Univ.-Prof.in Dr.in Angela Zacharasiewicz, , MBA
Univ.-Prof.in Dr.in Angela Zacharasiewicz, MBA: Der empfohlene Diagnostikalgorithmus für die Diagnose von Asthma bei Kindern sieht eine Messung der Lungenfunktion im Rahmen einer Spirometrie und eine Messung des ausgeatmeten Stickstoffmonoxids (FeNO) vor. Die FeNO-Messung dient dabei als nichtinvasiver Marker für Atemwegsentzündungen zur Sicherung der Diagnose. Beide Messungen werden empfohlen, da Kinder häufig aufgrund von akuten, unspezifischen Symptomen wie Atemnot, Husten, Wheezing (Pfeifen, Giemen, Keuchen) zur Untersuchung kommen, aber dann zum Zeitpunkt des Termins wieder asymptomatisch sind. Selbst die Spirometrie kann bei Kindern mit Asthma unauffällig sein. Daher benötigt es mindestens zwei auffällige objektive Messungen, unter Umständen auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten, bevor die Diagnose Asthma gestellt werden kann.
Die Herausforderungen bei Kindern sind die häufig auftretenden Atemwegsinfekte, die ebenfalls mit Atemnot, Husten und Wheezing einhergehen und sich daher unter Umständen sehr ähnlich wie Asthma präsentieren können. Insbesondere bei kleinen Kindern ist es nicht immer einfach, zumal sich auch Schwierigkeiten bei der Lungenfunktionsmessung ergeben, weil die Kooperation mit den notwendigen Atemmanövern noch nicht gut funktioniert . Hier lohnt es sich, eine genaue Anamnese zu erheben; Asthma und Allergien in der Familie erhöhen jedenfalls das Risiko, und es bringt viel, auf das Verhalten des Kindes zu achten: Vielleicht schont es sich körperlich und läuft nicht gerne herum. Bei der Diagnose stellt sich dann heraus, dass das kein Problem der Fitness ist, sondern dass das Kind keine oder nicht ausreichend Luft bekommt und sich intuitiv schont.
Es gibt zwar prinzipiell Unterscheidungen zwischen Erwachsenen und Kindern hinsichtlich der Asthmatherapie, die Grundpfeiler sind allerdings die gleichen und bestehen aus inhalativen Kortikosteroiden (ICS) als Dauertherapie und Betasympathomimetika als Bronchodilatatoren im Akut- oder Notfall. Die Therapie unterscheidet sich zu jener bei Erwachsenen jedoch hinsichtlich der Intoleranz gegenüber einer unzureichenden Asthmakontrolle: Kinder müssen sowohl tagsüber als auch nachts vollständig beschwerdefrei sein, und es darf keine Aktivitätseinschränkungen im Alltag geben. Unser Ziel ist daher die vollständige Asthmakontrolle, und dementsprechend werden die Kinder in der Therapie eingestellt.
Eine gute Kooperation und ein Therapieverständnis seitens der Eltern sind essenziell für die Therapie des kindlichen Asthmas. Compliance, Adhärenz und Vermeidung von Tabakrauchexposition sind wesentliche Grundpfeiler der Therapie. Bei schwerem Asthma kommen je nach Inflammationsmuster in den Atemwegen unterschiedliche Antikörper in Frage, dies wird manchmal als personalisierte Asthmatherapie bezeichnet. Diese hängt von verschiedenen Faktoren wie Krankheitslast, Alter, aber auch Unterstützung seitens der Eltern ab. Je häufiger und stärker die Beschwerden sind, umso höher ist die Therapiestufe. Dabei wollen wir insbesondere bei Kindern den Einsatz von systemischen Kortikosteroiden aufgrund der bekannten Nebenwirkungen so gut es geht vermeiden. Bei einer Therapieeskalation stehen Antikörper, die gegen IgE, Interleukin-4 und -13 oder Interleukin-5 gerichtet sind, zur Verfügung. Dabei halten wir uns natürlich an die Zulassungskriterien. Neben der Stärke der Beschwerden und der Einstufung spielt auch das Alter des Kindes eine Rolle, denn während die Behandlung eines Jugendlichen mit 15 Jahren der Therapie eines Erwachsenen sehr ähnlich ist, muss die Entwicklungsstufe der koordinativen Fähigkeiten bei einem Kleinkind berücksichtigt werden und damit die Auswahl des Inhalationsdevices dem Alter und den Fähigkeiten des Kindes angepasst werden. Bei Kleinkindern sind handelsübliche Trockenpulverinhalatoren nicht anwendbar, hier kommen Dosieraerosole mit Spacer zum Einsatz.
Die häufigste Ursache für Asthma-Exazerbationen sind neben Allergenexpositionen Infekte der Atemwege, die zumeist durch Viruserkrankungen ausgelöst werden. Aufgrund der COVID-19-Schutzmaßnahmen kam es zu einer deutlichen Abnahme von Virusinfekten, und dies reduzierte wiederum die Exazerbationen und die Hospitalisierungen, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Wie sich dies allerdings auf lange Sicht auf die Asthma-Prävalenz bei Kindern auswirkt, kann man derzeit noch nicht sagen. Eine Möglichkeit wäre, dass die Prävalenz ansteigen könnte, da das Immunsystem in den vergangenen zwei Jahren unzureichend trainiert wurde. Andererseits könnte es auch zu weniger Krankheitsentwicklungen kommen, da die schädigende Virusexposition in einer vulnerablen Wachstumsphase der Lunge ausblieb. Welches von beiden Szenarien eintritt, oder ob sich gar nichts ändert, das werden wir aber vermutlich erst in 10 Jahren retrospektiv sagen können. Eine Auswirkung einer SARS-CoV-2-Infektion auf die Asthma-Entstehung selbst wurde bisher nicht beobachtet, und Asthma-Patient:innen waren bei den COVID-19-bedingten Hospitalisierungen auch nicht überrepräsentiert. Nach überstandener Erkrankung kommt es bei Kindern immer wieder vor, dass sie über eine längere Zeit an trockenem Husten leiden, dabei handelt es sich allerdings um eine andere Erscheinung als das klassische Asthma, und dies ist meist temporär.