AEK 13|2023
Einige Erkrankungen bzw. Symptome wie z. B. Diabetes mellitus, Adipositas oder Insulinresistenz sind fast schon archetypisch mit einem metabolischen Syndrom vergesellschaftet. Alle diese Diagnosen erhöhen voneinander unabhängig das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, wobei das Lebensrisiko, das mit diesen Erkrankungen für kardiovaskuläre Ereignisse einhergeht, alters- und geschlechtsspezifisch sehr unterschiedlich sein kann.
Woran können sich Patient:innen nun orientieren, die – vereinfacht gesagt – ein längeres und gesünderes Leben mit weniger Krankheitsleid erreichen wollen?
Langfristig sollte man sich besonders auf die Verhinderung einer Insulinresistenz wie einer arteriellen Hypertonie konzentrieren. Beide, wie schon Prof. Marc Cooper zu sagen pflegte, „are nothing else than two different sides of the vary same coin“. Und von der mikrovaskulären Ebene bis hin zur erhöhten Gefäßsteifigkeit sind die Auswirkungen beider auf das Gefäßsystem fast ident. Hier wäre natürlich eine Steigerung der körperlichen Aktivität das einfachste Mittel, bereits ein 20-min-Spaziergang täglich kann die Entstehung einer Insulinresistenz wie einer arteriellen Hypertonie zumindest massiv verzögern.
Und wenn man nun regelmäßig Bewegung macht, wird man auch Gewicht abnehmen. Sollte man nun um jeden Preis Gewicht abnehmen, frei nach dem Motto: Viel hilft viel (also > 25 % vom Ausgangsgewicht)? Auch hier gibt es mittlerweile eine klare einfache Antwort: Nein. Ein radikaler Gewichtsverlust bei > 50-jährigen Patient:innen geht – wenn überhaupt – mit einer Verkürzung, nicht aber einer gewünschten Verlängerung der Lebenszeit einher. Selbst bei Patient:innen mit Diabetes mellitus, dem „Endstadium des metabolischen Syndroms“, ist die Behandlung der Glykämie wichtiger als das Ausmaß der Gewichtsreduktion, wie Prof. Guntram Schernthaner auf der heurigen Frühjahrestagung der ÖDG berichtete.
Für die Plaquebildung in den Gefäßen, die von besonderer Bedeutung für die koronare Herzerkrankung und den Herzinfarkt sind, sind hingegen die Störungen des Lipidstoffwechsels besonders wichtig: also ein erhöhtes LDL-Cholesterin, erhöhte Triglyceride sowie ein erniedrigtes HDL-Cholesterin. Das HDL-Cholesterin kann man ohne beträchtliche Nebenwirkungen pharmazeutisch noch nicht erhöhen, aber körperliche Aktivität/Sport würde es auch wieder (gering) erhöhen.
Die Datenlagen zur Triglyceridsenkung sind bei weitem nicht so überzeugend wie diejenigen zur Senkung des LDL-Cholesterins. Und beim LDL-Cholesterin muss man leider daran erinnern, dass dieses bei uns allen im Lauf des Lebens steigt, genetisch bedingt bei den einen mehr als bei den anderen. Bei vielen Betroffenen wie Ärztinnen und Ärzten scheint der Glaube vorzuherrschen, dass man durch diätische Maßnahmen wie Verzicht auf zum Beispiel das Frühstücksei sein Risiko reduzieren kann. Dies ist mehr als trügerisch, durch fettreduzierende Maßnahmen (z. B. Verzicht auf Eier etc.) kann man das LDL-Cholesterin im Schnitt um maximal 14 mg/dl, durch eine unrealistische Umstellung der Ernährung auf „grünes Gras und sonst nichts“ auf Dauer um bis zu 28 mg/dl senken. Da man aber bei betroffenen Patient:innen eine Senkung des LDL-Cholesterins um 60–100 mg/dl benötigt, sollte man hier Medikamenten den Vorrang geben.
Derzeit wird hier ein 4-Stufen-Plan diskutiert, der höchstwahrscheinlich im Laufe des Jahres von den meisten involvierten medizinischen Fachgesellschaften Europas in entsprechenden Richtlinien abgebildet werden wird.
Praxismemo