Aromatasehemmer der 3. Generation sind dem Antiöstrogen Tamoxifen sowohl in der adjuvanten als auch palliativen, endokrinen Therapie des Hormonrezeptorpositiven Mammakarzinoms bei postmenopausalen Frauen überlegen. Sie weisen überdies zumeist ein insgesamt günstigeres Verträglichkeitsprofil auf. Während unter dem Antiöstrogen Tamoxifen vermehrt Thromboembolien, Hitzewallungen und gynäkologische Ereignisse – einschließlich Endometriumkarzinome – auftreten, werden unter einer adjuvanten Aromatasehemmer-Behandlung gehäuft Arthralgien und osteoporosebedingte Frakturen beobachtet, wobei die modernen Aromatasehemmer Anastrozol, Letrozol und Exemestan teils unterschiedliche Nebenwirkungsprofile aufweisen.
Probleme Compliance: Langfristige Therapien, deren Nutzen für den Patienten nicht direkt spürbar ist, sind von einer schlechten Compliance betroffen, vor allem, wenn noch belastende Nebenwirkungen hinzukommen. Deshalb ist es wichtig, die Frauen zu Beginn der Aromatasehemmer-Therapie sorgfältig darüber aufzuklären, dass Gelenkbeschwerden auftreten können, diese aber z. B. durch Änderungen der Lebensgewohnheiten oder Medikamente in den meisten Fällen gut behandelbar sind.
Maßnahmen bei leichten Gelenkschmerzen: Die Arbeitsgruppe Arthralgien, die sich aus Vertretern einer Reihe deutscher Kliniken und Institute, des Berufsverbandes und nicht-universitärer Einrichtungen zusammensetzt, hat einen Behandlungsalgorithmus für Aromatasehemmer-assoziierte Arthralgien erstellt (Abb.). Der Stufenplan wurde auf Grundlage von standardisierten Therapiestrategien beim Management von peripheren Schmerzen entwickelt. Ziele der Maßnahmen sind ausreichende Schmerzkontrolle und Aufrechterhaltung der physiologischen Funktionen des Bewegungssystems. Bei geringeren Gelenkschmerzen sollte die Patientin – sofern angezeigt – ermutigt werden, ihren Lebensstil zu ändern. Insbesondere sollte bei Übergewicht eine Gewichtsreduktion angestrebt werden sowie bei Bewegungsmangel eine regelmäßige sportliche Bewegung. Außerdem sollten Betroffene darauf aufmerksam gemacht werden, dass physiotherapeutische Maßnahmen wie beispielsweise Massage, Akupunktur und Akupressur die Beschwerden lindern können. Auch einfache Analgetika können bei leichten Schmerzen hilfreich sein.
Schmerztherapie bei moderaten und starken Gelenkschmerzen: Wichtig ist in diesen Fällen das Erreichen einer schnellen und sicheren Schmerzlinderung, um nicht die Compliance der Mammakarzinomtherapie zu gefährden. Bestehen keine Kontraindikationen, kann ein traditionelles nicht-steroidales Antirheumatikum (tNSAR) wie z. B. Ibuprofen (z. B. Brufen®) oder ein Cyclooxygenasehemmer-2-selektives NSAR (z.B.Celebrex®) initial eingesetzt werden. Gelingt damit eine ausreichende Beschwerdelinderung, wird die Dosis bis zur tatsächlich benötigten Tagesdosis abgesenkt. Bestehen Kontraindikationen gegen tNSAR und COX-2-Hemmer oder sind beide Medikationen nicht wirksam, kann eine Kombinationstherapie eines NSAR mit einem schwachen Opioid, so z. B. Tramal®, versucht werden. Reicht diese Schmerztherapie nicht aus, kann das schwache durch ein stärkeres Opioid ersetzt werden. COX-2-Hemmer sind bei gastrointestinalen Risikopatientinnen anstelle der tNSAR die 1. Wahl. Wenn COX-2-Hemmer kontraindiziert sind, können tNSAR bei gastrointestinalen Risikopatientinnen mit Protonenpumpenhemmern (PPI) kombiniert werden. Bei Patientinnen mit kardiovaskulären Risiken muss das Nutzen- Risiko-Verhältnis einer tNSAR- oder COX-2-Hemmer-Therapie sorgfältig abgewogen werden.
Umstellen der endokrinen Therapie bei unzureichender Schmerztherapie: Wenn die bislang aufgeführten Behandlungsschritte nicht die gewünschte Schmerzlinderung bringen, kommt ein Umstellen der endokrinen Therapie in Betracht: So kann z. B. ein Wechsel vom steroidalen Aromatasehemmer Exemestan zu einem nicht-steroidalen Aromatasehemmer (Letrozol oder Anastrozol) bzw. umgekehrt zur Linderung der Gelenkbeschwerden führen. Die Umstellung eines Aromatasehemmers auf eine anderen führt bei über 50% der Betroffenen zu einer Beschwerdebesserung. Gegebenenfalls ist auch eine Umstellung von einem Aromatasehemmer auf Tamoxifen zu überlegen.
Am COMPACT-Programm nehmen 3.212 postmenopausale Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom im Frühstadium, die nach Operation, ggf. Radio- und/oder Chemotherapie aufgrund der Entscheidung des Tumorboards seit 3-6 Monaten Anastrozol einnehmen, und zwar “upfront” oder nach einer vorangegangenen 2- bis 3-jährigen Tamoxifen-Therapie (“switch”). An der Untersuchung beteiligen sich rund 700 Brustzentren, spezialisierte Kliniken sowie niedergelassene Gynäkologen und Onkologen. Die Laufzeit des COMPACT-Programms beträgt maximal 15 Monate.
Primäre und sekundäre Studienziele: Primär erfasst das COMPACT-Programm das Auftreten und die Charakteristik von Arthralgien im ersten Jahr einer Anastrozol-Therapie und bestimmt das Verhältnis von Compliance und den skalierten Angaben zu Arthralgien. Die Auswertung erfolgt getrennt nach dem Modus der Anastrozol-Therapie (“upfront” bzw. “switch”). Sekundär wird untersucht, welche Zusammenhänge zwischen der Ausprägung der Arthralgien und dem Compliance-Grad bestehen.
Die ergriffenen Maßnahmen zur Behandlung der Arthralgien werden aufgelistet und ihre Kosten bestimmt. Untersucht wird, ob es Faktoren gibt, die ein Auftreten der Arthralgien begünstigen. Außerdem soll ermittelt werden, ob es Faktoren gibt, die die Compliance der endokrinen Therapie fördern.
Die COMPACT-Studie stellt eine inhaltliche Ergänzung zum PACT-Programm dar. Während in PACT die Compliance direkt im Fokus der Untersuchung steht, sind es im COMPACT-Programm die Aromatasehemmer-assoziierten Arthralgien, die vermutlich maßgeblich die Compliance beeinflussen können.
Die Erkenntnisse aus beiden Untersuchungen – PACT und COMPACT – werden dazu beitragen, ein größeres Verständnis für das praxisrelevante Problem der Therapietreue in der adjuvanten endokrinen Mammakarzinom-Behandlung zu erlangen.