24-Stunden-Ambulanz: Große Lösungen in weiter Ferne

In den letzten Jahren haben die Patientenzahlen in den Ambulanzen massiv zugenommen – und damit auch die Belastungen für Ärzte und Pflege. 8,3 Millionen Erstkontakte pro Jahr werden in Österreichs Ambulanzen gezählt. Statistisch betrachtet wird jeder Österreicher einmal pro Jahr in einer Ambulanz behandelt und sucht diese im Zuge der Behandlung im Schnitt 2-mal auf. Doch warum ist das so?

In ihrer Veranstaltung „IN FUSION 17“ zum Thema 24-Stunden-­Ambulanz fordert die Bundeskurie angestellte Ärzte von der Politik Lösungen zur Steuerung der Patientenströme. Selbstzuweisung und ein ungesteuerter Zugang wurden als größte Herausforderungen identifiziert. Heftig wurde daher die Politik zum einen in ihrem Lenkungsauftrag gefordert, den allzu viel begehrenden, oft gar keiner Spitalsbehandlung bedürfenden Patienten wegzuschleusen, zum anderen in ihrem Erziehungsauftrag.

Doch ist es so einfach? Ist es nur der konsumierende Patient, der lieber ins Spital geht? Hätte er überhaupt Alternativen? Während die einen den viel zu fordernden, eher bildungsfernen Patienten beklagen, der kein Kostenbewusstsein und mittlerweile auch jede Gesundheitskompentenz verloren habe, sehen andere die typischen „Konsumenten“ der ambulanten Leistungen etwas differenzierter: vor allem junge Patienten mit wenig Zeit und One-Stop-Shop-Verhalten und alte Leute, direkt aus Pflegeheimen, mangels ärztlicher Versorgung in der Nacht und am Wochenende. Offenbar gibt es also auch Versorgungsdefizite – am Land und oft auch mitten in der Großstadt. Und wenn in der Millionenstadt Wien bis vor 2 Jahren von Freitagnachmittag bis Montag Früh kein niedergelassener Kinderarzt im Dienst war, wie es Andrea Kdolsky auf den Punkt brachte, darf man sich nicht wundern, dass Eltern mit ihren Kindern Ambulanzen frequentiert haben …

Man wird also die zweifellos notwendige Reduktion von Ambulanzleistungen schwer diskutieren können, ohne adäquate Strukturen im niedergelassenen Bereich zu garantieren. Über diese Alternativen wurde im Rahmen der Tagung jedoch kaum gesprochen. Und die Adressaten der Kritik und Forderung – die Politik – waren auch nicht vertreten.

Der Tenor der Tagung der Bundeskurie kann primär mit der Problembeschreibung zusammengefasst werden. Große Konzepte und globale Lösungen scheinen jedoch in weiter Ferne zu liegen. Stellvertretend für die großen ungelösten Themen der Gesundheitsversorgung rankte sich die Diskussion dann streckenweise primär nur noch um die Bildung der gesundheitsungebildeten Bevölkerung, vorrangig um Gesundheitserziehung im Kindergarten und die gesunde Schuljause. Doch bis Jausen-Konzepte Früchte bringen, wird es vermutlich noch eine Weile dauern …

Hoffnung schöpfen lassen aber zumindest die oft nur am Rande erwähnten engagierten Beispiele aus dem Alltag, Best-Practice-Beispiele einzelner Häuser oder Regionen, die von Kreativität und oft auch Mut einzelner Institutionen und Personen zeugen und die die eine oder andere individuelle/regionale Lösung im Sinne einer ganzheitlichen, sektorenübergreifenden Versorgung zeigen.

Statt der Lösung von oben sind es vielleicht die individuellen, oft ­anstrengenden, mutigen Ansätze, die das große Ganze ausmachen. ­Offenbar ist manches möglich, sofern man es tut …

AutorIn: Susanne Hinger

Chefredakteurin klinik (E-Mail)


Klinik 02|2017

Herausgeber: MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH
Publikationsdatum: 2017-05-05