Österreich ist mittlerweile das einzige Land Europas, in dem die Impfkosten nicht refundiert werden. Daraus resultieren enttäuschende Durchimpfungsraten von 2 bis 5 % (je nach Bundesland). Ein Ländervergleich macht es deutlich: z. B. 90 % in Australien, 40 % in Deutschland.
Ruanda und Bhutan (wahllos herausgegriffene Beispiele) haben wie viele andere Länder mit vergleichsweise niedrigem Sozial- und Gesundheitsbudget ein ehrgeiziges Impfprogramm.
Während man sich in vielen Bereichen der Vorsorgemedizin bereits Gedanken darüber macht, wie man Migranten durch spezielle Angebote zur Teilnahme an kostenlosen Programmen (Impfprogramme, Krebsvorsorge etc.) motiviert, ist für das Thema HPV-Impfung noch nicht einmal die grundlegendste Voraussetzung, nämlich eine Refundierung der Impfkosten geschaffen.
Nationale und internationale Erhebungen zeigen, dass Migranten ein erhöhtes Risiko für impfpräventable Erkrankungen haben. In Österreich leben 15 % aller Menschen mit Migrationshintergrund, also eine gesundheitsökonomisch relevante Population.
Im Falle der HPV-Impfung wäre bei hohen Durchimpfungsraten eine Herdenimmunität zu erzielen, die in einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen ohne Förderung ausbleiben muss.
Der generell erschwerte Zugang von Migrantinnen zu präventivmedizinischen Angeboten aufgrund sprachlicher, kultureller Barrieren und niedrigem Bildungsstatus scheinen im konkreten Fall ein deutlich geringeres Problem als die sozioökonomischen Hürden darzustellen.
Österreichische Wissenschaftler spielten von Anfang an eine bedeutsame Rolle.Professor Kirnbauer im AKH Wien schafft mit „Virus-like Particles“ die Basis für einen Impfstoff, der 15 Jahre später auf den Markt kommt. Zulassungsstudien für den quadrivalenten Impfstoff werden im Wiener AKH als größtem europäischen Studienzentrum durchgeführt. Österreich ist das erste Land mit einer Impfempfehlung für Mädchen und Buben. Die erste HPV-Impfung außerhalb von Zulassungsstudien wird in Österreich durchgeführt.
Präventionsmaßnahmen ohne bestimmten Anlass sind eine schwierige Herausforderung. Stott und Davies prägten 1979 den Primary-Health-Care- Begriff „opportunistische Gesundheitsförderung“ und meinten damit, dass Vorsorgeempfehlungen dann besonders greifen, wenn man die Folgen der Nichtprävention in irgendeiner Weise bereits erfahren hat. Im Falle von HPV wäre es die Erfahrung und Auseinandersetzung mit einem auffälligen Pap-Befund. Bedauerlicherweise ist das nun nicht der idealste Zeitpunkt, über eine Impfprävention nachzudenken, aber im Sinne der beschriebenen opportunistischen Gesundheitsförderung ein dringend wahrzunehmender Anlass, weil dadurch auch das Umfeld der Betroffenen fakultativ angesprochen wird.
Für die gegenwärtige, höchst bedauerliche Situation der HPV-Impfung in Österreich bleibt nur der hoffnungsvolle Spruch: „Man kann alles verzögern, aber nichts verhindern.“