Seit Anfang der 1990er-Jahre wird die laparoskopische Chirurgie in nahezu allen chirurgischen Disziplinen durchgeführt. Das traditionelle Sprichwort „see one, do one, teach one“ ist in der heutigen chirurgischen Trainingsumgebung veraltet. Obwohl das Motto ein wichtiger Bestandteil des Lernprozesses bleiben soll, hat das Simulationstraining der chirurgischen Ausbildung eine neue Dimension hinzugefügt. Die Simulation bietet den Auszubildenden eine sichere, nicht bedrohliche Lernumgebung, in der Fehler keine wesentlichen Konsequenzen haben. In einer Zeit, in der die Arbeitszeitbeschränkungen die Lernzeit im Operationssaal begrenzen und die Patientensicherheit von größter Bedeutung ist, können die Auszubildenden durch Simulation neue Techniken, Instrumente und Verfahren erlernen, bevor sie Patienten operieren. Dies wiederum minimiert die Verwendung wertvoller OP-Zeit, um Anfängern grundlegende chirurgische Techniken beizubringen.Für das laparoskopische Training stehen verschiedene Simulationswerkzeuge zur Verfügung, von einfachen Boxtrainern bis hin zu interaktiven Virtual Reality-Simulatoren. Viele dieser Modelle können sowohl zum Erwerb als auch zur Bewertung von Fähigkeiten verwendet werden. Daten belegen, dass die Simulationsleistung intraoperative laparoskopische Fähigkeiten vorhersagt.
In der Gynäkologie sind bisher die Integration formaler Simulationsschulungs- bzw. Bewertungsprogramme in den Lehrplänen ausgeblieben.
Im Sinne der Qualitätssicherung der Ausbildung sind die erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten weiterhin entsprechend zu dokumentieren und vom Ausbildungsverantwortlichen zu überprüfen und zu beurteilen. Ziel eines systematischen Trainings soll es sein, die Expertise der Teilnehmenden zu erhöhen, fehlerhafte Gewohnheiten auszumerzen und damit die Qualität in der medizinischen Behandlung zu steigern.
Auf Grundlage dessen haben sich internationale Trainings- und Zertifizierungsmöglichkeiten etabliert. Im Folgenden möchte ich auf die einzelnen Weiterbildungs- und Zertifizierungsmöglichkeiten näher eingehen.
Europäische Gesellschaft für gynäkologische Endoskopie – GESEA-Programm: Basierend auf den neuesten klinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen hat die Europäische Gesellschaft für gynäkologische Endoskopie (ESGE) zusammen mit den führenden europäischen und amerikanischen Berufsverbänden in einer gemeinsamen Erklärung empfohlen, dass jedes Krankenhaus endoskopische Schulungen und Tests im „Surgical skills lab“ anbieten sollte, um die Qualität der Patientenversorgung zu gewährleisten. Die ESGE hat ein zweistufiges Ausbildungskonzept entwickelt, in dem man unterschiedliche Kompetenzlevel (Level 1: Bachelor, Level 2: MIGS) erreichen kann. Die Kurse und Prüfungen sind im europäischen nichtdeutschsprachigen Raum angesiedelt. Die Prüfung besteht aus einem praktischen und einem theoretischen Teil. Die theoretischen Lerninhalte sind auf einer webbasierten Lernplattform verfügbar und müssen vor Absolvierung der Prüfung bearbeitet werden. Die Prüfung kann u. a. in Spanien, Portugal, Italien, Frankreich und Belgien abgehalten werden und wird zentral ausgewertet.
Nähere Informationen siehe: https://europeanacademy.org/certification/gesea-programme
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für gynäkologische Endoskopie – MIC-Zertifikat: In Deutschland bietet die Arbeitsgemeinschaft für gynäkologische Endoskopie Kurse inklusiv Zertifizierungsmöglichkeiten an. Ziel ist es auch hier, die Qualität minimal invasiver Operationen (MIC) und die Ausbildung der OperateurInnen zu verbessern. Fortbildungskurse, die nach den Richtlinien der AGE durchgeführt werden, finden an den zertifizierten Ausbildungszentren in Deutschland statt. Das Ausbildungskonzept besteht aus Kursen, in denen das theoretische und praktische Wissen der Hysteroskopie und Laparoskopie vermittelt wird. Es gibt 3 Ausbildungsstufen, die erreicht werden können (MIC I–III). Grundvoraussetzung für das Erhalten eines MIC -Zertifikats ist eine Mitgliedschaft in der AGE, die Absolvierung einer gewissen Anzahl an operativen Eingriffen, die Teilnahme an diversen Fortbildungskursen und Kongressen und ein positives Testergebnis.
