Infektionen bei oligosymptomatischen Patienten

Ein Erfahrungsbericht aus einer Hausarztpraxis in Ramsau: Die hohe Anzahl an positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Patienten bei bereits vorselektiertem Patientengut zeigt, dass auch die Zahl der oligosymptomatischen Patienten hoch ist. 

 

SARS-CoV-2-Test im Rahmen des Influenza-Netzwerkes

Seit einigen Jahren ist unsere Praxis Teil des diagnostischen Netzwerks Influenza der medizinischen Universitätsklinik für Virologie der Uni Wien. Im Rahmen dieses Projektes werden in der Zeit von November bis ca. März des Folgejahres österreichweit von ausgewählten Patienten mit akuten grippalen Infekten Nasen-Rachensekret Proben genommen, an das Zentrum für Virologie transportiert und dort auf das Vorhandensein von Influenzaviren untersucht. Der Nachweis erfolgt mittels Virusisolierung in Gewebekulturen und molekularbiologischen Methoden (PCR).

Diese Überwachung ermöglicht die zeitlich präzise Erfassung epidemischer Influenzavirusaktivität in Österreich. Zusätzlich erlauben die Ergebnisse der genauen Charakterisierung der zirkulierenden Influenzastämme bereits während der Influenza Saison eine Aussage über die Übereinstimmung der zirkulierenden Viren mit jenen in den Impfstoffen.

Seit Ende Februar 2020 wird in durchgeführten Nasen-Rachenabstrichen auch auf das Vorhandensein von Covid-19 Virus RNA mittels PCR getestet.

Vorgehen bei Infektpatienten

Mit Beginn der 2. Märzwoche trennten wir die Patienten unserer Praxis strikt zwischen Infektpatienten und Patienten, die aus anderen Gründen unsere Praxis aufsuchten. Aufgrund unserer speziellen räumlichen Situation mit einem bereits vorhandenen Infektraum für Kinder war dies leicht realisierbar (Bild 1). Dieser Raum ist durch eine Doppeltüre von der restlichen Praxis abgetrennt und von außen eigens zugänglich. Im Raum selbst arbeitet ein Team aus DGKP und Arzt. An diagnostischen Hilfsmitteln stehen uns neben der Grundausstattung (Ohrthermometer, Blutdruckmessgerät, Stethoskop, Otoskop, Pulsoxymetrie) auch ein Blutbild- und CRP-Messgerät zur Verfügung. Im Bedarfsfall können ein EKG und eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden. Das Infektteam (Bild 2) trägt einen Schutzanzug und darüber eine Plastikschürze mit langen Ärmeln, 2 Paar Schutzhandschuhe, FFP2 oder 3 Maske sowie eine Schutzbrille. Für das An- und vor allem Auskleiden haben wir einen eigenen Algorithmus entworfen, um eine akzidentielle Selbstinfektion zu vermeiden. Einmal pro Woche führen wir dahingehend bei uns selbst Nasen- Rachenabstriche durch.

Patienten mit typischen Symptomen (Husten, Fieber > 38°, Kurzatmigkeit, Kontakt mit Covid- 19 Patienten) wurden bereits am Telefon an das Gesundheitstelefon 1450 verwiesen.

Welche Symptome?

Im Zeitraum von 24.2. bis 3.4.2020 führten wir 72 Rachen-Nasenabstriche durch. Dabei wurde bei 16 Patienten (22%) eine Covid-19 Infektion nachgewiesen. Auffällig erscheint hier, dass bei zwei Drittel aller positiv getesteten Patienten eine Geschmacksstörung und bei der Hälfte auch eine Störung des Geruchssinns auftrat. In einem Fall war diese Geschmacks- und Geruchsstörung neben einem diffusen Krankheitsgefühl überhaupt das einzige Symptom, das erhoben werden konnte. Fieber bzw. erhöhte Temperatur trat hingegen nur bei einem Viertel aller Patienten auf (Tabelle 1).

SARS-CoV-2-positiv trotz Vorselektion

Die hohe Anzahl an positiv getesteten Patienten (22%) bei bereits vorselektiertem Patientengut zeigt, dass auch die Zahl der oligosymptomatischen Patienten hoch ist. Das unterstreicht die Notwendigkeit eines eigenen Infektraumes (Container, Zelt) oder einer Infektsprechstunde in der niedergelassenen Praxis, um sich nicht selbst oder andere Patienten in Gefahr zu bringen. Wir konnten durch unsere Vorgehensweise viele virale Infekte anderer Genese, bakterielle Infekte und auch Erkrankungen mit der Konsequenz einer Spitalseinweisung detektieren, entsprechend behandeln und/oder triagieren. Damit konnten nachgeschaltete Gesundheitseinrichtungen sowohl deutlich entlastet als auch vorinformiert werden. Hierin zeigt sich die Notwendigkeit und Wichtigkeit der Erstuntersuchung von Patienten vor Ort in einer allgemeinmedizinischen Praxis.

 

Bild 1: Abgetrennter Infektraum

Bild2: Das Infekt-Team in Schutzausrüstung

Tabelle: Symptomverteilung von 16 positiv getesteten SARS-CoV-2-Patienten in der Hausarztpraxis Dr. Oliver Lammel in Ramsau am Dachstein