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Personen mit einer bereits durchgemachten SARS-CoV-2 Infektion haben im Vergleich mit der restlichen Allgemeinbevölkerung ein um 91% niedrigeres Risiko für eine (neuerliche) SARS-CoV-2-Infektion.
Als Schlüsselfragen rund um COVID-19 gelten die Fragen, ob durch eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion eine neuerliche Infektion verhindert wird und ob eine effektive und anhaltende Immunität aufgebaut werden kann. Diese Frage wurde in einer retrospektiven österreichischen Beobachtungsstudie der Medizinischen Universität Graz in Kooperation mit der AGES und mit der Stanford University untersucht. Die Studie, die auf Daten des österreichischen epidemiologischen Melderegisters basiert, hat die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion im Laufe der sogenannten 2. Welle (vom 1.September bis 30. November) evaluiert.
Konkret wurde die Wahrscheinlichkeit für eine SARS-CoV-2-Re-Infektion unter sogenannten COVID-Survivors, die eine Infektion bereits in der 1. Welle (Februar bis April 2020) durchgemacht hatten, mit der Infektionswahrscheinlichkeit in der übrigen Normalbevölkerung verglichen.
Unter den 14.840 COVID-Survivors wurden im Verlauf der 2. Welle nur 40 Re-Infektionen verzeichnet (das sind nur 0,27%). Dieser Zahl stehen 253.581 Infektionen in der restlichen Bevölkerung (8,885 Millionen Menschen) gegenüber, was einer Infektionsrate von 2,85% entspricht. Damit zeigt sich, dass – nach einem zeitlichen Abstand von ungefähr sieben Monaten nach Erstinfektion – Personen mit einer bereits durchgemachten SARS-CoV-2 Infektion im Vergleich mit der restlichen Allgemeinbevölkerung ein um 91% niedrigeres Risiko für eine (neuerliche) Infektion aufweisen. Der durch eine natürlichen Infektion aufgebaute Schutz vor SARS-CoV-2 dürfte damit mit den höchsten verfügbaren Wirksamkeitsraten von Impfstoffen vergleichbar sein, wie die Studienautoren in ihrer Conclusio resümieren.
Vergleichbarer Schutz wie nach Impfung
Assoz.-Prof. PD Dr. Stefan Pilz, PhD von der Medizinischen Universität Graz, der gemeinsam mit Dr. Ali Chakeri von der AGES Erstautor dieser Fachpublikation ist, erläutert: „Obwohl wir natürlich sehr vorsichtig mit Vergleichen zu Impfstoffstudien sein müssen, deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass man nach einer SARS-CoV-2 Infektion einen ähnlich starken Schutz vor einer neuerlichen Infektion hat wie nach einer Impfung.“
Erste Studie über Re-Infektionsrisiko in der Gesamtbevölkerung eines Landes
Die Publikation ist auch darum von entscheidender Bedeutung, weil sie nicht nur auf Antikörperbestimmungen bei speziellen Studienpopulationen basiert, sondern erstmals das tatsächliche Re-Infektionsrisiko in der gesamten Bevölkerung eines Landes, inklusive aller Altersgruppen, darstellt. „Diese Daten zeigen eine sich aufbauende Immunität gegen SARS-CoV-2 in der österreichischen Bevölkerung”, erläutert Univ.-Prof. Dr. Franz Allerberger von der AGES. Wobei man aktuell noch nicht wisse, inwieweit diese Immunität auch auf diverse SARS-CoV-2 Virusmutationen umzulegen sei beziehungsweise wie lange und in welchem Ausmaß dieser Re-Infektionsschutz über längere Zeiträume anhalte.
Trotz allen Optimismus weisen die Autoren daher auf die Limitationen ihrer Studie hin: Zum einen ergeben sich Limitationen aufgrund des Fehlens detaillierter klinischer Charakteristika, zum anderen ist die Studie eine retrospektive Beobachtungsstudie, die von der Datenqualität des Melderegisters abhängt. Die Ergebnisse sollten daher entsprechend vorsichtig interpretiert werden. Weitere Auswertungen des Re-Infektionsrisikos über längere Zeiträume, sowie auch Daten aus anderen Ländern sind daher notwendig. Diese Fragestellungen werden von der Forschungsgruppe rund um Stefan Pilz, Franz Allerberger und John PA Ioannidis von der Stanford University auch in Zukunft bearbeitet werden.
(Red. Susanne Hinger)
link zur Studie:
Stefan Pilz, Ali Chakeri, John PA Ioannidis, Lukas Richter, Verena Theiler-Schwetz, Christian Trummer, Robert Krause, Franz Allerberger: SARS‐CoV‐2 re‐infection risk in Austria; European Journal of Clinical Investigation (ESCI), https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/eci.13520
COVID-19 Immunisierung. Pressinfo Med Uni Graz