Interview

Die Rolle der Typ-2-Inflammation in Wundheilung und Fibrosierung

Die Typ-2-Immunantwort spielt eine entscheidende Rolle bei der Wundheilung, kann bei Überaktivierung oder Dysregulation aber auch fibrotische Veränderungen verursachen. Prof. Dr. Thomas Krieg von der Universität Köln gab im Interview Einblick in zentrale Mechanismen, klinische Zusammenhänge und mögliche therapeutische Ansätze.

1) Sehr geehrter Herr Prof. Krieg, welche Rolle spielt die Typ-2-Immunantwort bei der Wundheilung. Kennt man die Mechanismen dahinter?
Die Typ-2-Immunantwort ist evolutionär gesehen ein sehr alter Mechanismus. Ursprünglich wurde er entwickelt, um den Körper vor größeren Eindringlingen, wie z.B. Würmern oder Parasiten – die nicht wie Mikroorganismen phagozytiert werden können – zu schützen. Die Typ-2-Reaktion moduliert zum einen die Typ-1-Entzündungsreaktion und sorgt andererseits dafür, dass solche Eindringlinge eingekapselt und unschädlich gemacht werden. Ähnliche Mechanismen greifen auch bei der phasenhaft verlaufenden Wundheilung, wobei der Typ-2-Reaktion eine zentrale Rolle zukommt. Durch den Defekt des Epithels werden Entzündungszellen aktiviert. Diese setzen Typ-2-Zytokine wie Interleukin 4 und Interleukin 13 frei, die direkt auf fibrozytäre Zellen wirken oder indirekt über Makrophagen Bindegewebszellen aktivieren. Dadurch kommt es zur Ablagerung von Bindegewebe, was bei der normalen Wundheilung zur Restauration des Gewebes führt. In den meisten Fällen haben wir auch eine Narbenbildung, die jedoch meist nicht stark ausgeprägt ist. Die genauen Vorgänge sind jedoch sehr komplex und noch nicht vollständig geklärt.

2) Was geschieht bei Überaktivierung oder Fehlregulation dieser Typ-2-vermittelten Reparaturprozesse?
Die übermäßige Produktion von Th2-Zytokinen kann zu einer Überaktivierung der Bindegewebssynthese führen. Die Mechanismen sind vermutlich jenen der Wundheilung sehr ähnlich. Bei der Fibrose wird dieser Prozess durch eine Reihe von Faktoren wie z.B. transforming growth factor beta (TGF-β) oder andere Zytokine jedoch nicht richtig gestoppt. Der Fibroblast entwickelt sozusagen eine Eigenaktivität und wird zu einem Myofibroblast, der die Fähigkeit hat, Gewebe zu kontrahieren. Es entsteht so ein dichtes, fibrotisches Gewebe, das seine normalen Funktionen nicht mehr erfüllen kann – sozusagen eine massive Narbe. Die Narbe ihrerseits führt in einer Rückkoppelung zu einer weiteren Aktivierung des Fibroblasten, wodurch sich die Fibrose – zumindest in einem gewissen Ausmaß – in einem Circulus vitiosus verselbstständigt. Die Frage bleibt dann, wie reversibel dieser Prozess ist und ob das Gewebe noch über ausreichend Plastizität verfügt, um in seinen normalen Zustand zurückzukehren.

3) Welche Erkrankungen sind mit Typ-2-Fibrose assoziiert?
Typ-2-Fibrose ist mit verschiedenen fibrotischen Erkrankungen assoziiert. Dazu gehören hypertrophe Narben und Keloide, die mit Wundheilungsprozessen zusammenhängen. Weitere, insbesondere für Dermatolog:innen interessante Erkrankungen umfassen die systemische Sklerodermie oder die lokalisierte Sklerodermie, etwa in Form von Morphea oder der linearen Sklerodermie. Im Bereich der Hepatologie haben wir verschiedene Arten der Leberfibrosen und in der Pneumologie die Lungenfibrosen. Auf zellulärer Ebene scheint es, dass der Metabolismus der Zellen verändert wird. Die genauen zellulären Vorgänge werden derzeit von mehreren Arbeitsgruppen untersucht.

4) Inwieweit eignet sich die Modulierung der Typ-2-Immunantwort als therapeutischer Ansatz bei fibrosierenden Erkrankungen?
Man könnte natürlich annehmen, man blockiert einfach einen dieser Zytokine und der Prozess wird angehalten. Die Modulation der Typ-2-Immunantwort ist aber nicht so einfach, da viele Faktoren wie TGF-β und Interleukin 17 sowie verschiedene Zelltypen beteiligt sind. Eine alleinige Blockierung von Th2- Zytokinen könnte somit zu einer überschießenden Reaktion auf der anderen Seite führen. Daher sollte sehr vorsichtig und gezielt vorgegangen werden. Ein vielversprechenderer Ansatz wäre eine individualisierte Therapie, die auf die jeweilige Patientin und den jeweiligen Patienten sowie die spezifische Phase der fibrotischen Reaktion abzielt. Man müsste genau wissen, welche Zytokine wann die Hauptrolle spielen, damit man dort spezifisch angreifen kann. Auf Basis einer solchen individualisierten Diagnostik wäre es einfacher einen Parameter gezielt zu modulieren. Allerdings liegt die Vermutung nahe, dass phasenabhängig mehrere unterschiedliche Parameter moduliert werden müssen.