Zystische Fibrose – Problemkeime erfolgreich eradizieren

Multiresistente Erreger (MRE) beschleunigen bei Patienten mit zystischer Fibrose (CF) den Abfall der Lungenfunktion und verringern die Lebenserwartung. „Daher sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um diese Keime zu eradizieren“, forderte OÄ Dr. Sabine Renner, Leiterin der Ambulanz für Cystische Fibrose der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde am AKH Wien, bei der Jahrestagung der ÖGP 2016 in Wien und berichtete über sehr erfolgreiche, am AKH etablierte Strategien.

Situation in Österreich

Das Spektrum der MRE bei Patienten mit CF umfasst:

  • den grampositiven methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
  • mehrere multiresistente gramnegative Keime­ (MRGN), die gegen 3/4 (3 MRGN) oder 4/4 (4 MRGN) Antibiotikagruppen resistent sind: Pseudomonas aeruginosa, Burkholderia cepacia, Acinetobacter baumannii und die ESBL-(extended spectrum beta-lactamase-)produzierenden Enterobacteriaceae Klebsiella und E. coli sowie
  • atypische Mykobakterien.

Im Rahmen einer Untersuchung an der CF-Ambulanz der Wiener Kinderklinik fanden sich im Rachenabstrich bzw. im Sputum von Kindern mit CF (Vaginalgeburten) im 1. Lebensjahr zu 50% eine dauerhafte Besiedelung mit E. coli und bis zum 4. Lebensjahr zu 20–30% eine rezidivierende Besiedelung. [1]
In Österreich stagniert die MRE-Inzidenz in Krankenhäusern oder nimmt sogar ab. Insgesamt steigt die MRE-Inzidenz jedoch vor allem im extramuralen Bereich (v. a. vancomycinresistenten Enterokokken [VRE] und ESBL). Mögliche Ursachen hierfür sind der Selektionsdruck durch Antibiotikagebrauch, eine Zunahme von VRE und ESBL durch Cephalosporin- und Makrolidtherapien und möglicherweise auch durch Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft. [2] Die Situation bei MRSA und bei Chinolon-resistenten Enterobakterien, wie z. B. Klebsiella pneumoniae, ist in Österreich im europäischen Vergleich sehr günstig. [2]

Besonderheiten der Übertragung ­beachten

Die Übertragung von Keimen erfolgt über Tröpfchen beim Husten oder Niesen, über die Hände (z. B. Staph. aureus) und durch das Einatmen von Lösungen oder von kontaminierter Luft. Zu beachten ist, dass nach dem Berühren von kontaminierten Flächen oder Körperteilen eine Übertragung über die Hände in die Nase und in die Lunge auch nach Tagen oder Wochen möglich ist. Inhalationsgeräte, Sprühwasser und die Raumluft sind wesentliche Kontaminationsquellen.
Beim Husten können Tröpfchen in der Größe von > 5,5 µm über einen Meter übertragen werden, Tröpfchen in der Größe von < 3,3 µm sogar über 2–3 Meter. Die in der Luft befindlichen Keime setzen sich erst nach 30–45 min. auf den Oberflächen ab. Daher sollte eine Oberflächendesinfektion frühestens 30 min. nachdem der Patient den Raum verlassen hat erfolgen.

Segregation dringend erforderlich

Sowohl für die Patienten als auch für das behandelnde Krankenhaus stellt eine Besiedelung mit MRE zeitlich und organisatorisch eine extreme Herausforderung bei allen Untersuchungen und Kontrollen dar. Im Spital ist eine räumliche und organisatorische Trennung von Patienten mit MRE-Besiedlung/MRE-Infektion dringend erforderlich. [3, 4]
An der CF-Ambulanz der Kinderklinik am AKH Wien bewährt sich ein striktes Management dieser Patienten. Die Betreuung von Kindern mit MRE erfolgt bis ein Jahr nach dem letzten Nachweis an speziellen Tagen. Seit 2009 tragen alle CF-Patienten außerhalb des Behandlungsraumes einen Mundschutz, und Kinderwägen sind mit einem Tuch abgedeckt. Regelmäßige Händedesinfektion gemäß Schulung ist für alle an der Ambulanz Tätigen Pflicht. Von einem unmittelbaren Kontakt zwischen CF-Patienten wird abgeraten.

