Die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) hat am Wochenende eine Stellungnahme veröffentlicht, zur Frage ob inhalative Glukokortikoide (ICS) in der Covid-19-Therapie eingesetzt werden sollen. Zuletzt sorgte eine – kleine – Studie medial für Aufmerksamkeit.
Stellungnahme der ÖGP:
Die anti-entzündlich wirkenden inhalativen Glukokortikoide (ICS) sind die Basistherapie des Asthma bronchiale [1]. Einige Studien wiesen zusätzlich auf eine verminderte pulmonale Expression des für den Eintritt von SARS-CoV-2 in die Zielzelle erforderlichen Angiotensin Converting Enzyme 2 (ACE2) Rezeptors bei PatientInnen mit Asthma und COPD, die eine Therapie mit ICS erhielten, hin [2-4]. Zudem blockierten einige ICS in Zellkultur-Experimenten die Replikation unterschiedlicher Coronaviren [5, 6].
Eine erste, unverblindete, offene Phase II Studie mit einer kleinen Anzahl von COVID-19 PatientInnen zeigte einen Vorteil einer hochdosierten ICS Therapie mit dem Wirkstoff Budesonid (1600 μg/Tag) gegenüber der Standardtherapie hinsichtlich der Verringerung des Bedarfs einer Notversorgung aufgrund von COVID-19 [7]. Wichtig dabei ist, die interessanten, jedoch aus unserer Sicht lediglich Hypothesen generierenden Daten aus dieser kleinen PatientInnengruppe mit Vorsicht zu betrachten. Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass der gewählte primäre Endpunkt (Notversorgung, Besuch der Notaufnahme oder Hospitalisierung) sehr subjektiv ist, da die Wahrnehmung des Krankheitsverlaufes vom Patienten/der Patientin abhängt. Unterschiede in objektiven Parametern, wie in der Sauerstoffsättigung oder der Reduktion der Virenlast, zeigten sich zwischen den Gruppen dagegen nicht. Zudem waren die Ursachen (wie z.B. akutes Nierenversagen, Ketoazidose, Verdacht auf Rippenfraktur) für den Arztbesuch in der Kontrollgruppe zu einem Großteil nicht primär COVID-19-assoziiert. Ebenso ist es möglich, dass PatientInnen, die eine Standardtherapie (ohne ICS) erhielten, eine höhere Erwartung einer möglichen Komplikation hatten als jene, die einer Behandlung mit ICS zugeteilt waren. Passend dazu hatten alle drei PatientInnen der Kontrollgruppe, die über zunehmende Atembeschwerden klagten, unter Raumluft eine sehr gute Sauerstoffsättigung. Insgesamt wurde Budesonid sehr gut toleriert und es wurden keine Nebenwirkungen oder negative Effekte auf die Virus-Clearance beobachtet.
Ausdrücklich muss darauf hingewiesen werden, dass weitere, größere, verblindete, Placebo-kontrollierte Studien benötigt werden, um mögliche positive Effekte einer ICS Therapie bei Covid-19 zu bestätigen und eine Zulassung durch die EMA zu veranlassen.
Aufgrund der kleinen Anzahl von Studienteilnehmenden und der Tatsache, dass der primäre Endpunkt subjektiven Einflüssen unterlag, ist es derzeit noch nicht seriös möglich, endgültige Schlüsse für die frühzeitige Behandlung von Covid-19 PatientInnen mit ICS zu ziehen.
Zu vermeiden ist auch, die Ergebnisse dieser Phase II Studie auf die gesamte ICS Substanzklasse zu projizieren. Derzeit sind außer zu Budesonid keine Daten für eine Behandlung von Covid-19 PatientInnen publiziert und es ist kein ICS-haltiges Präparat für die Therapie von Covid -19 zugelassen.
Für PatientInnen mit Asthma ist eine regelmäßige ICS Einnahme unerlässlich und die Versorgung dieser PatientInnen muss gewährleistet bleiben. Daher ist von einer breiten off-label Behandlung von Covid-19 PatientInnen oder gar der Selbstmedikation durch Personen mit SARS-CoV-2-Infektion auch aus Sicht der Versorgungssicherheit von PatientInnen mit Asthma abzuraten.
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