AEK 01-02|2022
Die Symptome sind bei akuter und chronischer Rhinosinusitis ähnlich, obwohl es sich um ganz unterschiedliche Krankheitsbilder handelt. Die 4 Leitsymptome sind nasale Obstruktion, Sekretion (anterior, posterior), Schmerzen (Kopfschmerz, Gesichtsschmerz, Druckgefühl) und Riechstörung (Hyposmie, Anosmie). Juckreiz ist zum Unterschied von der ebenfalls sehr häufigen allergischen Rhinitis nicht typisch.
Eine akute Sinusitis tritt oft im Rahmen eines viralen Infekts des oberen Respirationstraktes auf und heilt spontan aus. COVID-19 kommt bei den oben genannten Symptomen differenzialdiagnostisch in Betracht, wobei die Riechstörung bei den rezenten Mutanten wie bei der Delta-Variante an Bedeutung verlor.
Zur symptomatischen Behandlung eignen sich abschwellende Nasentropfen, Befeuchtung der Nase mit Salzlösungen (eventuell mit Zusätzen wie Carrageen oder Dexpanthenol), topische Steroide, Antiphlogistika und eine Reihe von Pflanzenextrakten (z. B. ätherische Öle aus Myrtengewächsen). Wärmelampen können nach guter Abschwellung der Nasenschleimhäute lindernd wirken.
Antibiotika sollten nur bei begründetem Verdacht auf eine bakterielle Infektion verabreicht werden. Hinweise dafür sind sehr starke Schmerzen, Fieber über 38 °C, Verschlechterung der Beschwerden und Erhöhung der Entzündungsparameter (z. B. CRP). Gelbliches Sekret bedeutet nicht zwingend eine bakterielle Infektion, sondern lediglich die Anwesenheit von neutrophilen Granulozyten.
Im Kindesalter kann eine frühzeitige Antibiotikagabe die Erkrankung verkürzen. Die seltenen schwerwiegenden orbitalen und intrakraniellen Komplikationen sollten rechtzeitig erkannt und behandelt werden, wobei meist eine chirurgische Intervention erforderlich ist.
Ab einer Symptomdauer von 3 Monaten spricht man von einer chronischen Sinusitis.Die Phänotypen chronische Rhinosinusitis ohne nasale Polypen (CRSsNP) und mit nasalen Polypen (CRSwNP) werden entsprechend ihrem Reaktionsmuster auf humoraler und zellulärer Ebene in Endotypen differenziert.
In Europa überwiegt bei CRS mit Polypen der Endotyp 2. Bei der Typ-2-Entzündungsreaktion liegt eine hohe Aktivität von Th-2-Zellen vor, Typ-2-Interleukine wie IL-4, IL-5 und IL-13 sowie eosinophile Granulozyten sind erhöht. Eine ähnliche Form der Entzündungsreaktion findet sich bei Asthma bronchiale, das auch häufig mit CRSwNP assoziiert ist, und bei atopischer Dermatitis. IL-4 führt zum Klassenwechsel von B-Zellen zur IgE-Produktion, IL-5 und IL-13 beeinflussen die Aktivität und Migration von Eosinophilen. Ursächliche Mechanismen dieser Erkrankung werden unter anderem der angeborenen Immunität und bakteriellen Superantigenen zugeschrieben. Ein eindeutiger Zusammenhang mit Allergien besteht nicht.
Bei der NSAID-(„nonsteroidal antiinflammatory drugs“-)„exacerbated respiratory disease“ (NERD), vormals M. Widal, Samter-Trias oder Aspirinintoleranz, die durch Nasenpolypen, Asthma und Unverträglichkeit von NSAID gekennzeichnet ist, kommt es zu sehr hartnäckigen Verläufen von CRS.
Neben der Anamnese werden eine anteriore Rhinoskopie sowie eine Endoskopie durchgeführt. Polypen werden nach dem nasalen Polypenscore gestaged. Ein CT der Nasennebenhöhlen, vorzugsweise in navigationsgeeigneter Schichtung, gehört zur Standardbildgebung, wobei eine Kontrastmittelgabe nur bei Komplikationen erforderlich ist. Zur Evaluation der subjektiven Beeinträchtigung der Lebensqualität werden standardisierte Fragebögen herangezogen (z. B. SNOT-22), zusätzlich sind Blutbild mit Gesamt-IgE und Eosinophilen sowie eine Riechtestung sinnvoll.
Die Basistherapie einer CRS wird mit topischen Steroiden (z. B. Mometason 1-mal 2 Hübe) und befeuchtenden Nasenspülungen durchgeführt. Hierbei kommt der Aufklärung der Patienten über Art und Dauer der Anwendung große Bedeutung zu. Ein 1- bis 3-wöchiger Therapiezyklus mit oralen Steroiden kann 2–4-mal pro Jahr durchgeführt werden.
Wenn durch die konservative Therapie keine ausreichende Krankheitskontrolle erreicht werden kann, besteht die Indikation zur endoskopischen Nebenhöhlensanierung (FESS –„functional endoscopic sinus surgery“). Die natürlichen Abflusswege werden endoskopisch erweitert, und pathologisches Gewebe wird entfernt. Insbesondere bei CRS ohne Polypen liegen häufig anatomische Varianten vor, die endoskopisch saniert werden können.
Die funktionelle endoskopische Nebenhöhlenchirurgie, die zum Teil navigationsgestützt durchgeführt wird, ist schonend und komplikationsarm. Postoperativ sind Nasenspülungen und intranasale Steroide für 4–6 Monate indiziert. Je nach den zugrundeliegenden Endotypen kann es jedoch immer wieder zu Rezidiven kommen (Tab.).
Seit 2020 sind in Österreich 2 Biologika, die in die Typ-2-Immunreaktion eingreifen, für die Therapie bei schwerer CRS als Add-on-Therapie zu intranasalen Steroiden zugelassen.
Dupilumab ist ein monoklonaler Anti-IL-4-Rezeptor-Antikörper, der IL-4 und IL-13 blockiert.
Dieses Präparat wird auch für schweres Asthma und mittelschwere bis schwere atopische Dermatitis eingesetzt und erstattet.
Als weiteres Biologikum für schwere CRS ist der Anti-IgE-Antikörper Omalizumab zugelassen, der schon seit einiger Zeit bei schwerem Asthma und bei chronischer Urtikaria in Verwendung ist.
Im November 2021 wurde der Anti-IL-5-Antikörper Mepolizumab, der die eosinophilen Granulozyten reguliert, von der EMA für die CRS zugelassen, die Verhandlungen bezüglich Erstattung in Österreich sind im Laufen.
Diese Präparate werden s. c. alle 2–4 Wochen verabreicht und sind gut verträglich, müssen jedoch als Dauertherapie gegeben werden (Tab.). Bei therapierefraktärem Verlauf, insbesondere auch bei komorbidem Asthma, stellen sie eine wichtige, wenn auch kostspielige Therapieoption dar.
Wissenswertes für die Praxis |
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