Nationales Brustkrebs-Früherkennungs-Programm: Zielsetzung und Ablauf

Die Mammografie ist die Standarduntersuchung der bildgebenden Verfahren zur Brustkrebs- Diagnose. Im Jahr 2009 wurden österreichweit Mammografien und Sonografien im Wert von rund 55,0 Mio. Euro durchgeführt. Davon waren 16 % Vorsorgeuntersuchungs-Mammografien und 84 % kurative (diagnostische) Mammografien. Schätzungen gehen allerdings davon aus, dass in den kurativen Leistungen zwischen 80 % und 90 % Mammografien zu Früher kennungszwecken enthalten sind. Betrachtet man die abgerechneten Sonografien im Jahr 2009, so wurden Sonografien im Wert von rund 10,8 Mio. Euro durchgeführt.

Beschlusslage: Die Bundesgesundheitskommission beschloss 2009 die Entwicklung eines österreichweiten Mammografie-Screening- Modells. Als inhaltliche Basis wurde von der Gesundheit Österreich GmbH/Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen (GÖG/BIQG) ein Bundesqualitätsstandard1 erstellt, für den sowohl die Europäischen Leitlinien2, die derzeitigen strukturellen Voraussetzungen sowie die Erfahrungen und Erkenntnisse der bisher durchgeführten Pilotprojekte zum Mammographie-Screening Austria berücksichtigt wurden. Parallel dazu wurde seitens des Competence Centers Integrierte Versorgung der Sozialversicherung (CCIV) in enger Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Ärzteschaft und Sozialversicherung ein Umsetzungskonzept erarbeitet. Basierend auf diesen Dokumenten wurde 2011 die Implementierung des Programms beschlossen und die Gesamtprojektleitung an das CCIV übertragen.

Ziele: Die Ziele des Qualitätsstandards zur Brustkrebsfrüherkennung orientieren sich an den übergeordneten Zielen der European Guidelines for Quality Assurance in Breast Cancer Screening and Diagnosis und sollen deren Erreichbarkeit in medizinischer und organisatorischer Hinsicht sicherstellen:

  • Früherkennung von Karzinomen in einem nicht-invasiven bzw. metastasenfreien Stadium und dadurch Senkung der Brustkrebssterblichkeit
  • Erhöhung des Anteils an brusterhaltenden Operationen
  • verbesserte Heilungschancen und schonendere Therapieverfahren
  • Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen durch ein standardisiertes und qualitätsgesichertes Abklärungsverfahren, um unnötige medizinische Eingriffe zu vermeiden
  • Information und Mobilisierung der anspruchsberechtigten Zielgruppe

Hinsichtlich der Qualitätssicherung der Strukturen und Prozesse sind ebenfalls Ziele definiert:

  • Einsatz digitaler Mammografie-Geräte und Sicherstellung der technischen Qualität
  • Teilnahme an Schulungsprogrammen für alle beteiligten medizinischen Berufsgruppen
  • Sicherstellung einer ausreichenden Erfahrung der beteiligten medizinischen Berufsgruppen durch Einhaltung definierter Fallzahlen
  • effizientes Datenmanagement innerhalb der Versorgungskette, um eine Programm- Evaluierung zu gewährleisten
  • Aufbau eines flächendeckenden Brustkrebsregisters

Eckpunkte des nationalen Brustkrebs-Früherkennungs-Programms:

  • Zielgruppe und Einladungsintervall: Jede Frau zwischen 45 und 69 Jahren, die den festgelegten Einschlusskriterien entspricht, erhält mit Erreichen des Anspruchsalters und danach in einem 2-Jahres-Intervall eine persönliche und schriftliche Einladung. Das Untersuchungsintervall beträgt somit grundsätzlich 24 Monate (Abb.). Die Einladung gilt im Rahmen des Früherkennungs-Programms als Berechtigungsschein und kann ohne zuweisende/-n Ärztin/Arzt in Anspruch genommen werden. Frauen aus der Zielgruppe, deren letzte Früherkennungs- Mammografie in den letzten 24 Monaten stattgefunden hat, können die nächste Mammografie im Rahmen des Programms wieder frühestens 24 Monate nach dieser Früherkennungs-Mammografie in Anspruch nehmen. Frauen im Alter von 40 bis 44 Jahren und von 70 bis 75 Jahren werden nicht aktiv eingeladen, haben aber weiterhin die Möglichkeit, in einem Intervall von 24 Monaten am Früherkennungsprogramm teilzunehmen. Die Einbindung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte erfolgt über die Befundübermittlung. Frauen mit klinischen Symptomen oder einer familiär erhöhten Disposition haben über Zuweisung durch die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt Anspruch auf eine kurative Versorgung.
  • Befundungsprozess:
    • unabhängige Doppelbefundung
    • bei medizinischer Notwendigkeit kann unmittelbar im Anschluss an die Mammografie bei Dichtegrad ACR 3 und 4 sowie bei suspektem Befund ein Ultraschall durchgeführt werde
    • bei divergierendem Befundungsergebnis findet eine Konsensusbefundung durch Erst- und Zweitbefunder statt
  • Strukturelle und organisatorische Voraussetzungen:
    • zentrales Einladungsmanagement durch die Sozialversicherung
    • persönliches Einladungsschreiben gilt als Berechtigung zur direkten Inanspruchnahme
    • jährliche Mindestfrequenz von 2.000 Frauen pro Befunder bzw. Befunderin und pro Standort
    • positive Absolvierung einer Fallsammlung als Einstiegsvoraussetzung
    • laufende Aus- und Weiterbildung für Radiologietechnologinnen und Radiologietechnologen und Radiologinnen und Radiologen
    • Einsatz von ausschließlich digitalen Geräten
    • technische Qualitätssicherung
    • standardisierte Dokumentation im extra- und intramuralen Bereich
    • sämtliche Qualitätsanforderungen gelten als Voraussetzungen für die Leistungserbringung und sind auf alle Mammographien
    • unabhängig ob im Rahmen der Früherkennung oder kurativ und sowohl für Erst- als auch Zweitbefunderin bzw. -befunder anzuwenden

Derzeit wird mit Hochdruck an der Implementierung des Programms gearbeitet, um den geplanten Start im Frühjahr 2013 zu realisieren. Dies bedeutet, dass die notwendigen strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen wie z. B. der Aufbau eines entsprechenden Einladungssystems sowie eines Dokumentationssystems, die Umsetzung eines Zertifizierungs- und Qualitätssicherungssystems, Schulungsangebote, die Organisationsstruktur des Programms etc. geschaffen werden müssen. Ab Oktober 2012 sollen die ersten Schulungen angeboten werden und die Zertifizierung beginnen.

 

 

 

Mit freundlicher Unterstützung des CCIV (Competence Centers Integrierte Versorgung) der Sozialversicherung

  1. Qualitätsstandard zum Programm Brustkrebs-Früherkennung durch Mammographie-Screening sowie zur Durchführung diagnostischer Mammographien (GÖG/BIQG 2011)
  2. European Guidelines for Quality Assurance in Breast Cancer Screening and Diagnosis, Fourth Edition (Perry et al., 2006),