Diese Technik konnte in der Folge für den Nachweis des fetalen Rhesusfaktors, des fetalen Geschlechts und autosomaler Einzelgenerkrankungen aus dem mütterlichen Blut klinisch angewandt werden. Dabei werden im mütterlichen Serum oder Plasma Fetus-spezifische DNA-Sequenzen, die die Mutter selbst nicht hat, detektiert, wie z. B. das fetale RHD-Gen bei Rhesus-negativer Mutter. Für die Aneuploidie-Diagnostik steht jedoch keine Fetus-spezifische DNA-Sequenz für das Chromosom 21 oder für andere Chromosomen zur Verfügung. Das macht die Diagnose des Down-Syndroms technisch wesentlich schwieriger. Viele verschiedene Ansätze zur nicht-invasiven pränatalen Diagnose von Trisomie 21 und den anderen häufigsten Chromosomenstörungen wurden in der Folge erforscht.
Next Generation Sequencing (NGS): In den letzten zwei Jahren hat sich dabei das „Next Generation Sequencing (NGS) = massively parallel (shotgun) sequencing“ als vielversprechendste Technologie durchgesetzt. Die Technik beruht auf der Quantifizierung von Chromosom-21-spezifischen DNA-Sequenzen aus dem mütterlichen Blut. Bei einem Anteil von circa 3–10 % fetaler DNA an der Gesamt-DNA im mütterlichen Plasma sind bei einem Down-Syndrom-Fetus insgesamt etwas mehr Chromosom-21-spezifische DNA-Sequenzen im mütterlichen Plasma zu finden als bei einem Fetus mit normalem Chromosomensatz. Diesen minimalen Unterschied in den DNA-Mengen lässt sich nur mit den hochentwickelten neuen Sequenzern detektieren. Das Besondere an dieser neuen Technologie ist, dass erstmals in der langen Geschichte der nicht-invasiven Pränataldiagnostik eine Test innerhalb kürzester Zeit von mehreren Forschungsgruppen aufgegriffen wurde und konsistente Ergebnisse zeigt: die Sensitivität für den nicht-invasiven Nachweis der Trisomie 21 liegt zwischen 98,6 und 100 %, die Spezifität zwischen 97,9 und 100 %.
Screening- oder diagnostischer Test? Erste Diskussionen befassen sich nun mit der Frage, ob dieser neue NGS-Test grundsätzlich als Screening- oder als diagnostischer Test eingesetzt werden kann. Bei einer Sensitivität von weniger als 100 % wird eher von einem Screening-Test ausgegangen, der entweder als sequenzielles oder „Contingent“-Screening oder als Zusatzkomponente beim derzeit etablierten Ersttrimesterscreening („Combined Test“) angewandt werden wird. Da der NGS-Test derzeit noch sehr teuer ist, ist das wahrscheinlichste Szenario, dass der Test bei auffälligem Ersttrimesterscreening angeboten wird. Bei einem auffälligen NGS-Testergebnis wird die Chorionzottenbiopsie bzw. Amniozentese zur Sicherung der Diagnose empfohlen. Dieses Vorgehen würde zu einer drastischen Reduzierung der invasiven Eingriffe führen. Es gibt grundsätzlich in der Literatur einen Konsens, dass das in vielen Ländern sehr gut etablierte Ersttrimesterscreening in seiner jetzigen Form durch diesen NGS-Test nicht ersetzt werden sollte, da der Combined Test auch als Screening für Fehlbildungen und Schwangerschaftskomplikationen eingesetzt wird.
Verschiedene ethische und psychosoziale Aspekte sind bei der Einführung dieses Tests zu berücksichtigen. Das derzeitige zweistufige Vorgehen – Combined Test, dann, falls auffällig, invasive Diagnostik – erfordert bei jedem Schritt eine eingehende Beratung, da die invasive Diagnostik mit einem Eingriffsrisiko behaftet ist. Diese ausführliche Beratung sollte auf jeden Fall weiterhin beibehalten werden, auch wenn die invasive Diagnostik durch den neuen NGS-Test, der nur in einer Blutabnahme besteht und ohne Eingriffsrisiko ist, ersetzt wird.
FAZIT: Die Einführung des neuen NGS-Tests stellt einen Durchbruch dar und wird einen großen Einfluss auf viele Bereiche der Pränatalmedizin haben. Der Hauptfaktor für eine erfolgreiche Implementierung des Tests stellt die ausführliche Beratung und Begleitung der zukünftigen Eltern dar, die dem Paar eine für sie passende Entscheidung ermöglichen soll.