Vorhofflimmern: mit ABC-Schema zum Therapieerfolg

Zentral in der Behandlung des Vorhofflimmerns ist der ABC-Behandlungspfad (Atrial fibrillation Better Care). Neben dem einfachen und intuitiven Charakter dieses Konzepts ist die Umsetzung der erfolgreichen Implementierung mit einer signifikant niederen Rate an kardiovaskulären Events assoziiert.

  • Das A steht für den Bereich der Antikoagulation und Schlaganfallprophylaxe,
  • das B für bessere Symptomkontrolle, und
  • das C für einen Fokus auf kardiovaskuläre Risikofaktoren und Komorbiditäten.

Im Bereich der Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern wird der risikobasierten Behandlung von Patient:innen mit oralen Antikoagulanzien – insbesondere den nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Gerinnungshemmern (NOACs) – eine besondere Gewichtung zugeschrieben. Zu beachten ist hierbei, dass das Risiko, einen Vorhofflimmer-bedingten Schlaganfall zu erleiden, nicht homogen ist, sondern abhängig vom Vorhandensein spezifischer Schlaganfall-Risikofaktoren/Modifikatoren. Häufig vorkommende Schlaganfall-Risikofaktoren sind in dem auf klinischen Risikofaktoren basierenden CHA2DS2-VASc Score zusammengefasst und haben direkten Einfluss auf die Behandlungsstrategie der Patient:innen (Abb. 1).

Vorhofflimmern bei KHK – Fallbericht: Herbert K., 76 Jahre

Anamnese: 1,82 m, 75 kg, BMI 22,6 kg/m2, cAVK, St. p. Insult mit 54a, persistentes Vorhofflimmern, Art. Hypertonie, DM II, Hyperlipidämie, Herzinsuffizienz (LVEF = 30 %), St. p. Nikotinabusus (35 pack years), Kreatinin = 1,4 mg/dl, GFR = 52 ml/min

Bisherige Medikation: Edoxaban 60 mg 1-0-0, Simvastatin 10 mg 0-0-1, Ramipril 5 mg 1-0-0, Metformin 1000 mg 1-0-1

Epikrise:

Herbert K. verspürt am Morgen plötzlich heftige Brustschmerzen und verständigt deswegen die Rettung. Nach Eintreffen der Rettungskräfte findet sich im EKG neben dem vorbekannten persistenten Vorhofflimmern ein neu aufgetretener Linksschenkelblock (Abb. 2A), und Herbert K. wird sofort zum nächstgelegenen Herzkatheter-Labor transferiert. Im Akutherzkatheter findet sich eine schwere koronare 3-Gefäß-Erkrankung (Abb. 2B), welche erfolgreich unter mechanischer Kreislaufunterstützung revaskularisiert wurde, sodass Herbert K. zeitnah entlassen werden konnte. Nach Entlassung aus dem Krankenhaus sucht Herbert K. seinen Vertrauensarzt auf, um mit ihm die neuen Medikamente und deren Einnahmedauer zu besprechen.

Antikoagulation bei begleitender Thrombozytenaggregationshemmung

Die Antikoagulation – präferenziell mittels NOAC – ist bei Patient:innen mit Vorhofflimmern nach akutem Koronarsyndrom oder nach geplanter Therapie fortzuführen. Eine Dosisreduktion für die Dauer einer begleitenden singulären oder dualen antithrombozytären Therapie kann bei Pa-tient:innen mit erhöhtem Blutungsrisiko unter Therapie mit Rivaroxaban und Dabigatran in Erwägung gezogen werden. Die Dauer der begleitenden Thrombozytenaggregationshemmung (ASS & Clopidgrel) orientiert sich dabei am Blutungsrisiko bzw. dem Ischämie-Risiko. Üblicherweise wird bei Patient:innen mit Vorhofflimmern ein frühzeitiges Absetzen (≤ 1 Woche) von ASS empfohlen, und die Fortsetzung einer dualen Therapie mit einem P2Y12-Inhibitor (vorzugsweise Clopidogrel) für bis zu 6 Monate bei Patient:innen mit stabiler KHK bzw. 12 Monate bei Patient:innen mit akutem Koronarsyndrom befürwortet. Bei hohem ischämischem Risiko/Risiken einer Stentthrombose kann die sogenannte Triple-Therapie (ASS, Clopidogel, NOAC) auf bis zu 1 Monat verlängert werden.

Personalisierte Therapie bei Herbert K.

Herbert K. war aufgrund seines vorbekannten persistenten Vorhofflimmerns bei einem CHA2DS2-VASc Score von 7 (Herzinsuffizienz, Alter ≥ 75 Jahre [2 pt], Diabetes mellitus, Insult [2 pt], Myokardinfarkt) bereits unter NOAC-Therapie (Edoxaban 60 mg 1-0-0), welche auch nicht reduziert werden muss. Da bei ihm im weiteren Krankheitsverlauf ein erhöhtes Stentthrombose-Risiko besteht (akutes Koronarsyndrom, Hauptstamm-Stent, Stentlänge < 60 mm, Diabetes), ist bei ihm zusätzlich zur NOAC-Therapie eine 4-wöchige Therapie mit ASS und eine 12-monatige Therapie mit Clopidogrel empfohlen.