Die von der Österreichischen Gesellschaft für Senologie (ÖGS) im April 2012 angenommene Leitlinie wurde von ExpertInnen mit besonderer Berücksichtigung der aktuellen EUSOMA-Kriterien (European Society of Breast Cancer Specialists) erstellt. Sie soll die Betreuung von Frauen mit einem erhöhten Lebenszeitrisiko für Brust- und/oder Eierstockkrebs standardisieren und vereinfachen.
Die Leitlinie empfiehlt den Einsatz der Magnetresonanz (MRT) der Brust – als sensitivste bildgebende Untersuchung – für dieses Früherkennungsprogramm. Aktuelle Studienergebnisse zeigten, dass Tumoren mit der MRT rund doppelt so häufig erkannt werden wie etwa mit jährlichen Mammografien oder regelmäßigen Ultraschall-Untersuchungen.
Nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Strahlenbelastung wird daher die Brust-MRT von Fachgesellschaften bereits ab dem 25. Lebensjahr empfohlen. Eine Mammografie (MG) wird bei Hochrisikopatientinnen erst ab dem 35. Lebensjahr empfohlen. Grund dafür sind die erhöhte Strahlensensibilität sowie das dichtere Drüsengewebe, aufgrund dessen die Brust jüngerer Patientinnen eingeschränkter beurteilbar ist.
Die in Österreich für Hochrisikopatientinnen empfohlenen Früherkennungsuntersuchungen sind in der Tab. zusammengefasst.
Eine vorbeugende Brustentfernung (prophylaktische bilaterale Mastektomie, PBM) und vorbeugende Eierstockentfernung (prophylaktische bilaterale Salpingoovarektomie, PBSO) in der Risikogruppe erzielen einen in einer Reihe von Studien belegten günstigen Effekt in Bezug auf das Brust- und Eierstockkrebsrisiko.
So reduziert die PBM bei BRCA-Mutationsträgerinnen das Risiko einer Brustkrebserkrankung um 95 %, während bei Frauen aus HBOC-Familien (Familien mit mehreren Fällen von Brust- und/oder Eierstockkrebs), bei denen keine BRCA-Mutation gefunden wurde, keine diesbezügliche Senkung der Brustkrebsmortalität nachgewiesen werden konnte.
Eine PBSO führt bei BRCA-Mutationsträgerinnen zu einer Reduktion des Brustkrebsrisikos um etwa 50 % und einer gleichzeitigen Reduktion des Eierstockkrebsrisikos um etwa 80 %.
Aufgrund von individuellen Unterschieden in der Risikoneigung wie auch Lebensplanungen erfolgt seitens der Leitlinie keine generelle Empfehlung zu einer prophylaktischen Operation. Diese darf einer betroffenen Frau nur nach ausführlicher Aufklärung non-direktiv angeboten werden.
Beispielhafte Versorgung mit BRCA-Mutationsanalysen: „In Österreich ist es – dank der gemeinsamen Unterstützung durch den Hauptverband der Sozialversicherungsträger, des Gesundheitsministeriums und der Stadt Wien für das AKH – nun gelungen, eine flächendeckende medizinische Versorgung mit BRCA-Mutationsanalysen zu gewährleisten“, betont Prof. Singer, Leiter der Senologie an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Wien, „Österreich geht damit vielen Ländern beispielhaft voraus.“ Das von Professor Kubista initiierte und Professor Singer fortgeführte Projekt „Molekulargenetische Analyse zur Identifikation von Familien mit erblichem Brust- und Eierstockkrebs“ wird seit 2008 im Rahmen der aktuellen Art.-15a-Vereinbarung (gilt bis 2013) durch eine Drittelfinanzierung zwischen Hauptverband, Bundesministerium für Gesundheit und Stadt Wien (für das AKH Wien) finanziert. „Die neue Leitlinie formuliert endlich klare Kriterien für die Früherkennung und Prävention von Hochrisikopatientinnen“, unterstreicht ÖGS-Präsident Prof. Thomas Helbich, nochmals deren Bedeutung. „Diese Kriterien sollten besonders im niedergelassenen Bereich nun von allen verstanden, anerkannt und für alle Patientinnen bestmöglich eingesetzt werden.“