Vermeidung der Keimübertragung im Krankenhaus ist möglich

Für die ambulante und stationäre Betreuung der CF-Patienten mit MRE wurde eine eigene SOP entwickelt, deren Grundzüge in der Tabelle 2­ dargestellt sind. Diese Strategien haben sich bewährt, wie eine im Jahr 2013 durchgeführte Analyse zeigt. Von 150 Patienten mit CF wurden 33 Patienten ein- bis zweimal positiv auf Pseudomonas aeruginosa getestet, und 11 Patienten wiesen eine chronische Besiedelung mit Pseudomonas auf. Alle Pseudomonas-Stämme gehörten unterschiedlichen Genotypen an, was belegt, dass keine Keimübertragung im Spital stattfand. [5]

 

 

Bei MRE-Nachweis: viel Aufklärung, striktes Vorgehen

Bei Nachweis einer MRE-Besiedelung/Infektion bei einem Kind mit CF ist die Aufklärung der Eltern über die Tragweite der Situation ein erster und sehr wichtiger Schritt. Sie müssen wissen, dass nun eine stationäre Aufnahme mit strikten Isolierungsmaßnahmen für das Kind, dessen Begleiter sowie Besucher erforderlich ist. Besprochen wird auch die Testung aller Familienmitglieder und die neue Situation bei den ambulanten Kontrollen (Segregation). Wie Renner berichtete, waren bisher alle Familien von betroffenen Kindern mit der stationären Aufnahme einverstanden und außerordentlich daran interessiert, alles zur Eradikation des MRE beizutragen. Die Familien sind dann auch sehr erleichtert, wenn die Isolierungsmaßnahmen im Rahmen der ambulanten Kontrollen nach einem Jahr enden.

MRSA: Eradikation zu 100% erfolgreich

Die Eradikation von MRSA beim Patienten umfasst eine

  • 2-wöchige i. v. Therapie mit Vancomycin/Meropenem + Rifampicin, gefolgt von einer Anschlusstherapie mit Linezolid p. o. über 2 Wochen plus eine
  • Lokaltherapie mit Mupirocin-Nasensalbe (Bactroban 2%) 3-mal täglich über 5 Tage und Ganzkörperwaschungen mit Stellisept med oder Lifo-Scrub 1-mal täglich über 5 Tage.
  • 2 Tage nach diesen 5 Tagen erfolgt eine Abstrichkontrolle.
  • Der Zyklus der Lokaltherapie wird 3-mal wieder­holt.
  • Familienmitglieder und Haustiere werden untersucht

Die Eradikation von MRSA bei Kontaktpersonen erfolgt durch

  • vier Zyklen einer Lokaltherapie analog zu den Vorgaben für den Patienten, inklusive Kontrollen.

Die Sanierungsmaßnahmen zuhause umfassen:

  • Grundreinigung und Flächendesinfektion mit alkoholhaltigen Desinfektionsmitteln (z. B. Mikrozid),
  • Waschen von Kleidung, Spielzeug und Stofftieren bei mindestens 60 °C, besser 90 °C, die Reinigung von Büchern und die Flächendesinfektion und
  • das Spülen des gesamten Geschirrs ebenfalls bei 90 °C sowie
  • die Entfernung von Teppichen.

Wie Renner berichtete, gelang mit diesem Vorgehen zwischen 2004 und 2016 bei allen 9 Kindern mit MRSA-Nachweis die Eradikation.

ESBL: Eradikation zu fast 100% ­erfolgreich

Die Eradikation von ESBL umfasst

  • Eine einmalige 3-wöchige orale Therapie ­gemäß Antibiogramm,
  • Antibiophilus flüssig und die Empfehlung, Joghurt zu essen,
  • eine erneute Hygieneschulung,
  • Stuhlkontrollen bei allen Familienmitgliedern (in allen Fällen wies die Mutter ebenfalls einen positiven Befund auf), bei positivem Befund: Antibiophilus plus Joghurt

Die Sanierung des Respirationstraktes gelingt so zu 100%, die Sanierung des Darms kann jedoch Monate bis Jahre dauern, war an der AKH-Kinderklinik aber bisher nur bei einer Familie erfolglos (zwei Kinder mit CF und ESBL sowie die Mutter mit ESBL).

Burkholderia cepacia: 100% primäre Eradikationsrate, aber 30% Rezidive

Die Eradikation von Burkholderia cepacia ­umfasst

  • eine Dreifachkombinationstherapie i. v. über 2 Wochen,
  • gefolgt von einer Aztreonam-Inhalationstherapie über 4 Wochen und
  • eine maximale Intensivierung der Inhalations- und Physiothera
    pie,
  • die Besprechung von Risikoaktivitäten (z. B. Gartenarbeit)

Die i. v. Therapie gewährleistete bei allen Patienten eine Eradikation. Bei 30% der Patienten rezidivierte die Infektion allerdings innerhalb eines Jahres. Im Jahr 2016 waren 3 von 150 Patienten Burkholderia-cepacia-positiv.

1 Seidmon EJ et al., J Pediatr 1975; 87:528–33
2 Resistenzbericht Österreich, Aures 2014
3 Saiman L et al., Infect Control Hosp Epidemiol 2014; 35 Suppl 1:S1–S67
5 Matt B et al., GMS Hyg Infect Control 2014; 9:Doc20