Die konventionelle Chemotherapie beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom ist zwar wirksam, jedoch durch individuelle Faktoren bestimmt und bewirkt insgesamt nur eine geringe Verlängerung des Gesamtüberlebens. Zum limitierenden Faktor in der Behandlung des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms kann manchmal die beträchtliche Toxizität der lang dauernden platinhältigen Therapie werden.
Trabectedin (Yondelis®) stellt seit dem letzten Jahr eine Alternative in der Behandlung von platinsensitivem Ovarialkarzinom in Kombination mit liposomalem Doxorubicin dar. Der genaue Wirkungsmechanismus dieses neuen Medikaments ist bis dato unklar und beruht höchstwahrscheinlich auf einer durch Sauerstoffradikale hervorgerufenen DNA-Schädigung mit anschließendem programmierten Zelltod. Die Daten von Monk et al. zeigen eine weitere Behandlungsoption bei dieser Tumorerkrankung auf.
Die weitere Entwicklung wird allerdings durch die neuen, molekular gezielten Therapien, wie bereits bei anderen Tumorarten etabliert, vorgegeben. Hierzu ist ein Verständnis der Biologie sowie der Pathogenese dieser Erkrankung notwendig, wie sie uns erst in den letzten Jahren ermöglicht wurde. Bei den neuartigen Therapieansätzen ist die Antiangiogenese eine der am besten untersuchten. Unter Antiangiogenese versteht man eine gezielte Hemmung der Gefäßneubildung, die der Tumor zum weiteren Wachstum benötigt. Diese wird meist durch einen Eingriff in den VEGF-Signaltransduktionsweg erreicht.
Bevacizumab (Avastin®) ist ein monoklonaler VEGF-Antikörper, welcher derzeit bereits mit Erfolg in der Therapie des Kolorektalkarzinoms, Bronchialkarzinoms, Mammakarzinoms und des Nierenzellkarzinoms eingesetzt wird. Bevacizumab konnte beim Ovarialkarzinom als Monotherapie in mehreren Phase-IIStudien Ansprechraten von 16–20 % vorweisen, wobei jedoch zusätzlich eine Stabilisierung der Krankheit in bis zu 60 % der Fälle berichtet wurde. Intensiv untersucht wird derzeit die Rolle von Bevacizumab als Kombinationspartner zusammen mit den üblichen Chemotherapeutika, wobei eine Kombination aufgrund der unterschiedlichen Wirkungsmechanismen und Nebenwirkungsprofile besonders interessant wäre.
Zwei große Phase-III-Studien (ICON7, GOG218) untersuchten in einem 2- bzw. 3-armigen Studiendesign Bevacizumab in Kombination mit Carboplatin/Paclitaxel. Dabei stellte sich heraus, dass eine Kombinationstherapie mit Bevacizumab und Carboplatin/ Paclitaxel gefolgt von einer Bevacizumab-Erhaltung gegenüber der Standardtherapie Carboplatin/Paclitaxel eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens bietet. Diese mit Spannung erwarteten Daten wurden 2010 erstmals im Detail präsentiert und definieren einen neuen Standard in der medikamentösen Behandlung des Ovarialkarzinoms.
Valatinib: Eine weiteres potenztielles Ziel einer Anti-VEGF-Therapie ist der VEGF-Rezeptor. Valatinib (PTK787), ein Mitglied der Tyrosinkinasefamilie, ist ein potenter Inhibitor von VEGFR, der bereits in Phase-III-Studien bei Patienten mit Kolorektalkarzinom einen signifikanten Einfluss auf das progressionsfreie Überleben hatte. Die präklinischen Daten beim Ovarialkarzinom lassen auf die Wirksamkeit von Valatinib bei diesem Malignom hoffen.
Die genetische Prädisposition ist bei Ovarialkarzinomen häufiger als bei allen anderen Tumoren des Erwachsenenalters. Deutlich über 10 % aller Ovarialkarzinome beruhen auf einer Keimbahnmutation in Tumorsuppressorgenen, ein Großteil davon auf Mutationen in BRCA-1. Die Forschung der letzten Jahre konnte zeigen, dass die von den BRCA-Genen kodierten Proteine vorwiegend in die Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen involviert sind. Sind in der Tumorzelle dann beide Allele ausgeschaltet, hilft sich die Zelle mit alternativen DNA-Reparaturmechanismen, die ein Enzym namens PARP-1 benötigen. Wird dieses jetzt mit einem Inhibitor ebenfalls ausgeschaltet, ist es der Tumorzelle zuviel und sie geht in Apoptose. PARP-1-Inhibitoren sind derzeit in klinischen Phase-II-Studien und zeigen beeindruckende Erfolge bei Ovarialkarzinomen von BRCA-1-Mutationsträgerinnen.
AUSBLICK: Das epitheliale Ovarialkarzinom wird jährlich bei über 190.000 Frauen weltweit neu diagnostiziert und ist der gynäkologische Tumor mit der höchsten Mortalität. Es handelt sich hierbei jedoch morphologisch sowie biologisch um eine heterogene Erkrankung, deren Pathogenese weitgehend unbekannt ist. Alle histologischen Subtypen werden derzeit nach einem Behandlungsprotokoll therapiert, obwohl es sich hierbei wahrscheinlich um eine Gruppe von genetisch verschiedenen Erkrankungen handelt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt konnten mit Hilfe von Genexpressionsanalysen bereits einige Merkmale der einzelnen Ovarialkarzinome beschrieben werden und es ist zu hoffen, dass zukünftige Studien diese Daten zum Einsatz einer gezielten und patientenorientierten Diagnos – tik und Therapie nutzen können. Die hier angeführten neuen Therapieansätze sind nur die ersten Vorboten des Zeitalters einer modernen, individualisierten und molekular gezielten Medizin, deren Zeugen wir in den nächsten Jahren werden können.