Trastuzumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, welcher auf der Oberfläche von Krebszellen an den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor HER2-neu bindet und dadurch das Zellwachstum hemmt. Herceptin® ist derzeit als Therapie sowohl im metastasierten Setting als auch im Frühstadium beim Mammakarzinom mit HER2-neu-Überexpression zugelassen.
Seit der Zulassung von Trastuzumab im adjuvanten Setting ist eine Therapie über 12 Monate Standard. Vielfach wurde bemängelt, dass die Wahl von einem Jahr nicht auf wissenschaftlichen Daten basiere.
Beim heurigen ESMO-Kongress 2012 in Wien, dem Jahreskongress der European Society for Medical Oncology, wurden von Roche zwei Studien präsentiert, welche sich mit der Therapiedauer von Trastuzumab beschäftigt haben.
HERA-Studie – 2 Jahre vs. 1-Jahres-Standard: Die erste präsentierte Studie1 zeigte einen direkten Vergleich der Therapie von Trastuzumab über ein Jahr versus 2 Jahre. Die sogenannte HERA-Studie ist eine internationale multizentrische, randomisierte Phase-III-Studie mit 5.102 Patientinnen, welche an einem HER2-neu-positiven Brustkrebs im Frühstadium erkrankt waren. Eingeschlossen wurden Patientinnen mit einer vorangegangenen adäquaten Therapie (Operation, Chemotherapie, Bestrahlung). Diese wurden in drei Arme eingeteilt: Therapie mit Trastuzumab 3-wöchentlich für 1 Jahr, für 2 Jahre und keine Therapie.
Es zeigte sich ein ausgeprägter Benefit im krankheitsfreien Überleben und Gesamtüberleben bei Patientinnen mit einer Therapie über 12 Monate im Vergleich zum Beobachtungsarm ohne Trastuzumab. Die Ergebnisse bestätigten sich auch über einen verlängerten Zeitraum und zeigten somit, dass einen Therapie mit Trastuzumab über ein Jahr eine sehr effektive Behandlung ist und das Risiko eines Rezidivs im Vergleich zum Beobachtungsarm um ein Viertel reduziert. Nach 8 Jahren waren 75 % der Patientinnen rückfallfrei. Eine Verlängerung der Therapie auf 2 Jahre konnte das Outcome nicht signifikant verbessern (Abb.). Derzeit laufende Studien sollen untersuchen, ob eine Kombination von Trastuzumab mit anderen Anti-HER2-neu-Substanzen (so z. B. Pertuzumab und Lapatinib) für Patientinnen mit HER2-neu-positivem Brustkrebs in einem frühen Stadium einen zusätzlichen Benefit bringt.
PHARE-Studie – 6 Monate vs. 1-Jahres-Standard: Die PHARE-Studie2 im Gegenzug war ein direkter Vergleich der Therapie mit Trastuzumab von 6 und 12 Monaten im adjuvanten Setting bei frühem Mammakarzinom. Die Frage einer zeitlichen Reduktion war vor allem aufgrund des erhöhten Risikos einer kardialen Toxizität und der finanziellen Kosten aufgekommen.
Bei der PHARE-Studie handelt es sich um eine akademische randomisierte Studie ausgehend vom French National Cancer Institute (INCa); diese hatten eine verkürzte Verabreichung von Trastuzumab von 6 Monaten mit der Standardtherapie von 12 Monaten verglichen. Darin beteiligt waren über 150 Zentren in Frankreich, über 3.380 Frauen wurden eingeschlossen. Untersucht werden sollte das progressionsfreie Überleben.
Durch die Reduktion der Therapie zeigte sich ein nicht-signifikanter Trend in Richtung eines erhöhten Risikos, an der Erkrankung zu sterben bzw. an einem Rezidiv zu erkranken. Im durchgeführten Zeitraum konnte kein signifikanter Benefit in der Reduktion der Therapie beobachtet werden, weshalb aufgrund dieser Ergebnisse weiterhin eine Therapie über ein Jahr favorisiert wird.
ZUSAMMENFASSEND kann man sagen, dass die Therapie mit Trastuzumab ein Meilenstein in der Behandlung von HER2-neu-positiven Patientinnen war. Es hat sich in der Vergangenheit – durch diese Studien und weitere parallel laufenden Untersuchungen – gezeigt, dass eine Therapie mit Trastuzumab über 12 Monate sinnvoll erscheint. Diese Therapie wird deshalb weiterhin von internationalen Guidelines empfohlen.
Wenn man die Kosten für die Therapie mit den Kosten bei Auftreten eines Rezidivs vergleicht, ist die Behandlung von einem Jahr ein absolutes Muss. Ein Rezidiv bringt nicht nur für die PatientInnen immenses Leiden und Tod, sondern stellt gleichfalls eine immense Belastung der Gesellschaft dar.