Seit 2006/2007 sind Impfstoffe in Österreich ab dem 9. Lebensjahr für Mädchen und Burschen zugelassen. Österreich hat damit zwar als erstes europäisches Land die HPV- Impfung eingeführt und auch im Rahmen des Impfplans empfohlen, mit einer Durchimpfungsrate von unter 5 % liegt Österreich allerdings an letzter Stelle in Europa.
Ein Grund dafür besteht sicherlich in den hohen Kosten für die Impfung (3 x 200 Euro = 600 Euro), wobei die HPV-Impfung in Österreich nur punktuell gefördert wird, wie z. B. in Niederösterreich und im Burgenland im Rahmen von Schulimpfaktionen. Im Übrigen stellte die Medizinische Universität Wien im Rahmen einer Aktion ihren Angestellten (und deren Familien) die Impfung zu einem deutlich reduzierten Preis zur Verfügung.
Insgesamt gibt es jedoch trotz der hohen Relevanz der Impfung und dem nachgewiesenen Impfschutz wenig Informations- und Impfkampagnen zur HPV-Impfung in Österreich. Dieser niedrige Informationsgrad kann neben den hohen Kosten durchaus ein Grund für die mangelhafte Impfbereitschaft sein. Da also ganz generell ein unzureichender Wissensstand über HPV-Infektionen und HPV-Immunisation – selbst nach vielen Informations-, Werbe- und Impfkampagnen – festzustellen ist, wurde im Rahmen einer Studie („What du you know about HPV?“) der Wissensstand von SchülerInnen im impfrelevanten Alter über das HPV ermittelt. Nach der Befragung wurde ein Vortrag über HPV-Infektionen und ihre Relevanz für HPVassoziierte Erkrankungen gehalten, daran anschließend wurden Fragen beantwortet. Damit sollte erreicht werden, dass SchülerInnen, basierend auf den erworbenen Kenntnissen, ihr präventives Verhalten autonom beeinflussen können, sei es durch die vermehrte Anwendung von Kondomen, durch regelmäßige Pap-Abstrich-Abnahme und zusätzlich durch den Entschluss zur Impfung.
Im Einzelnen wurde in den Fragebögen der Wissensstand bezüglich Übertragung, Vorbeugung, Symptomen, Relevanz, Komplikationen der HPV-Infektion, Krebsvorsorge sowie die wichtigen Informationsquellen der SchülerInnen über sexuell übertragbare Erkrankungen und das HPV und auch deren Einstellungen gegenüber der Impfung erhoben. Diese Studie wurde von mir im Rahmen einer Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der gesamten Heilkunde an der Medizinischen Universität Wien unter Betreuung durch Univ.-Prof. Dr. Christian Dadak (Universitätsklinik für Frauenheilkunde Wien durchgeführt.
Hauptzielvariablen waren der Wissensstand der SchülerInnen sowie die Einstellung gegenüber der Impfung. Im Besonderen ging es auch darum, Unterschiede im Wissensstand, aufgeteilt nach Geschlecht, Schultyp, Ort und sexueller Aktivität, zu ermitteln.
Nach der Genehmigung durch die Ethikkommission der Medizinischen Universität Wien wurde vom Wiener Stadtschulrat um dessen Einverständnis für die Durchführung der Studie ersucht. Da der Wiener Landesschularzt das Thema jedoch für nicht wichtig genug empfand (!), kam es zur Ablehnung. Auch eine zweite Anfrage gemeinsam mit meinem Diplomarbeitsbetreuer, Herrn Prof. Christian Dadak, wurde abgewiesen. Darauf hin schrieb ich an das Bundesministerium für Gesundheit (die Impfung wurde ja ursprünglich vom BM empfohlen) und berichtete diese Situation; es wurde mir eine Bearbeitung zugesagt. Nach zahlreichen Korrespondenzen mit verschiedenen Sachbearbeitern des Bundesministeriums erhielt ich einige Monate später erneut eine Ablehnung in Bezug auf die Durchführung meiner Studie mit dem Argument, der Wiener Stadtschulrat wäre dagegen.
