Zwischen steigender Inzidenz und neuen Therapieansätzen

Die eosinophile Ösophagitis (EoE) – erstmals in den 1970er-Jahren beschrieben – ist eine chronische Erkrankung mit deutlich zunehmender klinischer Relevanz. Sie betrifft sowohl Kinder als auch Erwachsene.

Inzidenz, Symptomatik, Ätiologie

Demografische Daten aus den letzten Jahren zeigen eine enorme Zunahme der Inzidenz, insbesondere in Europa und Nordamerika. Beispielsweise beschreibt eine aktuelle Studie aus den Niederlanden einen Anstieg der Inzidenz um das 200-Fache über den Zeitraum von 1996 bis 20151, auch Studien aus der Schweiz und Dänemark konnten eine Verzwanzigfachung der Inzidenz innerhalb der ersten Dekade des neuen Jahrtausends detektieren. Die Inzidenz der EoE ist somit ähnlich hoch wie jene von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.
Betroffene präsentieren sich häufig initial mit nichtkardialem Thoraxschmerz oder Schluckstörungen – insgesamt leiden sogar 90 % der Erkrankten im Krankheitsverlauf an Dysphagie, die bei 60 % der Patienten auch zu Bolusgeschehen führt.2 Die EoE gilt somit als die häufigste Ursache für Nahrungsmittel-Impaktierungen der Speiseröhre bei Kindern und Erwachsenen.
Die Ätiologie der Erkrankung ist bis heute nicht eindeutig geklärt; jedoch wird die EoE als Erkrankung aus dem allergischen Formenkreis mit genetischer und immunologischer Komponente angesehen.3 Als auslösende Faktoren werden über die oberen Atemwege oder die Nahrung aufgenommene Allergene (am häufigsten Kuhmilch und Weizen) angesehen, die eine Immunreaktion mit eosinophiler Einwanderung in die Ösophagusschleimhaut hervorrufen, die in weiterer Folge zur Dysfunktion der Speiseröhre und im Verlauf zu schweren organischen Schädigungen wie Fibrosierung und Strikturen führen kann.

Diagnosesicherung

Eine Abgrenzung zu anderen Pathologien im Bereich der Speiseröhre wie Infektionen, Achalasie und insbesondere der GERD ist auf Basis der klinischen Symptome allein nicht möglich. Somit sind die Endoskopie mit Biopsie-Entnahme und die Beurteilung des Gesamtbildes des Patienten (besonders auch die Laboruntersuchung im Hinblick auf eine möglicherweise vorliegende systemische Entzündung mit Eosinophilie) in der Diagnostik unumgänglich. Neben dem makroskopischen Bild in der Endoskopie (Abb. 1), welches Ausprägungen von weißlichen Schleimhautflecken über „Trachealisierung“ (ringförmige Schleimhautschwellungen) und Längsfurchen bis hin zu Vernarbungen und Strikturen annehmen kann, ist vor allem die Histologie zur Diagnosesicherung entscheidend. Dabei sollen mindestens 6 Biopsien von mindestens 2 unterschiedlichen Stellen im Ösophagus entnommen werden. Insbesondere sollen makroskopisch auffällige Schleimhaut­areale biopsiert werden. Auch bei völlig normalem endoskopischem Schleimhautbefund sollen bei klinischem Verdacht auf EoE Biopsien entnommen werden, da 10–30 % der Patienten mit EoE ein makroskopisch unauffälliges Schleimhautbild aufweisen.2

 

 

Als histologisches Diagnosekriterium wird derzeit die mukosale Spitzenkonzentration von mindestens 15 eosinophilen Granulozyten pro hochauflösendem Gesichtsfeld (HPF) in mindestens einer Biopsie gefordert (Abb. 2). Die in der üblichen Routine durchgeführte Hämatoxylin-Eosin-Färbung (HE) ist hierfür ausreichend.2 Die eosinophile Infiltration kann stellenweise so stark sein, dass es zur Ausbildung von Mikroabszessen kommt. Anhand dieser Merkmale ist es möglich, mittels eines validierten, histologischen Scoring-Systems (EoEHSS) den Schweregrad und das Ausmaß der Erkrankung zu beurteilen.4 Die Symptomatik, das endoskopische Bild und die Histologie weisen häufig erhebliche Diskrepanzen auf. Daher müssen auch für die Verlaufsbeurteilung und zur Feststellung einer Remission in jedem Fall Kontroll-Biopsien entnommen werden.5

