fragen nicht! Die Vortragenden werden instruiert, wie sie vortragen sollen und wie die Facharztprüfung konzipiert ist. Die von ihnen gestellten Prüfungsfragen am Ende der OEGGG-Akademie sind aber reine Übungsfragen und keinesfalls jene Fragen, die dann zur Prüfung kommen.
Es wird kein theoretisches Hintergrundwissen gefragt. Es wird immer ein klinischer Fall geschildert, und auf diesen Fall aufbauend wird die Frage gestellt. Die Fragen sind immer praxisorientiert.
Fragensammlungen sind ganz schlecht. Es gibt keine offizielle Fragensammlung, die wird es erst dann geben, wenn über 2.000 Fragen in dem Fragenpool sind, doch davon sind wir noch entfernt. Die kursierenden Fragensammlungen sind aus dem Gedächtnis der Prüflinge wiedergegebene Fragen, die nicht unbedingt falsch sind, bei denen oft die entscheidenden Worte fehlen! Nachdem es aber bei den Fragen immer nur eine richtige Antwort gibt, kann die Frage schnell falsch beantwortet werden, wenn genau dieses eine entscheidende Wort übersehen wird. Meiner Meinung nach ist es nicht notwendig, aus den Fragensammlungen zu lernen, die überhaupt keine Relevanz haben und möglicherweise falsch sind.
Ja.
Nein. Die Themen sind im „Blueprint“ (Tab. 2) aufgelistet und werden jedes Jahr in gleicher Verteilung abgefragt, ohne jegliche Schwerpunktsetzung. Der Blueprint wird gerade überarbeitet und es erfolgen kleine Änderungen, wie zum Beispiel die Zuordnung der Pränataldiagnostik (derzeit Kapitel 4.1) zum Geburtshilfe-Kapitel .
Am besten wäre es am Ende der gesamten Ausbildungszeit. Die Arztakademie setzt mindestens 56 Ausbildungsmonate im Fach (inkl. Gegenfächer) zum Zeitpunkt der Anmeldung, spätestens aber zum Anmeldeschluss, voraus.
Der einzige Vorteil ist, dass man sich die Gegenfächer in Deutschland erspart. Der Nachteil des deutschen Prüfungsmodus besteht darin, dass jede mündliche Prüfung schwer objektivierbar ist. Die österreichische Facharztprüfung, welche unter juridisch-rechtlichen Rahmenbedingungen abläuft, ist aber für alle gleich und wird fair und anonymisiert ausgewertet, ohne emotionale oder sonstige Einflüsse. Es müssen mindestens 70 % der Fragen richtig beantwortet sein, sodass man die Prüfung positiv besteht. Die Durchfallquote insgesamt sollte jedenfalls nicht mehr als 10 % betragen, sonst muss ein schriftliches Statement vom Prüfungsausschuss abgegeben werden.
Revolution muss von unten ausgehen. Die Jugend muss dynamisch sein, Druck erzeugen können, und nur so kann sich etwas nach deren Wünschen und Vorstellungen verändern!