Die Implementierung des EU-Modells hätte zweifellos weitreichende Folgen für Österreich gehabt, nicht zuletzt bestanden auch Zweifel an der Effektivität. So wären entsprechend Expertenmeinung durch Wegfall der zusätzlichen Mamma – sonographie rund 15 % der Mammakarzinome nicht mehr erkannt worden. Ganz abgesehen davon ginge durch Zentralisierung der Untersuchungen in wenigen Zentren der persönliche Kontakt mit den Patientinnen verloren. Zusammen fassend wäre also durch Implementierung des EU-Programms ohne Anpassung an die österreichischen Gegebenheiten eine deutliche Verschlechterung des derzeit in Österreich üblichen, opportunistischen Brustkrebs-Screenings zu erwarten gewesen.
Im Februar schrieb der Vorsitzende der Bundesfachgruppe Radiologie der österreichischen Ärztekammer, Dr. Franz Frühwald, an seine KollegInnen: „Wir haben in 26 Verhandlungsrunden versucht, den Hauptverband davon zu überzeugen, dass das derzeitige Programm in Österreich mit Mammographie, liberal gesetztem Ultraschall und Tastuntersuchung sowie persönlicher Betreuung der Frauen dem EU-System deutlich überlegen ist.“ Unter Hinweis auf das Fehlen von wissenschaftlicher Evidenz wurde zwar vorerst diesen Einwänden nicht Rechnung getragen, tatsächlich konnten aber die Ergebnisse der Pilotprogramme in Tirol und Salzburg doch nicht außer Acht gelassen werden. Diese hatten eindrucksvoll das Funktionieren des aktuellen Systems in Österreich belegt.
Das nunmehr geplante Modell sieht vor, dass
• künftig alle Frauen zwischen dem 45. und 69. Lebensjahr alle 2 Jahre eine schriftliche Einladung zur Mammographie erhalten (eine ärztliche Überweisung ist nicht erforderlich),
• Frauen zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr sowie über 69 Jahren von sich aus (d. h. ohne Einladung) eine Mammographie veranlassen können,
• die Institution, in der die Mammographie durchgeführt wird, selbst gewählt werden kann, • jede Mammographie doppelt, d. h. von zwei unabhängigen Radiologen, befundet
• und bei dichtem Brustgewebe oder auffälligem Befund unmittelbar im Anschluss an die Mammographie eine Sonographie angeschlossen wird.
Nach 18 bzw. 24 Monaten erfolgt abermals eine Einladung zum Screening. Und nicht zuletzt gelten für die teilnehmenden Radiologen strenge Qualitätskriterien: Das betrifft die technische Ausstattung, das Personal sowie die laufende Weiterbildung.
ZUSAMMENFASSEND ist festzustellen, dass sich das vorgesehene Nationale Brustkrebs-Früherkennungs-Programm zwar grundsätzlich an den EU-Guidelines orientiert, diese wurden jedoch den österreichischen Gegebenheiten angepasst; so u. a. beim Zugangsalter, im Bezug auf Mammapalpation/Ultraschall, und nicht zuletzt wurde die Zahl der jährlich durchzuführenden Mammographien an die österreichische Situation adaptiert: Statt der von der EU geforderten 5000 Mammographien (insgesamt wären nur 20 Zentren vorgesehen gewesen) hat man sich auf 2000 Mammographien pro Zentrum jährlich geeignet. Vor dem geplanten Start 2012/2013 sind allerdings noch Details zu klären, so vor allem Datenschutzprobleme, denn alle Untersuchungen werden in einem zentralen Register gesammelt, dokumentiert und ausgewertet.