1.500 der 2.100 angeschriebenen Gemeinden haben an der Umfrage im Auftrag des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger teilgenommen. Für dessen Vorsitzende Mag. Ulrike Rabmer-Koller ist das ein eindeutiger „Beleg dafür, wie wichtig den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern dieses Thema ist und wie weit oben es auf ihrer politischen Agenda steht“.
Grundsätzlich ist die Zufriedenheit mit dem österreichischen Gesundheitssystem hoch. 87 Prozent der Gemeindevertreter glauben, dass die Bevölkerung „sehr zufrieden“ (27 Prozent) oder „eher zufrieden“ (60 Prozent) mit der medizinischen Versorgung ist. Damit ist die Zustimmung zwar nach wie vor hoch, aber im Vergleich zu früheren Befragungen doch tendenziell etwas rückläufig. 2015 etwa zeigten sich noch 36 Prozent „sehr zufrieden“.
Im Großen und Ganzen könne dennoch festgestellt werden, interpretiert der Präsident des Gemeindebundes Helmut Mödlhammer das Ergebnis, dass die Bürgermeister der Meinung sind, dass das Gesundheitswesen funktioniert. Auffällig sei daran allerdings, dass „die Zufriedenheit sinkt, je kleiner die Gemeinde ist“. Der Grund liegt aber wohl nicht so sehr an der Größe an sich, sondern an dem Umstand, dass gerade kleinere Kommunen immer häufiger auf einen eigenen Gemeindearzt verzichten oder sich diesen zumindest mit anderen Gemeinden teilen müssen. In Gemeinden ohne Hausarzt räumen daher auch drei Viertel aller Befragten „Probleme“ in der Gesundheitsversorgung ein, während der Anteil in Gemeinden mit Hausarzt nur knapp über 50 Prozent liegt.
Die Probleme der Gemeinden könnten in den kommenden Jahren noch massiv wachsen, wenn man bedenkt, dass bis 2020 knapp ein Drittel, bis 2030 sogar drei Viertel der heute praktizierenden 14.275 Allgemeinmediziner 65 Jahre oder älter sein werden und damit ins Pensionsalter kommen. Schon jetzt würden sich vorwiegend in kleinen abgelegenen Gemeinden „die Fälle häufen, in denen offene Kassenstellen mehrfach ausgeschrieben werden müssen und sich oftmals kein einziger Bewerber dafür findet“, sieht Mödlhammer mit Sorgenfalten in die Zukunft. Sorgenfalten, die er in den Gesprächen mit vielen Bürgermeistern wohl zur Genüge auch bei diesen gesehen haben wird: „Das ist für die Gemeinden eine schwierige Situation, die rasch und langfristig gelöst werden muss.“
Ergänzende Primärversorgungseinheiten
Die Sozialversicherung und Mödlhammer sehen in einem zusätzlichen Angebot der Primärversorgung in Form der sogenannten Primärversorgungseinheiten (PVE) einen möglichen Lösungsansatz für den niedergelassenen Bereich. Am Interesse der Kommunen an solchen PVE mangle es jedenfalls nicht, ist Mödlhammer überzeugt und fühlt sich von der Befragung bestätigt, wonach fast 60 Prozent der Bürgermeister eine Primärversorgungseinheit in ihrer Gemeinde für „sinnvoll“ und „unterstützungswürdig“ hält. Die Gemeinden seien deshalb „neuen Lösungen und weiterführenden medizinischen Angeboten gegenüber sehr aufgeschlossen“, betont Mödlhammer.
Diese Aufgeschlossenheit freut wiederum die Chefin des Hauptverbandes. Es gehe darum, erläutert Rabmer-Koller, das bestehende Hausarztsystem weiterzuentwickeln und neue Versorgungs- und Kooperationsformen zu schaffen, welche „die neuen Lebenswelten der Patienten genauso wie die der jungen Medizinerinnen und Mediziner berücksichtigen“. Erstere wollen laut Umfrage vor allem mehr Zeit für das Gespräch mit ihrem Arzt, längere Öffnungszeiten, eine „durchgehende Betreuung“ sowie eine „bessere Gesundheitsvorsorge und Prävention“, Letztere wollen weniger Einzelkämpfertum, attraktivere Arbeitszeiten, mehr Work-Life-Balance und eine bessere Vereinbarkeit des Hausarztberufs mit dem Familienleben.
Primärversorgungseinheiten sollen jedenfalls, betont Rabmer-Koller abschließend noch einmal, keine Konkurrenz, sondern eine „wichtige Ergänzung zum bestehenden Hausarzt-System“ sein.
Hohe Zufriedenheit belegt gute Arbeit der Ärzte
Ganz anders interpretiert – wenig überraschend – die Ärztekammer das Ergebnis der Umfrage. Er sehe darin kein „Argument für eine komplette Neustrukturierung der medizinischen Versorgung“, ließ Präsident Dr. Artur Wechselberger schriftlich verlautbaren: „Wenn 87 Prozent der befragten Bürgermeister angeben, die Bevölkerung sei zufrieden mit dem Ist-Zustand des Gesundheitssystems, dann lässt das auf punktuellen Reformbedarf schließen, der durch eine gezielte Weiterentwicklung des bestehenden Systems behoben werden muss.“ Dafür hält Wechselberger freiwillige Vernetzungsangebote mit verbesserter Infrastruktur, Praxisvertretungen, mehr Unterstützung der Ärzte in Bereitschaftsdiensten sowie eine Verbesserung des nichtärztlichen Behandlungsangebotes im niedergelassenen Bereich für geeigneter als „eine von oben oktroyierte Strukturreform“.