Nähere Informationen siehe: www.ag-endoskopie.de
The American Board of Obstetrics and Gynecology (ABOG) – Fundamentals of Laparoscopic Surgery (FLS): Das FLS-Programm wurde von der Society of American Gastroinstestinal and Endoscopic Surgeons (SAGES) 2004 entwickelt. Ziel war es, grundlegende Kenntnisse und chirurgische Fähigkeiten, die für die grundlegende laparoskopische Chirurgie erforderlich sind, zu vermitteln. Das FLS-Programm wurde so konzipiert, dass es für alle chirurgischen Fachkräfte, einschließlich Allgemeinchirurgie, Urologie und Gynäkologie universell anwendbar ist. FLS ist ein umfassendes webbasiertes Ausbildungsmodul, an das eine Prüfung angeschlossen ist. Die Prüfung besteht aus 2 Modulen: einen computerunterstützten Multiple-Choice-Test und einer praktischen Prüfung an den 5 FLS-Trainingsboxen. Beim praktischen Teil wird sowohl die Effizienz (Zeit) als auch die Präzision bewertet. Die Prüfung wird v. a. in den Vereinigten Staaten und Kanada abgenommen.
Nähere Informationen siehe: www.flsprogram.org
Nachdem wir uns in den letzten Monaten intensiv mit verschiedenen Weiterbildungskonzepten und Zertifizierungsmöglichkeiten im Bereich der minimal invasiven Chirurgie auseinandergesetzt haben, haben wir an der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe Ordensklinikum Linz, Standort Barmherzige Schwestern, ein Ausbildungskonzept entwickelt, das zum Ziel hat, auch auf nationaler Ebene ein standardisiertes Training und eine Zertifizierungsmöglichkeit anzubieten. Da es in Österreich bereits ein breites Spektrum an bereits bestehenden Laparoskopiekursen in den unterschiedlichen medizinischen Fächern gibt, haben wir beschlossen, eine möglichst interdisziplinäre Zertifizierung zu ermöglichen, die keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zu bestehenden Kursen darstellen soll. Das Curriculum wurde in Anlehnung an die AGE/ESGE/ACOG erarbeitet, und wir haben, wie wir glauben, das Beste aus existierenden Modellen herausgearbeitet.
Das Training und die damit einhergehende Zertifizierungsmöglichkeit besteht aus mehreren zu absolvierenden Modulen:
1. Theorie Kursvideos: Auf der Homepage sind webbasierte Lehrvideos verfügbar. In den Vorträgen werden die wesentlichen theoretischen und praxisrelevanten Inhalte, welche zum Verständnis eines sicheren Operierens beitragen, vermittelt.
2. Praxiskurs Basis: Als nächsten Schritt wird ein eintägiger Kurs an 18 Pelviskopietrainern mit einer maximalen Teilnehmerzahl von 18 Personen angeboten. Somit kann ein intensives Training ohne Wartezeiten durchgeführt werden. In diesem Kurs sollen Schlüsselkompetenzen wie Kameraführung, Einsatz der verschiedenen Instrumente wie Fasszangen und Scheren, Hand-Augen-Koordination und bimanuelle Koordination erlernt werden.
3. Praxiskurs Intensiv: Im Fortgeschrittenenkurs soll in einem 3-stündigen Kleingruppentraining vorwiegend an den tatsächtlichen Prüfungsmodellen geübt werden.
4. Prüfung: Abgeschlossen wird die Zertifizierung mit einer Prüfung, welche aus einem theoretischen Teil und einem praktischen Teil besteht. Das Zertifizierungssystem ist für alle AssistentInnen in Ausbildung/JungfachärztInnen geeignet.
Nähere Informationen inkl. Anmeldungsmodalitäten finden Sie auf der Homepage.
Bevorstehende MIC-Kurse:
Wir wünschen euch viel Erfolg in der Ausbildung!