Studien belegen, dass während des Erlernens chirurgischer Eingriffe eine erhöhte Rate an Komplikationen auftritt und Operationszeiten in dieser Phase verlängert sind. In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass sich chirurgische Fertigkeiten durch Training objektiv nachweisbar verbessern lassen.
Die beschriebenen Trainingsmethoden und -modelle zum Erlernen chirurgischer Fertigkeiten sind sehr heterogen und reichen vom Training sehr einfacher Eingriffe und Techniken bis hin zu aufwändigen und komplexen Trainingsmethoden und -settings. Bezüglich der Einführung von Trainingssystemen nimmt eine Arbeitsgruppe um die Gynäkologin Barbara Goff eine gewisse Vorreiterrolle ein. Sie entwickelte bereits vor 10 Jahren ein innovatives Ausbildungssystem für Ärztinnen in Ausbildung und eine Methode, um den Trainingserfolg objektiv zu messen: das „objective structured assessment of technical skills“ (OSATS). Dieses System bietet die Vorteile eines Trainingslabors außerhalb des Operationssaals (stressfreie Umgebung, in der Fehler gemacht werden dürfen und Eingriffe oft wiederholt werden können) und einer objektiven Evaluierung der Trainingsleistungen.
Viele Studien, die unter chirurgischen und gynäkologischen AusbildungsassistentInnen durchgeführt wurden, zeigten, dass Training in einem Trainingszentrum zu einer rascheren Verbesserung von technischen Fertigkeiten führt als das alleinige Trainieren im Operationssaal. Ein wesentlicher Aspekt dabei war, dass bereits sehr einfache Modelle ausreichen, um chirurgische Basisfertigkeiten schnell und sicher zu erlernen. Larsen et al. untersuchten in einer prospektiv-randomisierten Studie den Einfluss eines Trainings für laparoskopische Eingriffe anhand eines computerbasierten Übungsmodells mit konventionellem Training. Anschließend wurde die Qualität eines definierten laparoskopischen Eingriffs evaluiert und die Operationszeit gemessen. Es konnte gezeigt werden, dass die Gruppe, die das computerbasierte Training erhalten hatte, nur halb so lange Operationszeiten und eine bessere Operationsperformance (geringerer Blutverlust und niedrigere Komplikationsrate) hatte. Diese Studie zeigte, dass der Trainingseffekt chirurgischer Fertigkeiten nicht nur zu einer Verbesserung von Beurteilungsscores führt, sondern auch in die klinische Praxis – Verbesserung der Qualität von Operationen und damit der Betreuung von Patientinnen – übertragbar ist. Die gleiche Arbeitsgruppe veröffentlichte kürzlich eine Arbeit, die zeigte, dass der Effekt des Trainings bei ÄrztInnen in Ausbildung nach 18 Monaten nicht mehr nachweisbar war. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung eines kontinuierlichen Trainings.
Das Surgical Skills Training Center (SSTC) an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der Medizinischen Universität Wien (MUW) wurde im Jänner 2010 gegründet. Das SSTC ist eine moderne Trainingseinrichtung, die das ideale Umfeld für die theoretische und praktische Schulung von grundlegenden bis fortgeschrittenen, chirurgischen Fertigkeiten bietet. Die dafür nötige Infrastruktur steht in Form eines „Dry Lab“ zur Verfügung. Das SSTC ist eine rein akademische Institution, die unterschiedliche Curricula für ÄrztInnen und Studierende der MUW anbietet und ein strukturiertes, organisiertes Training von chirurgischen Fertigkeiten – mit dem Schwerpunkt Laparoskopie – unter laufender Evaluierung durchführt.
Training und Evaluation des Lernerfolgs für ÄrztInnen in Ausbildung: Das SSTC hat den ersten Teil eines Curriculums implementiert, bei dem ÄrztInnen in Ausbildung in laparoskopischen Eingriffen geschult werden und diese wöchentlich trainieren können. Die Abläufe der Eingriffe sind standardisiert und entsprechen etablierten Trainingsmethoden. Nach einer theoretischen Einschulung über den Trainingsablauf erfolgt ein strukturiertes 3-monatiges Training mit jeweils 2-stündigen Trainingseinheiten pro Woche an 4 Trainingsmodellen, so genannten „Bench Models“. Im Gegensatz zu aufwändigeren Trainingsmodellen, die an aufwändigen, teuren „Virtual Reality“-Simulatoren, lebenden Tieren oder Kadavern durchgeführt werden, handelt es sich bei dieser Art von Modellen um preiswerte, wieder verwendbare, meist eigens konstruierte Modelle. Einerseits wurden Modelle für das Training endoskopischer Basisfertigkeiten, andererseits für komplexere endoskopische Fertigkeiten entworfen. Das Training wird anhand international validierter OSATS-Methoden zu Beginn und nach Abschluss des Curriculums evaluiert. Somit lässt sich der Lernerfolg beurteilen und durch Lernkurven visualisieren.
Zusätzlich zu den verwendeten Bench-Models wird im SSTC seit kurzem auch an einem computerbasierten Operationssimulator („virtual reality surgery“) trainiert. Mit Hilfe des Simulators lassen sich definierte Operationen sowie Basisfertigkeiten trainieren.
In einer kürzlich von unserer Arbeitsgruppe veröffentlichen Studie wurde der Lernerfolg dieses Trainings untersucht und anhand von OSATS-Kriterien evaluiert. Die TeilnehmerInnen konnten im Rahmen des 3-monatigen Trainings ihre Gesamtpunktezahl deutlich steigern und ihre mittlere Übungsdauer verkürzen. In uni- und multivariaten Analysen zeigte sich, dass der positive Trainingseffekt unabhängig vom Ausbildungsstand und der operativen Erfahrung der TeilnehmerInnen war. Diese Ergebnisse sind in Übereinstimmung mit der aktuellen Studienlage und konnten den Ablauf des Trainings und die Struktur des SSTC an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde validieren. Dieses Curriculum soll verpflichtender Bestandteil der Facharztausbildung an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde werden und die Basis für das Erlernen von chirurgischen Fertigkeiten darstellen.
ZUSAMMENFASSUNG: Zahlreiche Studien belegen, dass ein strukturiertes Training chirurgischer Fertigkeiten außerhalb des Operationssaals die Operationsleistung von ÄrztInnen verbessert. Aufgrund des derzeitigen Wissensstandes sollte ein derartiges Training chirurgischer Fertigkeiten ein elementarer Bestandteil bestehender Ausbildungsmodelle sein. Die Ausbildungsphilosophie „See one, do one, teach one“ sollte durch ein strukturiertes Training – zur Steigerung der Ausbildungsqualität und Erhöhung der Patientensicherheit – abgelöst werden.
Literatur bei den Verfassern