Daraufhin wurde ein weiterer Versuch unternommen und an die Organisation „achtungliebe“ der Vorschlag herangetragen, SchülerInnen im Rahmen von Aufklärungsveranstaltungen zum Thema HPV zu befragen. Doch auch diese Organisation sprach sich dagegen aus, da sie selbst ständig um Genehmigungen bangen muss und verständlicherweise nichts riskieren wollte.
Nicht zuletzt bat auch im Rahmen des Symposiums „HPV-Prävention in Österreich: Sinn oder Unsinn?“, das im März 2010 in Wien (Gesellschaft der Ärzte) stattfand, der anwesende Medizin- Nobelpreisträger Prof. Harald zur Hausen, um Unterstützung für die Studie. Bedauerlicherweise waren Wiener Landesschulärzte wohl nicht unter den zahlreichen anwesenden LandesschulärztInnen vertreten. Inzwischen war jedoch die Kontaktaufnahme zum Landesschularzt im Burgenland gelungen, der an dem Symposium in Wien teilgenommen hatte. Er ermöglichte die Durchführung der Studie in Eisenstadt. Zusätzlich wurden, um der Aussagekraft der Studie mehr Gewicht zu verleihen, auch SchülerInnen in Berlin befragt, wobei in diesem Kontext festzuhalten ist, dass sich in Berlin die organisatorischen und bürokratischen Vorgänge besonders einfach gestalteten.
In Eisenstadt wurden zwei 9. Klassen am Gymnasium befragt, in Berlin jeweils 2 Klassen an 3 Gymnasien und jeweils 2 Klassen an 3 Hauptschulen. Insgesamt nahmen 262 SchülerInnen im Alter von 14–17 Jahren an der Studie teil, wobei aufgrund des ersten Ethikvotums jüngere SchülerInnen nicht in die Studie inkludiert werden konnten.
Die Studienergebnisse waren, wie erwartet, in Bezug auf den Wissensstand bezüglich HPV-Infektionen enttäuschend. Durchschnittlich gaben pro Frage weniger als ein Viertel der Befragten die richtige Antwort. Bei dem wichtigen Thema Präventionsmöglichkeiten waren es sogar weniger als 10 %. Besonders vielen Befragten, nämlich knapp über 50 % war zwar der Zusammenhang von HPV-Infektionen und dem Zervixkarzinom bekannt, jedoch wussten nur 11 der 262 SchülerInnen, dass HP-Viren auch die Verursacher von Genitalwarzen sind. Die Impfbereitschaft war interessanterweise insgesamt höher als der Wissensstand, wobei sie naturgemäß bei den Informierten am höchsten war. Beim Vergleichen zwischen Mädchen und Burschen zeigte sich, dass der Wissensstand bei den Mädchen signifikant höher war als bei den Burschen, GymnasiastInnen waren signifikant besser informiert als die HauptschülerInnen. Interessant war weiters, dass die EisenstädterInnen bei 4 von 15 Fragen signifikant besser abschnitten als die BerlinerInnen. Allerdings war die Impfbereitschaft bei den BerlinerInnen signifikant höher als bei den BurgenländerInnen. Im Übrigen waren die Mädchen der Impfung gegenüber signifikant öfter positiv eingestellt als die Burschen. Ein Vergleich der Antworten jener, die schon sexuell aktiv waren, mit jenen, die es noch nicht waren, ergab keine signifikanten Unterschiede im Wissensstand und in der Impfbereitschaft. Insgesamt waren die SchülerInnen und LehrerInnen in Eisenstadt und Berlin an dem Thema sehr interessiert, sie stellten viele Fragen und wollten sich in Zukunft mehr damit auseinandersetzen.
ZUSAMMENFASSEND ist aufgrund der Studiendaten festzustellen, dass der Wissensstand deutlich verbesserungswürdig ist, obwohl in Berlin und Eisenstand bereits zahlreiche Informationskampagnen über HPV durchgeführt worden waren und eine allgemein offenere Haltung gegenüber der Studie bestand. In diesem Sinn ist wohl zu befürchten, dass der Wissensstand in Wien noch um einiges niedriger gewesen wäre. Dieser Umstand ist wohl sehr bedauerlich, da gerade im Rahmen der Schule auch eine gute Erreichbarkeit der SchülerInnen und eine Qualitätskontrolle, beispielsweise durch eine von Fachleuten erstellte HPV-DVD, gewährleistet ist.