 

 

Therapiemöglichkeiten

Nach Sicherung der Diagnose stehen für die Therapie mehrere Optionen zur Verfügung:

Diätetische Maßnahmen: Zum einen kann eine dauerhafte Remission durch rein diätetische Maßnahmen erreicht werden. Ziel ist hierbei die dauerhafte Elimination der auslösenden Allergene oder Nahrungsmittel. Die höchsten Remissionsraten konnten in diesem Zusammenhang durch strenge Einhaltung einer Elementardiät (aminosäurenbasierte, flüssige Kost bei vollkommenem Verzicht auf herkömmliche Lebensmittel) erzielt werden, wie sie empirisch auch etwa bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zum Einsatz kommt. Auch durch Eliminationsdiäten (Verzicht auf potenzielle Nahrungsallergene) konnten gute und dauerhafte Erfolge erzielt werden.5 Da die Identifizierung des auslösenden Allergens jedoch oft schwierig und die Elementardiät teuer, geschmacklich bescheiden und eine starke Einschränkung der Ernährungsgewohnheiten ist, fällt auch der medikamentösen Therapie der EoE eine wichtige Rolle zu.

Protonenpumpenhemmer (PPI): Ein Teil der Erkrankten zeigt gutes Ansprechen auf PPI. Während man in früheren Jahren ein Ansprechen auf PPI als klinisches Zeichen einer Refluxerkrankung und somit mitunter als Gegenbeweis für das Vorliegen einer EoE ansah, wird die auf PPI ansprechende Form der eosinophilen Ösophagitis (PPI-REE) heute als Subgruppe der EoE klassifiziert. Eine systematische Literaturrecherche und Metaanalyse von 33 Studien und insgesamt 619 Patienten ergab 2016 in 50 % der Fälle histologische Remission unter PPI-Therapie. Jedoch wird in dieser Arbeit ausdrücklich auf die schlechte Qualität der Evidenz hingewiesen.6 Auch die Effektivität der Erhaltungstherapie mit PPI im Sinne der Rezidiv-Prophylaxe wird in mehreren Reviews kritisch betrachtet. Ein verlässlicher Marker zur Prädiktion des Ansprechens auf PPI konnte bislang nicht identifiziert werden.

Topische Steroide (Fluticason/Budesonid) stellen die zweite wichtige medikamentöse Therapieoption dar. Diese werden als Spray, Suspension oder als im Mund lösliche Tabletten verabreicht und weisen in der Literatur zur medikamentösen Therapie der EoE die stärkste Evidenz auf: Zwischen 2006 und 2017 wurde das Ansprechen auf diese Therapieformen in 9 randomisierten, placebokontrollierten Studien untersucht, auch mehrere Metaanalysen liegen vor.5 Die höchsten Remissionsraten konnten bisher in einer Phase-III-Studie mit Budesonid in Form einer orodispersiblen Tablette erzielt werden (bis zu 95 % histologische Remission).7 Auch in einer weiteren randomisierten Studie zeigte sich die Applikation der Steroide mittels Tablette oder Suspension dem Spray im Hinblick auf mukosale Kontaktzeit und histologische Remission (64 % vs. 27 %) deutlich überlegen.8
Die Tatsache, dass noch im Herbst 2018 in Österreich ein topisches Steroidpräparat in Form einer orodispersiblen Tablette auf den Markt kommen soll, macht Hoffnung für die Zukunft. Ob der Erfolg der Phase-III-Studie im klinischen Alltag Bestand hat und ob sich mit derartigen Präparaten auch eine dauerhafte Remission erzielen lässt, bleibt jedoch abzuwarten.

 

1 Warners MJ et al., Neurogastroenterol Motil 2018; DOI: 10.1111/nmo.13165
2 Lucendo A et al., UEG Journal 2017; 5(3):335–58
3 Inage E et al., Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol 2018; DOI: 10.1152/ajpgi.00174.2018
4 Collins MH et al., Dis Esophagus 2017; 30(3):1–8
5 Miehlke S et al., Z Gastroenterol 2018; 56(02):139–50
6 Lucendo A et al., Clin Gastroenterol Hepatol 2016; 14(1):13–22.e1
7 Lucendo A et al., Digestive Disease Week 2017
8 Dellon ES et al., Gastroenterology 2012; 143(2):321-4.e1