Online-Fortbildung in der Frauenheilkunde

Eine neue Fortbildungsmethode schwappt immer mehr von Deutschland nach Österreich herüber, bei welcher man, bequem von daheim aus (oder gegebenenfalls im Aufenthaltsraum des Kreissaales während eines Nachtdienstes bei günstiger Stunde), einer qualitativ hohen und interessanten Live-Vorlesung zuschalten kann, und das alles ohne jegliche Teilnahmekosten und bequem auf dem Sofa liegend bei einer beruhigenden Tasse Tee.

GYN TO GO heißt die Online-Fortbildungs-Plattform, die vor einem Jahr von Dr. Thilo Gröning, Oberarzt der Kaiserwerther Diakonie in Düsseldorf, und Frau Dr. Babette Ramsauer, Oberärztin im Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin, gegründet wurde. Jeden 1. und 3. Mittwoch des Monats findet die mittlerweile erfolgreiche Fortbildung als „Early-Morning-Session“ (zwischen 7:30 und 8:30 Uhr) und als „Late-Night-Session“ (zwischen 19:00 und 20:00 Uhr) statt. Die Powerpoint-Präsentationen, welche auf den eigenen Bildschirm live übertragen werden, werden von unterschiedlichen Referenten aus dem deutschsprachigen Raum gehalten. Über Computerlautsprecher hört man die Referate, im Anschluss an den Vortrag erfolgt eine geleitete Diskussion, zu welcher jeder zugeschaltete Teilnehmer mittels Computermikrofon oder Eintippen der Frage in ein dafür vorgesehenes Textfeld mit Kommentaren und Fragen beisteuern kann.
Die Themen umfassen alle wichtigen Ausbildungsinhalte aus der Geburtshilfe, Gynäkologie und Endokrinologie. Die Zielgruppe sind primär ÄrztInnen in Ausbildung, die „Early-Morning-Session“ macht jedoch auch eine klinikinterne Fortbildung möglich. Niedergelassene FachärztInnen und Hebammen sind genauso angesprochen wie interessierte Patientinnen. Eine Teilnahmebestätigung wird nach erfolgreichem Login in das Online-„Webinar“ („Worldwide-Web-Seminar“) eine halbe Stunde nach Abschluss der Fortbildung an die registrierte E-Mail-Adresse versandt. Eine Anrechnung der CME-Punkte ist bislang nur in Deutschland möglich.
Die Junge Gyn hat den Veranstalter Thilo Gröning um ein kurzes Interview gebeten:

Junge Gyn: Thilo, Gratulation zu Eurem erfolgreichen Webinar! Wie seid Ihr auf die Idee der Gründung eines solchen Online-Fortbildungsprogrammes gekommen?

Thilo: Vielen Dank für das Lob! Wir sind von dem Erfolg der Veranstaltung selbst total überwältigt. Bei der Umsetzung des Nationalen Tumorboards, einer Online-Konferenz zur Besprechung onkologischer Problemfälle unter wissenschaftlicher Leitung von Herrn Prof. Björn Lampe, habe ich verschiedene Onlinekonferenz-Programme kennengelernt. Dabei ist mir aufgefallen, dass man solche Programme auch hervorragend zur Übertragung von Vorträgen nutzen kann, sogar zu einer Online Fortbildungsreihe: GYN TO GO.

Wie viele Teilnehmer erreicht Ihr im Schnitt pro Veranstaltung?

Pro Veranstaltungstag verfolgen zwischen 500–700 Teilnehmer die Vorträge. Toll ist, dass sich mittlerweile auch Zuhörer aus Österreich, der Schweiz, Italien, England, Spanien, den USA usw. zuschalten. Der am weitesten entfernte Teilnehmer kommt aus Ghana. Darauf sind wir ein kleines bisschen stolz!

Wird es möglich bleiben, diese Veranstaltung ganz ohne Gebühren zu organisieren?

Ein riesen Dankeschön gilt den Referenten, die ihre Vorträge ausnahmslos ehrenamtlich halten. Ohne ihr Engagement wäre das kostenfreie Konzept nicht umsetzbar. Ein riesen Vorteil der Onlinefortbildung ist es, dass es keine teuren Reisekosten und Übernachtungskosten gibt. Die übrigen anfallenden Kosten teilen Babette und ich uns als kleines Hobby für eine gute Weiter- und Fortbildung. Die Beträge liegen in einem solchen Bereich, dass wir auf Sponsoren verzichten können. Klares Ziel ist es, dass GYN TO GO auch langfristig kostenfrei bleibt, damit jeder, der möchte, an den Fortbildungen teilnehmen kann.

Nach welchen Kriterien sucht Ihr Euch die Themen der Veranstaltung und die Redner aus?

Mit den Basiskursen Geburtshilfe, Gynäkologie und Endokrinologie möchten wir ein möglichst breites Spektrum unseres Fachgebietes abdecken. Es geht darum, Inhalte zu vermitteln, die wirklich jeder im täglichen Berufsalltag braucht. Darüber hinaus gibt es mehrere Wochenendkurse, in denen spezielle Themenbereiche vertieft werden. Gerade gab es einen Kurs zur „Pathologie in der Geburtshilfe“, der nächste Wochenendkurs „Basiswissen und Neues aus der Onkologie“ findet am 28. April 2013 statt. Die Referenten sind „die“ Experten im jeweiligen Fachbereich. Jederzeit berücksichtigen wir aber auch gerne Themen- und Referentenvorschläge.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Vorträge größtenteils wirklich sehr gut sind! Habt Ihr Euch überlegt, die aufgezeichneten Fortbildungen oder die Powerpoint-Folien online zu stellen, damit diese jederzeit abrufbar wären (eventuell mit Kenn- und Passwort), wenn man den einen oder anderen Vortrag verpasst hat?

Leider ist es im Moment noch so, dass wir die Vorträge weder aufzeichnen noch als Dateien ins Netz stellen dürfen. Ich kann natürlich auf der einen Seite die Teilnehmer verstehen, die gerne jederzeit auf die Inhalte zurückgreifen möchten. Auf der anderen Seite wollen die Referenten nicht, dass ihre Vorträge nachträglich im Netz für jedermann verfügbar sind und kopiert werden können. Dies ist natürlich auch nachvollziehbar, da die Vorbereitung eines Vortrags ja auch immer eine Menge Arbeit ist. Wir arbeiten aber diesbezüglich an Lösungen. Dadurch, dass die Referenten die Vorträge an jedem Veranstaltungstag morgens und abends live halten, können die meisten Teilnehmer aber an einer Session teilnehmen.

Wie siehst Du die Zukunft der Fortbildung in der Frauenheilkunde?

In den letzten Jahren ist ein nahezu unüberschaubarer lukrativer Fortbildungsmarkt entstanden. Ich denke, dass es ein klares Ziel sein sollte, die vorhandenen Fortbildungskonzepte zu strukturieren und aufeinander abzustimmen. Außerdem sieht man an GYN TO GO, dass es möglich ist, gute Fortbildung umsonst anzubieten. Ich würde mich freuen, wenn wir diesbezüglich vielleicht Vorbild für andere Veranstalter wären.

Dann weiterhin viel Erfolg und herzlichen Dank für das Interview!

Das Interview führte Dr. Dana Muin